Der Gesundheitsausschuss gab heute grünes Licht für eine Regierungsvorlage, mit der ein eigenes und auf EU-Vorgaben basierendes Tierarzneimittelgesetz geschaffen wird. Laut den Vertretern der Regierungsparteien soll damit der Antibiotikaeinsatz bei Nutztieren besser geregelt werden. Für FPÖ und NEOS kommt es hingegen zu Mehrkosten für Tierhalter:innen sowie zu einem höheren bürokratischen Aufwand für Tierärzt:innen. Ebenfalls auf der Tagesordnung stand der Lebensmittelsicherheitsbericht für 2022. Nach dem coronabedingten Rückgang der Lebensmittelkontrollen im Jahr 2021, erreichten die Kontrollzahlen mit rund 36.500 Kontrollen im Vorjahr wieder vorpandemische Werte. Die Anträge mit Tierschutzanliegen der Oppositionsparteien wurden von ÖVP und Grünen vertagt.
Tierarzneimittel werden künftig in einem eigenen Gesetz geregelt
Mit der Erlassung eines eigenen Tierarzneimittelgesetzes (TAMG) sollen primär notwendige Anpassungen an EU-Vorschriften vorgenommen werden, heißt es in einer von ÖVP, SPÖ und Grünen angenommenen Regierungsvorlage (2210 d.B.). Da die unionsrechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Zulassung, des Inverkehrbringens, der Bereitstellung, des Handels und der Anwendung von Tierarzneimitteln nunmehr fast durchgehend auf Basis von EU-Verordnungen unmittelbar Geltung erlangen, wurde von einer Aufrechterhaltung der Integrierung der Zulassung von Tierarzneimitteln in das bislang nicht zwischen Human- und Tierarzneimitteln differenzierende Arzneimittelgesetz (AMG) Abstand genommen. Dies entspreche auch der verfassungsrechtlichen Unterscheidung zwischen Gesundheitswesen und Veterinärwesen, lautet eine weitere Begründung. Notwendig sei es in der Folge auch, das bisherige Tierarzneimittelkontrollgesetz (TAKG) außer Kraft zu setzen und den Rechtsbestand in das TAMG zu integrieren. Das TAMG enthält umfassende Detailbestimmungen, die von den Anwendungsvorschriften, der Abgabe im Groß- und Einzelhandel, den behördlichen Kontrollen, dem Inverkehrbringen, der Marktüberwachung bis hin zu Sanktionen reichen. Überdies erfolgen weitere Anpassungen in jenen Gesetzen, in denen auf die Bestimmungen des TAKG bzw. auf Tierarzneimittel verwiesen wird.
Bei der in den letzten eineinhalb Jahren ausgehandelten Novelle gehe es um die Umsetzung von EU-Recht ins nationale Recht, hielt Clemens Stammler (Grüne) fest. Ziel sei es, Antibiotika weiterhin wirksam für Mensch und Tier zu erhalten. Man schaffe etwa die Voraussetzungen für mehr Monitoring im Bereich der Nutztierhaltung. Dem schloss sich ÖVP-Abgeordneter Georg Strasser an. Viele Betriebe hätten die geplanten Maßnahmen bereits umgesetzt. Seit 2010 sei es bereits zu einer Antibiotikareduktion um 45 % in der Nutztierhaltung gekommen. Auch Dietmar Keck (SPÖ) signalisierte seitens seiner Fraktion Zustimmung. Durch die neuen Bestimmungen im TAMG komme es zu einer Verbesserung des Schutzniveaus.
Laut Katharina Werner (NEOS) wird mit der neuen Regelung ein Großteil der Tierarztpraxen mit bürokratischem Aufwand belastet. Das sah Peter Schmiedlechner (FPÖ) ähnlich. Neben der bürokratischen Belastung der Tierärzt:innen würden Tierhalter:innen mit Mehrkosten rechnen müssen. Die österreichische Landwirtschaft sei schon bisher sorgsam mit dem Einsatz von Antibiotika umgegangen.
Lebensmittelkontrollen: Verstöße gingen 2022 zurück
Die Lebensmittelkontrolle in Österreich nahm 2022 wieder Fahrt auf: Konnten 2021 wegen der Corona-Pandemie nur bei vermuteten Problemen Schwerpunktkontrollen vorgenommen werden, führten die Lebensmittelaufsichtsbehörden der Bundesländer vergangenes Jahr 36.541 Kontrollen in 30.784 Betrieben durch. Das entspreche in etwa dem präpandemischen Wert, geht aus dem jüngsten Lebensmittelsicherheitsbericht hervor, der heute im Gesundheitsausschuss mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS zur Kenntnis genommen wurde (III-971 d.B.). Der Anteil an Betrieben mit Verstößen gegen lebensmittelrechtliche Anforderungen verringerte sich demnach im Vergleich zu 2021 von 28,8 % auf 26,1 %. Im Vorjahr wurden zudem 22.000 Lebensmittelproben auf ihre Eignung für den menschlichen Verzehr, ihre Zusammensetzung und die Einhaltung der Kennzeichnungsvorschriften überprüft. Bei 18.841 Proben (84,9 %) ergaben die Untersuchungen keinen Grund zur Beanstandung. Die häufigsten Beanstandungsgründe (9 %) waren Kennzeichnungsmängel und irreführende Informationen auf den Produkten, beispielsweise in Bezug auf ihren Herkunftsort. Als gesundheitsschädlich wurden 110 Proben (0,5 %) beurteilt, 536 Proben (2,4 %) wurden als ungeeignet für den menschlichen Verzehr bzw. für die angedachte Nutzung bewertet. Es handle sich um einen guten Bericht, der aufzeige, dass die österreichischen Lebensmittel sicher seien, unterstrich Josef Hechenberger (ÖVP). Beim Großteil der beanstandeten Proben gebe es keine inhaltlichen Mängel, sondern Kennzeichnungsverfehlungen. Katharina Werner (NEOS) sprach die überproportional falschen Kennzeichnungen bei Nahrungsergänzungsmitteln an. Bei beanstandeten Produkten werde es zu einer Follow-up-Überprüfung kommen, versicherte Gesundheitsminister Johannes Rauch.
Nur die Herkunftskennzeichnung kann Abhilfe schaffen
Es sei beängstigend, dass es bei 15 % der Proben Beanstandungen gegeben habe, betonte Peter Schmiedlechner (FPÖ). Hier könne eine Herkunftskennzeichnung Abhilfe schaffen. Der FPÖ-Mandatar interessierte sich zudem dafür, welche Vorgehensweise es bei Insektenbeimischungen in Nahrungsmitteln geben werde. Zudem fragte er nach Maßnahmen, wie man künftig mit ukrainischen Weizen umgehe, der mit in Österreich seit Jahren verbotenen Pflanzenschutzmitteln angebaut werde. Es gebe grundsätzlich Kontrollen der Getreidelieferungen und man gehe jedem Hinweis nach, antwortete Bundesminister Rauch. Prinzipiell liege aber die Zuständigkeit dafür beim Landwirtschaftsministerium. Was die Insektenbeimischungen betrifft, seien diese auf Basis einer EU-Verordnung kennzeichnungspflichtig, so Rauch. Gegenüber Rudolf Silvan (SPÖ) hielt der Minister fest, dass sich zur Eindämmung der Gesundheitsschädlichkeit von Kinderspielzeug gerade „ein neues Gesetz in der Pipeline“ befinde. Silvan hatte die hohe Zahl von Beanstandungen in diesem Bereich angesprochen.
Tierschutz-Anliegen der Oppositionsparteien von ÖVP und Grünen ein weiteres Mal vertagt
Die Anträge von SPÖ, FPÖ und NEOS aus dem Bereich des Tierschutzes wurden von den Regierungsparteien ein weiteres Mal vertagt. So sprechen sich die Sozialdemokrat:innen gegen das betäubungslose Kastrieren von Ferkeln aus (2875/A). Österreich solle sich ein Beispiel an Deutschland nehmen, wo die betäubungslose Ferkelkastration seit Anfang 2021 verboten sei, so Antragsteller Dietmar Keck. Verschärfungen fordert er auch im Bereich der Schweinehaltung, da die im Rahmen der letzten Novelle zum Tierschutzgesetz erfolgten Änderungen seiner Meinung nach nicht ausreichend sind. Die noch immer erlaubte Haltung von Schweinen auf Vollspaltenböden müsse umgehend revidiert und durch ein echtes Verbot ersetzt werden (2876/A). Zudem ist laut SPÖ das bestehende Kontrollsystem der Nutztierhaltung in Österreich mangelhaft und „höchst unzureichend“ ausgestaltet. Das hätten die zuletzt aufgedeckten Skandale aufgezeigt. In seinem Entschließungsantrag fordert Keck zahlreiche Maßnahmen, wie etwa die Weiterleitung von Beanstandungen der Kontrollbehörden an die für die Auszahlung der Tierschutz-Stallhaltungs-Prämie zuständige AMA sowie die verstärkte Kontrolle auffälliger Betriebe (2821/A(E)).
Die Freiheitlichen unterstützen die zentralen Anliegen des Volksbegehrens „Stoppt Lebendtier-Transportqual“ und drängen auf eine rasche Umsetzung der darin enthaltenen Forderungen. Während das Schlachtvieh auf stunden- und tagelangen Fahrten quer durch Europa oft fürchterliche Qualen erleide, würden einige wenige fleischverarbeitende Großbetriebe enormen Profit machen. Eine Lösung mit Hausverstand könne nur darin liegen, dass Lebendtiertransporte von Schlachtvieh in ganz Europa verboten werden, die Tiere unmittelbar am nächstgelegenen Schlachthof geschlachtet werden müssen und dass das Fleisch danach nur noch gekühlt bzw. gefroren transportiert werden darf (2990/A(E)).
Auf Missstände im Bereich des Tiertransports machen auch die NEOS aufmerksam. Konkret plädiert Fiona Fiedler (NEOS) dafür, dass bei Transporten zum nächstgelegenen Schlachthof 300 Kilometer nicht überschritten werden und die Fahrtzeiten ab der Ladung des ersten Tieres maximal acht Stunden bzw. bei Geflügel nur vier Stunden betragen dürfen (764/A(E)).
Man wolle „endlich Taten sehen“, argumentierte Dietmar Keck (SPÖ) die Wiedereinbringung seines Antrags zum betäubungslose Kastrieren von Ferkeln. Zudem müsse man nach den aufgedeckten Skandalen der letzten Monate, schnellstmöglich Verschärfungen bei Vollspaltböden und der Anbindehaltung vornehmen. Für Kecks Fraktionskollegen Rudolf Silvan braucht es Maßnahmen, damit Betriebe, die Tiere quälen, keine Tierschutzprämien mehr erhalten. Bei der Ferkelkastration sei im Vorjahr eine wesentliche Weiterentwicklung beschlossen worden, argumentierte Josef Hechenberger (ÖVP) die Vertagung durch die Regierungsparteien. Zudem habe man die Ausnahmen für die Anbindehaltung ab dem Jahr 2030 abgeschafft. Gegenüber Silvan hielt der ÖVP-Mandatar fest, dass die AMA aufgrund der aufgedeckten Skandale die Kontrollen erhöhen wolle. Tausende Bauernfamilien würden sich wertschätzend um ihre Tiere kümmern. Diesen würden einzelne „schwarze Schafe“ gegenüberstehen. Während Alois Kainz (FPÖ) seit einem Jahr „Stillstand“ bei der Umsetzung der Forderungen des Volksbegehrens „Stoppt Lebendtier-Transportqual“ ortet, wollen für Josef Hechenberger (ÖVP) die Freiheitlichen den freien Markt für die Bauern und Bäuerinnen durch Transportverbote beschränken. Zum NEOS-Antrag hielt Hechenberger fest, dass Österreich schon jetzt das strengste Tierschutzgesetz Europas habe und für ihn kein Bedarf an Nachschärfungen bestehe.
Quelle: APA OTS / Pressedienst der Parlamentsdirektion