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Welttierschutztag: Mehr Tierwohl ist gemeinsame Aufgabe der Gesellschaft

LK Österreich-Präsident Josef Moosbrugger plädiert: Bäuerliche Betriebe müssen höhere Kosten abgegolten bekommen

Was Österreich in punkto Tierwohl leistet, zeigt die Landwirtschaftskammer Österreich anlässlich des Welttierschutztages auf. In vielen Bereichen geht es unseren Nutztieren besser als im EU-Schnitt. Die höheren nationalen Standards bedeuten allerdings oft einen erheblichen Wettbewerbsnachteil auf den europäischen und internationalen Märkten.

Und bei speziellen Tierwohl-Produkten mit noch strengeren Auflagen hinkt die Nachfrage im Lebensmitteleinzelhandel dem Angebot oft noch deutlich hinterher. Es braucht daher eine marktorientierte Weiterentwicklung der Tierhaltung mit besseren Erzeugerpreisen und einen Ausbau der Herkunftskennzeichnung auf Verarbeitungsprodukte und Gastronomie, betont LK Österreich-Präsident Josef Moosbrugger.

Vorreiterrolle Österreichs – Positiv für Tiergesundheit und Produktqualität

„Österreich nimmt beim Thema Tierwohl EU-weit in vielerlei Hinsicht eine Vorreiterrolle ein. Einerseits übertreffen die nationalen gesetzlichen Regelungen die europäischen bzw. internationalen in vielen Bereichen deutlich. Andererseits gibt es auch zahlreiche, darüber hinausreichende Tierwohlprogramme.

Mit 27,7% der Flächen haben wir außerdem den höchsten Bioanteil aller EU-Mitgliedsstaaten“, betont Moosbrugger. „Für die meisten heimischen Bäuerinnen und Bauern ist Tierwohl aber mehr als irgendein Zahlenwerk, es ist ihnen ein Herzensanliegen. Mehr Platz, mehr Licht und mehr Auslauf wirken sich positiv auf die Gesundheit der Tiere und die Qualität der Produkte aus“, erklärt der LKÖ-Präsident.

Putenhaltung in Österreich

Das Paradebeispiel ist die heimische Putenhaltung. Österreich hat hier europaweit den höchsten Standard mit der geringsten Besatzdichte. Während hierzulande nur zwei Puten pro m² erlaubt sind, dürfen beispielsweise in Polen drei gehalten werden. EU-weit gibt es gar keine maximale Besatzdichte, was – abgesehen vom Tierwohl – vollkommen unterschiedliche Kostenstrukturen ergibt. Gefüttert werden die österreichischen Puten außerdem nur mit GVO- und entwaldungsfreiem Soja, bevorzugt aus dem Donau-Raum.

Ein Pioniersektor ist auch die Legehennenhaltung. Österreich war 2009 das erste Land, das die traditionelle Käfighaltung in der Eierproduktion verboten hat, seit 2020 auch ausgestaltete Käfige. Außerdem steht der gesamte Geflügelsektor für höchste Transparenz und eine umfassende tiermedizinische Betreuung.

Aber auch in der Schweinehaltung geht Österreich neue Wege. Mit dem „Masterplan Schwein“, das mehrere Tierwohlmodule umfasst, verfolgt die Schweinebranche trotz großer Herausforderungen das Ziel, in den nächsten sieben Jahren 1 Mio. Tierwohlschweine anzubieten. Damit hat Österreich die Weichen für eine zukunftsfitte Schweinefleisch-Produktion gestellt.

Höhere Investitions-, Betriebsmittel- und Arbeitskosten

„Österreichs Bäuerinnen und Bauern sind daran interessiert, ihren Tieren bestmögliche Haltungsbedingungen zu bieten. Allerdings müssen die deutlich höheren Investitions-, Betriebsmittel- und Arbeitskosten abgegolten werden. Unsere Bauernfamilien brauchen ein Einkommen zum Auskommen“, gibt Moosbrugger zur bedenken.

„Für Mastschweine beispielsweise müssen Betriebe um 26% höhere Kosten kalkulieren, wenn sie – wie in einem Masterplan Schwein-Modul vorgesehen – den Tieren 100% mehr Platz, Einstreu, einen Auslauf, GVO-freies Futter etc. zur Verfügung stellen wollen. Es darf auch nicht vergessen werden, dass die Umrüstung auf einen Tierwohlstall eine erhebliche Investition darstellt, die über viele Jahre abbezahlt werden muss.“

42% aller tierhaltenden Betriebe nehmen an ÖPUL-Tierwohl-Maßnahmen teil

Durch Mittel im Österreichischen Agrarumweltprogramm (ÖPUL) kann ein Teil der Mehrkosten abgedeckt werden. Aktuell fließen über 68 Mio. Euro in Tierwohl-Maßnahmen wie „Tierschutz Weide“ oder „Tierschutz Stallhaltung“, Tendenz steigend. Im Vergleich zur vorangegangen Periode 2015 bis 2022 hat sich die Fördersumme um 60% erhöht und macht rund 12% des gesamten ÖPUL-Förderbudgets aus. Aktuell nehmen 34.700 Betriebe von insgesamt 82.000 tierhaltenden Betrieben an einer oder beiden Maßnahmen teil. Das entspricht über 42%.

Absatzfördernde Maßnahmen und Herkunftskennzeichnung

„Fördergelder allein reichen jedoch nicht aus, um die Mehrkosten zu decken. Es muss auch der Markt mitspielen. Schon die höheren nationalen Tierhaltungsstandards stellen auf den europäischen und internationalen Märkten oft einen Wettbewerbsnachteil dar. Auch der Absatz von Tierwohlprodukten gestaltet sich – trotz anderes lautender  Umfragen – schwierig. Teilweise muss Tierwohlfleisch über Rabattaktionen verkauft oder sogar weggeworfen werden. Wer mehr Tierwohl fordert, muss aber auch bereit sein, dafür zu bezahlen. Es ist pure Scheinheiligkeit, von den Bäuerinnen und Bauern Tierwohl zu verlangen und dann selbst zu Billigware zu greifen“, betont Moosbrugger, der auch absatzfördernde Maßnahmen und verlässliche Partnerschaften fordert.

Schließlich entscheiden die Konsumentinnen und Konsumenten mit jeder Kaufentscheidung, in welche Richtung die Produktion für die Zukunft gelenkt wird. Bei Schweinefleisch beispielsweise liegt der Marktanteil von Bio- und Tierwohlfleisch derzeit bei insgesamt 6%, bei Rindfleisch sind es im Biobereich rund 9% und inklusive Tierwohlprogrammen knappe 20%.

„Hinter der Herkunft stehen immer auch bestimmte Haltungsbedingungen. Mit der verpflichtenden Herkunftskennzeichnung von Fleisch, Milch und Eiern in der Gemeinschaftsverpflegung ist ein erster wichtiger Schritt gelungen. Weitere Bereiche mit einfachen, praktikablen Systemen müssen folgen“, unterstreicht der LKÖ-Präsident und weiter: „Schon 40 Cent mehr für ein heimisches Putenschnitzel im Wirtshaus würden reichen und jeder hätte Tierwohl am Teller.“

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