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Österreichs neues Tierarzneimittelgesetz (TAMG) reguliert Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen

Das neue Tierarzneimittelgesetz (TAMG) in Österreich, das im Januar 2024 in Kraft treten wird, zielt darauf ab, den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung zu reduzieren und Antibiotikaresistenzen vorzubeugen. Das Gesetz verbietet den prophylaktischen Einsatz von Antibiotika und legt Schwellenwerte für den Antibiotikaverbrauch in Betrieben fest. Es fördert auch die tiergerechte Haltung und Hygiene, um den Antibiotikaeinsatz weiter zu reduzieren.

Heute wurde das neue Tierarzneimittelgesetz (TAMG) im Ministerrat beschlossen. Neben Verbesserungen im Bereich der Tierarzneimittelproduktion, der Zulassung und dem Inverkehrbringen von Tierarzneimitteln wird auch die Anwendung von antimikrobiell wirksamen Tierarzneimitteln reguliert und erstmals Schwellenwerte und Zielwerte für den Antibiotikaverbrauch in Betrieben festgelegt.

Das neue Tierarzneimittelgesetz (TAMG) in Österreich setzt strenge Regeln

“Mit dem Tierarzneimittelgesetz reduzieren wir den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung weiter. Das ist ein Meilenstein im Veterinärwesen und wesentlich für die Vorbeugung von Antibiotikaresistenzen”, ist sich Tierschutzminister Johannes Rauch sicher.

Das Gesetz orientiert sich an den EU-Vorgaben zum Tierarzneimitteleinsatz, die unmittelbar national angewendet werden müssen. In Abstimmung mit der Branche konnten zahlreiche im Zuge der Begutachtung eingelangte Stellungnahmen berücksichtigt werden, nun soll das Tierarzneimittelgesetz am 1. Jänner 2024 in Kraft treten.

Reduzierung von Antibiotikaresistenzen

Erhöhter Antibiotikaeinsatz kann zur Entstehung von resistenten Keimen führen, die in weiterer Folge auch für die Gesundheit von Menschen eine Gefahr darstellen können. Immer mehr Erreger bilden Resistenzen und können durch Antibiotika nicht mehr abgetötet oder in ihrem Wachstum nicht ausreichend gehemmt werden. Dadurch können Infektionen, die bisher gut zu behandeln waren, lebensbedrohlich werden.

Dieser beunruhigende Trend ist weltweit beobachtbar und wird auch als “stille Pandemie” bezeichnet. Obwohl die Tendenz des Antibiotikaeinsatzes in der Veterinär- als auch Humanmedizin rückläufig ist, gilt der gesamte Antibiotikaeinsatz als weiterhin zu hoch.

Der Fokus in der Tierhaltung liegt auch weiterhin verstärkt auf der Gesunderhaltung der Tiere durch tier- und tierschutzgerechte Haltung und Verbesserung der Hygiene sowie Infektionsprävention liegen, um so zur Optimierung bzw. zur Reduktion des Antibiotikaeinsatzes beizutragen.

Zentrale Rolle von Verein „Tiergesundheit Österreich“

Eine zentrale Rolle spielt dabei der Verein „Tiergesundheit Österreich“ der einen Zusammenschluss von Wirtschaft, Landwirtschaft und Tierärzt:innen bildet und durch Schulungen, Überwachungsprogramme und Informationsmaterialien die Landwirt:innen und Betreuungstierärzt:innen in ihrer täglichen Arbeit beim zielgerichteten Einsatz von Antibiotika unterstützt.

“Antibiotika sorgfältig einzusetzen, ist heute wichtiger denn je, um Menschen und Tiere vor resistenten Keimen zu schützen. Die verlässliche Wirksamkeit dieser Antibiotika kann für Patient:innen von lebenswichtiger Bedeutung sein. Künftig werden wir Antibiotika in der Tierhaltung so wenig wie möglich, jedoch so viel wie notwendig einsetzen“, betont Tierschutz- und Gesundheitsminister Johannes Rauch.

“Die Gesundheit unserer Tiere hat für uns oberste Priorität. Um das zu gewährleisten, ist die tiergerechte Behandlung von erkrankten Tieren mit Arzneimitteln unverzichtbar. Um in Zukunft über ausreichend Tierarzneimittel zu verfügen und gleichzeitig Antibiotikaresistenzen zu verhindern, braucht es einen praxistauglichen Rahmen. Die rechtliche Grundlage dafür liefert nun das Tierarzneimittelgesetz. Damit setzen wir einen weiteren Schritt in Richtung mehr Tierwohl ”, so Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig.

Neues Tierarzneimittelgesetz:

Im neuen Tierarzneimittelgesetz ist das Thema Antibiotikaresistenz und Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung explizit geregelt:

* Verbot von Antibiotikaeinsatz zur Prophylaxe und Ertragssteigerung

Antibiotika werden nur bei einer bereits bestehenden Erkrankung und nicht zur Prophylaxe eingesetzt. Außerdem ist der Einsatz von Antibiotika zur Ertragssteigerung oder zum Ausgleich von unzulänglichen Haltungsbedingungen ausdrücklich untersagt.

* Benchmark-System und Maßnahmen

Per Verordnung werden Schwellenwerte für den Antibiotika-Verbrauch in Betrieben eingeführt. Bei Überschreiten der Schwellenwerte sind verhältnismäßige, verpflichtende Maßnahmen vorgeschrieben, um den Einsatz zu verringern. Der Fokus dabei liegt auf einer Unterstützung durch die Tiergesundheitsdienste und der Beratung der Landwirt:innen. Als ultima ratio können zusätzliche Auflagen bis hin zu einer Reduktion der Besatzdichte vorgesehen werden.

* Regelungen für die Abgabe an Tierhalter:innen

Einzelne Tierarzneimittel können jetzt an die Tierhalter:innen zur Verwendung abgeben werden. Handelt es sich dabei um antimikrobiell wirksame Tierarzneimitteln, so kann diese an Auflagen und Bedingungen geknüpft werden.

* Einsatz von Antibiogrammen

In bestimmten Fällen ist der Einsatz eines Erregernachweises und einer Empfindlichkeitsprüfung (Antibiogramm) vorgesehen, etwa wenn spezielle Antibiotikagruppen (Cephalosporine der dritten/vierten Generation oder Fluorchinolone) zum Einsatz kommen sollen, oder wenn ein kombinierter Einsatz vorgesehen ist. Entsprechende Ausnahmen sind vorgesehen, etwa ist sichergestellt, dass jedes akut erkrankte Tier auch vorab bereits eine entsprechende Behandlung erhalten darf.

Landwirtschaft bereits auf gutem Weg

Die Landwirtschaft ist bereits seit Jahren auf dem richtigen Weg. So wurde der Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung in der Vergangenheit bereits kontinuierlich reduziert. Laut den neuesten Daten für das Jahr 2022, welche diese Woche von der AGES veröffentlicht wurden, hat die Gesamtvertriebsmenge an antimikrobiell wirksamen Substanzen für Nutztiere im Vergleich zum Vorjahr um 12,3% abgenommen und liegt im Jahr 2022 bei 34,26 Tonnen.

Die Vertriebsmenge der Antibiotika, die von der WHO als “Antibiotika von allerhöchster Bedeutung für die Humanmedizin” eingestuft sind, hat seit dem Vorjahr um 6% von 4,64 auf 4,35 Tonnen abgenommen. Diese Anstrengungen sind besonders hervorzuheben, da bestimmte Antibiotika als wichtige therapeutische Reserve gegen multiresistente Keime in der Humanmedizin gelten.

Weitere neue Regelungen

Neben den Vorschriften zum Einsatz von Antibiotika enthält das Gesetz unter anderem auch Regelungen für die pharmazeutische Wirtschaft, zur Werbung, Betriebsvorschriften, zur Marktüberwachung und Pharmakovigilanz und zur behördlichen Kontrolle.

Der Gesetzesentwurf wurde gemeinsam mit den betroffenen Branchen, mit Vertreter:innen aus der Landwirtschaft und Tierärzt:innen ausgearbeitet und abgestimmt. Wichtige Punkte, die während der Begutachtungsphase in Form von Stellungnahmen eingebracht wurden, fanden Eingang in das nun vorliegende Tierarzneimittelgesetz. Nach dem heutigen Beschluss im Ministerrat wird es dem Nationalrat zur Beschlussfassung zugeleitet und soll noch im Herbst beschlossen werden und Anfang 2024 in Kraft treten.

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