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Leo Jindrak: „Die enge Zusammenarbeit des Lebensmittelhandwerks ist unsere Chance!”

Der Linzer Konditormeister Leo Jindrak hat mit Februar 2024 das Amt des Bundesinnungsmeisters aller österreichischen Lebensmittelgewerbe angetreten. Somit vertritt der Oberösterreicher künftig bundesweit die Interessen der Fleischer, Bäcker, Konditoren, Müller sowie des Nahrungs- und Genussmittelgewerbes. Wir trafen den Neo-Bundesinnungsmeister zum Einstandsinterview.

Leo Jindrak ist seit vielen Jahren für das Lebensmittelhandwerk unterwegs. Als Konditormeister und Inhaber der Linzer Konditorei Jindrak mit insgesamt acht Filialen und 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Seit vielen Jahren ist Jindrak Innungsmeister der Konditoren – sowohl im Land Oberösterreich als auch im Bund – und Vizepräsident der Wirtschaftskammer Oberösterreich. Seit dem 1. Februar 2024 ist Leo Jindrak nun auch der höchste Vertreter des heimischen Lebensmittelhandwerks. Der erfahrene Branchenkenner hat das Amt von Fleischermeister Willibald Mandl übernommen. Wir haben Bundesinnungsmeister Leo Jindrak zum Interview gebeten.

Fleisch & Co: Herzliche Gratulation zum Amtsantritt! Wie ist es dazu gekommen?

Leo Jindrak: „Ich arbeite mit Willi Mandl seit vielen Jahren hervorragend zusammen; er hat einen grandiosen Job für das Lebensmittelgewerbe gemacht. Letztes Jahr haben wir über seine Pensionierung gesprochen und ich meinte, dass ich noch einige Jahre aktiv sein möchte. Gesagt, getan – ich habe also übernommen. Ich habe drei Kinder, mein Sohn ist bereits im Unternehmen tätig und wird es auch übernehmen – daher kann ich mir diesen ,Nebenjob‘ auch leisten.“

Leo Jindrak hat 1986 in 3. Generation das Familienunternehmen übernommen. © Beigestellt

Fleisch & Co: Als Konditor sind Sie nun auch der Boss der Fleischer – schwierig?

Leo Jindrak: „Bei spezifischen Fleischerfragen kann ich Willi mit seinem ,Fleischerdeutsch‘ natürlich niemals ersetzen. Neben Josef Schrott ist aber auch Raimund Plautz mein Stellvertreter. Ich kann, muss und werde mich fachlich bei den Fleischern also überhaupt nicht einmischen. Raimund ist Vollprofi, in der Branche sehr anerkannt und mit viel Herzblut bei der Sache – und nicht zu vergessen: wir arbeiten sehr gut zusammen. Was mir sehr wichtig zu betonen ist: Ich bin und bleibe natürlich Konditor, aber ich bin mit vollem Einsatz für das gesamte Lebensmittelhandwerk da.“

Fleisch & Co: In Oberösterreich sind Sie schon lange Zeit mit Erfolg unterwegs, wie werden Sie die Arbeit im Bund anlegen?

Leo Jindrak: „Hier gilt es, zu unterscheiden: Während sich die Tätigkeit auf Landesebene primär auf die direkte Unterstützung und Betreuung unserer Mitglieder konzentriert, nimmt die Arbeit auf Bundesebene eine deutlich politischere Dimension an. Hier liegt unser Fokus darauf, auf nationaler sowie europäischer Ebene
Einfluss zu nehmen, um Gesetzgebungen und Entwicklungen, die unsere Mitglieder betreffen könnten, frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu agieren – sei es durch Prävention, Anpassung oder durch das Erstreben von Veränderungen zum Vorteil unserer Mitglieder. Grundsätzlich gilt: Wir befinden uns im Lebensmittelgewerbe in einer speziellen Situation. Unsere Betriebe sind in einer sehr energieintensiven Branche angesiedelt, die meist von Familienstrukturen geprägt ist. Deshalb werden die großen Herausforderungen dieser Tage – der Personalbedarf sowie die Kosten- und Energiefrage – wichtig für die Interessensvertretung sein.“

Fleisch & Co: Wie kann die Branche dem Fachkräftemangel entgegentreten?

Leo Jindrak: „Mitarbeitermangel ist bei uns allen ein großes Problem und ich denke, das wird uns noch die nächsten Jahre beschäftigen. Umso wichtiger ist die Nachwuchsarbeit, hier sollte wirklich die ganze Branche an einem Strang ziehen. Von den Junior-Skills auf Ebene der Bundesländer über die AustrianSkills bis hin zu den Euro-Skills und WorldSkills –, da sind unsere Branchen ja mittlerweile sehr gut vertreten. Diese Wettbewerbe sind nicht nur für die Lehrlinge und jungen Fachkräfte ein großartiges Erlebnis und eine Top-Vorbereitung auf ihren Beruf, sondern holen auch den Beruf ins Rampenlicht – und sind somit beste Werbung für neue Mitarbeiter.“

Fleisch & Co: Auch die hohen Energiekosten sind für die Branche schwierig zu stemmen, gibt es Ideen für eine Unterstützung?

Leo Jindrak: „Die hohen Energiekosten sind ein Problem, wenngleich sich alles wieder etwas beruhigt hat. Vom Land und Bund bieten wir Energieförderungen, Unterstützung und Beratung an. Es ist wichtig, dass die Betriebe sich gut informieren, welche Verträge sie mit den Energielieferanten abschließen können.“

Fleisch & Co: Welche besonderen Themen stehen im Moment auf Ihrer Agenda?

Leo Jindrak: „Ein aktuelles Thema, das uns alle betrifft, ist das Lieferkettengesetz. Trotz unserer Bemühungen, es noch zu verhindern, wurde es jetzt verabschiedet. Das können wir nicht mehr ändern. Unser Ziel ist es nun, nach Möglichkeiten zu suchen, wie wir bestimmte Aspekte anpassen oder vereinfachen können, um die Belastung für unsere Betriebe zu minimieren. Diese Thematik war bereits Gegenstand unserer jüngsten Sitzungen, bei denen wir uns intensiv ausgetauscht haben, um pragmatische Lösungen zu erarbeiten. Ein weiteres wichtiges Thema, mit dem wir uns aktuell befassen, ist die neue Pfandverordnung. Sie betrifft die gesamte Branche erheblich. Unser Ziel ist es, alle Betriebe so umfassend wie möglich auf die kommenden Änderungen vorzubereiten und entsprechen- de Schulungsmaßnahmen anzubieten. Beim Thema Einwegpfand sind wir sowohl von den Landesinnungen als auch – was die Rechtsumsetzung in Österreich betrifft – von der Bundesinnung gefragt.“

Fleisch & Co: Welche langfristigen Pläne wollen Sie für die Branche umsetzen?

Leo Jindrak: „Wir streben eine Gleichstellung mit der direktvermarktenden Landwirtschaft in den rechtlichen Rahmenbedingungen an, insbesondere im Hinblick auf die Pauschalierung. Dabei haben wir nicht die Absicht, die Landwirtschaft in irgendeiner Form anzugreifen. Unser Ziel ist vielmehr eine faire Behandlung und Vereinfachung in verschiedenen Bereichen, etwa bei der Gewerbeordnung, Betriebsanlagen und Genehmigungsverfahren. Wir haben bereits mehrere konkrete Vorschläge und Pläne entwickelt – allerdings ist nicht davon auszugehen, dass die jetzige Regierung dieses Thema noch aufgreifen wird. Ich bin jedoch optimistisch, dass wir einige unserer Kernanliegen in das Programm der nächsten Regierung einbringen können. Nicht nur Fleischbetriebe arbeiten sehr gut mit der Landwirtschaft zusammen; es gibt viele wunderbare und erfolgreiche Kooperationen. Wir müssen und wollen jedoch aufzeigen, dass Ungleichheiten existieren und uns dafür einsetzen, dass diese behoben werden und wir nicht benachteiligt bleiben.“

Fleisch & Co: Bei all den Problemen, mit denen die Branche zu kämpfen hat, welche Chancen sehen Sie?

Leo Jindrak: „Die Corona-Pandemie war eine enorme Herausforderung, hat aber auch zu einem Umdenken geführt. Die Konsumenten legen wieder mehr Wert auf Regionalität und hochwertige Lebensmittel. Ich weiß, dass der Wunsch der Konsumenten mit dem tatsächlichen Kaufverhalten nach wie vor auseinandergeht, dennoch sind regionale und handwerklich hergestellte Lebensmittel im Trend. Und diese Chance gilt es, für unsere Betriebe zu nutzen. Ich denke, dass es enorm wichtig ist, regional zusammenzuarbeiten. Das machen viele Fleischer, Bäcker, Konditoren, viele Unternehmen im Nahrungs- und Genussmittelgewerbe, aber auch die gewerblichen Mühlen und Mischfutterfirmen sowieso schon richtig gut, aber wir können uns gemeinsam vielleicht noch besser positionieren. Ich kann nur allen raten, auf Zusammenarbeit zu setzen und sich vielleicht auch mit dem AMA-Gütesiegel ,Manufakturen‘, das gerade kleineren Betrieben viele Gratis-Vorteile bietet, oder mit den unterschiedlichen Initiativen in den Ländern wie etwa Genussland Oberösterreich auseinanderzusetzen.“

Fleisch & Co: Zusammenarbeit als Strategie für ein erfolgreiches Gewerbe?

Leo Jindrak: „Das wird sicherlich auch einen Hauptteil meiner Arbeit darstellen: Ich möchte nicht nur die einzelnen Funktionäre wieder näher zusammenbringen, sondern auch die Kooperationen im gesamten Lebensmittelhandwerk forcieren. Das Problem ist natürlich, dass wir eigentlich keine Großveranstaltungen mehr haben, wo die Branche zusammenkommen und netzwerken kann. Das bedeutet, eine Zusammenarbeit muss aktiv initiiert werden. Daher muss sich die Branche bewusst machen, dass der Bäcker den Fleischer und der Fleischer den Bäcker braucht. Es soll selbstverständlich sein, dass der Bäcker den Schinken für seine Brötchen beim Fleischer im Ort und umgekehrt der Fleischer die Semmeln beim Bäcker nebenan kauft. Wir sind im Lebensmittelgewerbe ein kleiner Haufen, wenn wir aber alle gemeinsam an einem Strang ziehen, dann sind wir schon viele – und können auch etwas erreichen. Im ersten Schritt möchte ich das Gespräch mit den Funktionären suchen und hier konkrete Pläne ausarbeiten, wie wir zur regionalen Zusammenarbeit animieren können.“

Fleisch & Co: Dann müssen die Kunden „nur“ noch darüber informiert werden …

Leo Jindrak: „Es ist entscheidend für die Betriebe, nicht nur Gutes zu tun, sondern auch darüber zu sprechen. Wir dürfen nicht davon ausgehen, dass die Konsumenten bereits alles wissen, selbst wenn wir in unseren Bemühungen bereits sehr aktiv sind. Es ist unsere Aufgabe, den Dialog mit den Kunden zu suchen und ihnen bewusst zu machen, woher beispielsweise ihr Brot, ihre Wurst oder ihre Aufstriche kommen. Die Herkunft und Qualität der Nahrungs- und Genussmittel, die wir anbieten, spielen eine große Rolle. In einer Welt, die von Werbebotschaften übersättigt ist, müssen wir sicherstellen, dass unsere Kommunikation echt und direkt ist, um die wahren Werte unserer Produkte zu vermitteln. Auch hier müssen wir uns auf die Füße stellen und zeigen, wer wir sind und vor allem, was wir können.“

Fleisch & Co: Was wollen Sie „Ihren“ Betrieben und Kolleginnen und Kollegen zum Abschluss noch sagen?

Leo Jindrak: „Ich möchte das Interview dazu nutzen, die Betriebe dazu aufzufordern, die Zusammenarbeit als das zu sehen, was sie ist: unsere große Chance. Wir sind ein kleines Gewerbe und Handwerk, aber enorm wichtig – nur gemeinsam sind wir stark. Und bei den Funktionären wünsche ich mir, dass jeder Funktionär seinen Job und seine Position wieder ernst nimmt, mit seinen Kollegen spricht und das Netzwerk unterstützt – denn nur durch Reden können wir wieder enger zusammenrücken. Und wenn jede Funktionärin und jeder Funktionär seine Branchenkollegen ein wenig betreut und jeder ein bisschen etwas macht, dann werden wir in eine erfolgreiche Zukunft gehen. Davon bin ich fest überzeugt.“

Fleisch & Co – die österreichische Fleischerzeitung

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