Die kleine Filiale im Stadtzentrum von Baden nimmt sich von außen eher unauffällig aus, nur ein mit Tafelkreide beschriebenes Schild der besten Angebote und ein schlichter grüner Schriftzug künden die Fleischerei an. Tritt man ein, muss man sich erst einmal hinten anstellen – am Samstagvormittag ist das Geschäft voll. Der Zustrom an Kunden reißt auch bis zu den Mittagsstunden nicht ab.
Seniorchenfin Luzia Fridrich steht selbst hinter der Theke, kümmert sich um Bestellungen und Sonderwünsche. Sie eine Institution zu nennen wäre keine Übertreibung, seit 60 Jahren (!) ist die nunmehr 81-Jährige im Geschäft – wobei man fairerweise sagen muss, seit „erst“ 52 Jahren in der Fleischerei in Baden. Und auch als Sohn Christian im Jahr 1999 nach dem Tod des Vaters Johann die Geschäftsführung übernommen hatte, hat sie sich das nicht nehmen lassen.
Nähnadel, adieu
Denn genau genommen kamen die Fridrichs als Zug’reiste in die Thermalstadt. Gestartet hatte Ehemann Johann nämlich 1953 mit einer Fleischerei in Gainfarn bei Bad Vöslau. Luzia tauschte als gelernte Schneiderin die Nähnadel gegen das Fleischermesser und arbeitete von Anfang an mit, kümmerte sich auch um die Buchhaltung – bis heute übrigens. 1961 ergab sich die Gelegenheit, nach Baden zu übersiedeln und dort eine Filiale zu übernehmen.
Gab es denn dazwischen auch Expansionspläne? Versucht hat man es, so Luzia Fridrich, in den 1990er-Jahren hatten sie kurzfristig eine Filiale in einem Spar-Markt. Durchaus erfolgreich, nur als der neue Marktleiter zu viele Vereinheitlichungen und Vorschriften durchführen wollte, ließ man dieses Zusatzgeschäft wieder auf.
Mittagsmenüs
Auf zu viele Experimente ließ sich die Fleischerfamilie auch im Verkaufsprogramm nicht ein. Traditionsbewährtes wie Kümmelbraten und Leberkäse, Hausmannskost – selbstgekochte Mittagsmenüs – das sind die Stärken.
Vor allem seit die Schwiegertochter mit kocht und Blechkuchen backt, ist mit den Mittagsmenüs ein gern genutzter Service entstanden. Das Krautfleisch, die Linsen mit Speck und das Beuscherl gehen nach Angaben von Luzia Fridrich besonders gut – genauso wie die Grammel- und Fleischknödel.
Der Kunde ist König
Fünf Angestellte untersützen die Familie bei der Kundenbetreuung – an starken Tagen wie Samstag sind sie alle im Einsatz. Und man hat sich auf die Fahnen geheftet, auf Kundenwünsche besonders flexibel einzugehen.
Auch wenn schon seit etwa zehn Jahren nicht mehr selbst geschlachtet wird – das Schlachthaus Kloiber aus Karlstetten bei St. Pölten ist seither der Lieferant –, wird jeden zweiten Tag produziert. So können die Fridrichs auf Bestellungen prompt reagieren.
Auch für kleine Veranstaltungen und Feste übernimmt die Familie die Verpflegung. Größere Cateringaufträge lassen sich mit den Arbeitszeiten nicht vereinbaren – denn das Wochenende bleibt frei. Ansonsten sperrt die Fleischerei aber nur in den Weihnachtsferien nach dem anstrengenden Feiertagsgeschäft zu. „200 Personen hatten wir da an nur einem Tag zu bedienen, das war der stärkste Umsatz“, so die Seniorchefin über das vergangene Jahr.
Apropos starkes Geschäft: Hat man nach der Schließung der doch größeren zweiten Fleischerei vor etwa fünf Jahren einen Zustrom der Kunden bemerkt? „Ich will es so sagen: Es gibt genug Supermärkte hier“, antwortet Sohn Christian diplomatisch, aber eindeutig. Bis zu seiner Pensionierung wird es in Baden sicher noch weitergehen – alles Weitere wird die Zukunft weisen.
Von Isabella Weippl