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Der Pakt für mehr Tierwohl

Bund, Länder und Landwirtschaft unterzeichneten den „Pakt für mehr Tierwohl in der produzierenden Landwirtschaft“.

Österreich gehört zu den Ländern mit den höchsten Tierwohl- und Lebensmittelstandards. Von der Tierschutzorganisation ‚World Animal Protection‘ wurde Österreich im Vergleich mit 50 Staaten weltweit auf Platz 1 gereiht. Mit dem ‚Pakt für mehr Tierwohl in der produzierenden Landwirtschaft‘ bauen wir diese Vorreiterrolle weiter aus“, betont Landwirtschaftsministerin Köstinger, die Ende Oktober zu einem Runden Tisch mit Vertretern aus der Branche geladen hat. Gemeinsam mit dem Dachverband Nachhaltige Tierhaltung, der Landwirtschaftskammer und den Bundesländern wurde der Pakt unterzeichnet, der mehr Förderungen und zudem auch höhere Fördersätze für Investitionen in tierwohlgerechte Haltung bringt.

Investitionen in mehr Tierwohl

Mit diesem Pakt sollen Anreize für die Bauern geschaffen werden, um in Zukunft noch stärker auf Tierwohl zu setzen. Ab dem Jahr 2021 stehen dafür 120 Mio. Euro für tierwohlgerechte Investitionen zur Verfügung. Konkret handelt es sich um Anreize für den Neu- und Umbau tiergerechter Ställe und eine Anpassung der Fördersysteme. Dadurch sollen etwa neue Förderstandards bei Ferkelaufzucht, Schweinemast und Rinderhaltung eingeführt werden. Gleichzeitig soll es ab dem Jahr 2022 keine Förderung mehr für den Neubau von Ställen geben, die nur den gesetzlichen Mindeststandards entsprechen. „Förderungen gibt es nur, wenn die gesetzlichen Mindeststandards übererfüllt werden“, erklärte Köstinger in ihrer Rede. Die Maßnahmen führen in Folge zu größeren Liegeflächen oder auch zu mo-dernen Kühlmöglichkeiten. Zusätzlich wird der Fördersatz für Investitionen in besonders tierfreundliche Haltungen bei Schwein und Pute von derzeit 25 auf künftig 35 Prozent der Investitionssumme erhöht. „Das ist ein starker Anreiz, um bei Investitionen auf tierwohlgerechte Ställe zu setzen“, so Köstinger.

Die Kalbfleischstrategie

Die Produktion von Kalbfleisch in Österreich ist seit Jahrzehnten rückläufig; gleichzeitig steigen die Importe. Ziel ist, die Bedarfsdeckung aus regionaler Produktion zu erhöhen. Damit werden Kälbertransporte deutlich reduziert bzw. vermieden. Mit der Aufnahme der Qualitätsstandards „Vollmilchkalb“ und „Kalb rosé“ in das AMA-Gütesiegel und weiteren finanziellen Fördermaßnahmen soll die regionale Produktion von Kalbfleisch steigen und die heimische Bedarfsdeckung erhöht werden. „Es freut mich ganz besonders, dass bereits ab 2021 die finanziellen Anreize für Investitionskosten bei besonders tierfreundlichen Ställen, die über den gesetzlichen Mindeststandards liegen, angehoben werden. Das Tierwohl in Österreich ist uns ein großes Anliegen“, stellt Landesrat Josef Schwaiger fest und ergänzt: „Die Aufnahme der Qualitätsstandards ,Vollmilchkalb‘ und ,Kalb rosé‘ ins AMA-Gütesiegel, aber auch die Bedarfsdeckung bei Kalbfleisch aus regionaler Produktion zu erhöhen, soll in der österreichischen Kalbfleischstrategie umgesetzt werden. Das bedeutet auch eine Reduktion bzw. Vermeidung von unnötigen und leidvollen Kälbertransporten. Dieser Weg und die Weiterentwicklung der gemeinsamen Agrarpolitik soll höhere Standards schaffen, hin zu mehr Tierwohl!“

Partnerschaftlicher Weg

„Wir reden nicht nur von Tierwohl, wir setzen konkrete Maßnahmen und Anreize, um tierwohlgerechte Haltung attraktiver zu machen“, so Köstinger. Doch diesen Weg geht die Landwirtschaftsministerin nicht alleine. „Wir gehen diesen Weg gemeinsam und in Partnerschaft mit unseren Bauern, nicht gegen sie“, erklärt Elisabeth Köstinger und ergänzt: „Unsere Landwirtschaft produziert tagtäglich beste Lebensmittel nach höchsten Standards, das ist ihre Lebensgrundlage, die von den Menschen auch geschätzt wird. Tierfreundliche Haltungsformen gehören zu den ureigensten Interessen unserer kleinstrukturierten Landwirtschaft. Mit dem ‚Pakt für mehr Tierwohl in der produzierenden Landwirtschaft‘ setzen wir Anreize statt Verbote. Unser Ziel ist es, die Selbstversorgung zu sichern und gleichzeitig das Tierwohl in Österreich weiterzuentwickeln.“

Appell an Handel & Konsumenten

„Die Konsumenten wollen zunehmend regionale Produkte und tierfreundliche Haltungsformen. Das heißt aber auch, dass unsere Bauern faire Preise für ihre Produkte bekommen müssen. Die Konsumenten entscheiden mit jedem Grill ins Regal, welche Art der Landwirtschaft sie wollen und unterstützen“, richtet die Landwirtschaftsministerin auch einen dringenden Appell an die Konsumenten.

Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich stößt gleich anschließend ins selbe Horn und ermahnt einmal mehr Handelsriesen und deren Billigfleischaktionen. „Der Pakt für mehr Tierwohl in der produzierenden Landwirtschaft ist ein wichtiges Signal und ein deutliches Zeichen, dass sich die Landwirtschaft immer Schritt für Schritt weiterentwickelt. Wir müssen uns realistische Ziele setzen, und diese werden jetzt auch mit Maßnahmen unterfüttert. Während andere über Tierwohl reden, kommen wir mit dem Pakt vom Reden ins Tun, und das begrüßen wir als Landwirtschaftskammer sehr. Eines ist klar, mehr Tierwohl kann nur mit den Bauern funktionieren. Verbote sind ein unfairer Wettbewerbsnachteil, daher setzen wir auf Anreize. Die zusätzlichen Aufwendungen müssen aber den Bauern dauerhaft vom Markt bezahlt werden“, stellt Landwirtschaftskammerpräsident Moosbrugger in seiner Rede klipp und klar fest und ergänzt: „Mehr Tierwohl verträgt sich auf gar keinen Fall mit Schleuderaktionen und Rabattangeboten im Handel. Denn höhere Standards in der Produktion verursachen höhere Kosten. Investitionsförderungen sind Anschubfinanzierungen. Mehr Tierwohl auf Dauer funktioniert nur in enger Partnerschaft mit Verarbeitung, Handel und Konsumenten, die bereit sind, ‚Ja‘ zu heimischer Qualität zu sagen und diese auch angemessen zu bezahlen.“

Vorreiter in Sachen Tierwohl

„Wir begrüßen die Initiative von Frau Bundesministerin Köstinger zu diesem sehr wichtigen Thema und werden uns seitens der Dachorganisationen der Österreichischen Veredelungswirtschaft gerne in die gemeinsame Arbeit aktiv einbringen. Österreich ist in vielerlei Hinsicht Vorreiter in Sachen Tierwohl und Tiergesundheit“, erklärt Walter Lederhilger, Obmann des Dachverbands der Nachhaltigen Tierhaltung Österreichs, und ergänzt: „Die Investitionsförderung ist für den Erhalt der Eigenversorgung von großer Bedeutung. Dass besonders tierfreundliche Systeme im Rahmen der Investitionsförderung eine zentrale Rolle spielen und eine besondere Beachtung finden, ist aus unserer Sicht positiv hervorzuheben. Der Schwerpunkt geht auch hier in Richtung mehr Tierwohl.“

Mit dem Pakt für mehr Tierwohl in der produzierenden Landwirtschaft sollen bäuerliche Familienbetriebe, die tagtäglich qualitativ hochwertige Lebensmittel unter Einhaltung hoher Tierschutz- und Produktionsstandards erzeugen, gestärkt und ihnen eine Zukunftsperspektive aufgezeigt werden. „Tiergesundheit und Tierwohl stehen bei allen Aktivitäten stets an oberster Stelle. Um dies auch zukünftig gewährleisten zu können, gilt es, den Absatz der heimischen Produkte zu sichern und faire Preise zu erzielen“, so Lederhilger.

Den Trend geben die Jüngeren vor

„Der Pakt für mehr Tierwohl steht im Einklang mit den Wünschen der Konsumenten von heute. Diese fordern mehr Tierwohl, mehr Regionalität und mehr Nachhaltigkeit! Ein Trend, den vor allem die jüngere Generation vorgibt. Diese setzt sich immer mehr aus Menschen zusammen, die mehr über ihre Fleischprodukte erfahren möchten und diese bewusst und in Maßen konsumieren. Eine Herausforderung liegt jedoch noch immer in der Preisgestaltung: Denn mehr Tierwohl bedeutet derzeit einen um 20 – 30 % höheren Preis, den viele nicht bereit sind zu zahlen“, fügte Hannes Royer, Obmann von Land schafft Leben und selbst Bergbauer, hinzu. Er verweist auf die Notwendigkeit, die Konsumenten mehr einzubinden: „Was es braucht, ist mehr Bewusstsein dafür, dass Tierwohl einen Wert hat. Dies spiegelt auch die aktuelle Situation der Kalbsfleischproduktion wider: Wir verfrachten unsere Kälber über die Grenzen und importieren dafür billigeres Kalb-fleisch aus dem Ausland. Unser Anspruch muss sein, unsere heimischen Kälber hier in Österreich zu mästen und zu vermarkten! Nur so können wir unser Ziel der standortgerechten Landwirtschaft erreichen, also im Kreislauf wirtschaften und somit gleichzeitig dem Kundenwunsch nachkommen. Damit jeder und jede aber auch heimische Qualität erkennen kann, führt kein Weg an der verpflichtenden Herkunftskennzeichnung vorbei. Die Herkunft muss also auf allen verarbeiteten Produkten sowie in der Gemeinschaftsverpflegung klar ersichtlich sein.“

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