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„Abschiedsinterview” mit KommRat Willibald Mandl

KommRat Willibald Mandl ist ein erfolgreicher Fleischermeister mit Leib und Seele. Er lebt für das Lebensmittelhandwerk wie kaum ein anderer und unterstützt seit vielen Jahren als einflussreicher Kämpfer in der Wirtschaftskammer das Gewerbe und seine Betriebe. 2024 tritt der engagierte Präsident der LMAk, Landes- und Bundesinnungsmeister in den wohlverdienten Ruhestand. Fleisch & Co bat ihn zum großen Interview.

Fleisch & Co: Herr Mandl, wie haben Sie Ihre Karriere gestartet?

Willibald Mandl: „Ich habe im Jahr 1983 den Betrieb meines Vaters mit zwei Mitarbeitern übernommen. Zu dieser Zeit handelte es sich um eine herkömmliche Fleischerei, es gab noch keine Supermärkte und Fleischereien haben einfach jene Fleisch und Wurstwaren angeboten, die verfügbar waren. Mit viel Enthusiasmus habe ich den Betrieb übernommen und aktiv weiterentwickelt. Wir begannen mit der Veredelung, boten auch Küchenfertiges an und wagten uns an zahlreiche neue Services. Zu dieser Zeit begann auch der Trend des Grillens in Österreich, die Käsekrainer wurden erfunden und auch in diesem Bereich haben wir uns voller Begeisterung engagiert.“

Fleisch & Co: … und rasch erweitert …

Willibald Mandl: „Ich habe den Betrieb schrittweise erweitert, indem ich zusätzliche Geschäfte eröffnete, einen eigenen Schlachtbetrieb aubaute, Lohnverarbeitung und Grillservice übernahm. Darüber hinaus sind einige erfolgreiche Kooperationen mit der Landwirtschaft entstanden wie zum Beispiel das Grilly Kräuterferkel.

Heute ruht unser Betrieb auf verschiedenen Standbeinen. Dennoch ist es wichtig, zu betonen, dass trotz dieser Vielfalt an Aktivitäten die Grundlage unseres Unternehmens immer noch die Fleischerei ist. Ich habe stets darauf geachtet, dass wir zwar diverse Standbeine anbieten, jedoch nicht auf jede Möglichkeit aufspringen. Es ist entscheidend, den Betrieb regelmäßig zu analysieren und kritisch zu hinterfragen: Was können wir tun? Was können wir leisten, ohne uns zu überfordern? Es geht darum, den Betrieb kontinuierlich zu optimieren, ohne sich dabei zu zerfleddern.“

Fleisch & Co: Wie steht Ihr Betrieb heute da?

Willibald Mandl: „Heute haben wir drei Geschäfte, einen Markt mit Feinkost und insgesamt 28 Mitarbeiter. Mittlerweile hat mein Sohn übernommen und macht es sehr gut. Er ist genauso interessiert an der Weiterentwicklung von Produkten. Doch er muss schon gut rechnen, durch die vielen Lohnerhöhungen, die gerechtfertigt sind, hat sich die Preisspirale ordentlich gedreht.

Heute gilt mehr als je zuvor: Wareneinsatz, Personalkosten und Qualität sind die drei Säulen, auf die ein Fleischereibetrieb basiert – und über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.“

Fleisch & Co: Wie hat es dann mit der Innung begonnen?

Willibald Mandl: „Verantwortlich dafür war der damalige Landesinnungsmeister Siegfried Zehetner sen. Er drängte mich dazu und als mein Sohn schließlich in den Betrieb eintrat, begann ich im Jahr 2003 als Bezirksinnungsmeister. Nach zwei Jahren wurde ich dann Landesinnungsmeister der Fleischer. Natürlich erfolgte all dies in Absprache mit meiner Familie, da ich keine Probleme hier vor Ort haben wollte, insbesondere, wenn ich viel unterwegs sein musste. Ich habe es damals genossen; ich nahm an Sitzungen in der Bundesinnung teil und war aktiv dabei.“

Fleisch & Co: Es hat so Spaß gemacht, dass Sie schließlich weitere Funktionen übernahmen …

Willibald Mandl: „Im Jahr 2010 wurden schließlich die fünf Innungen zu einer Innung der Lebensmittelgewerbe zusammengelegt. Im ersten Schritt wurde Leo Jindrak der oberösterreichische Landesinnungsmeister der Lebensmittelgewerbe – er hat sich dann aber bald innerhalb der WK anders orientiert. Nach Einberufung einer neuerlichen Familiensitzung wurde ich schließlich Landesinnungsmeister der Lebensmittelgewerbe in Oberösterreich. Im Dezember 2016 trat ich dann die Nachfolge von KommR Prof. Dr. Paulus Stuller an und bin seither Bundesinnungsmeister der Lebensmittelgewerbe.“

Fleisch & Co: Gehört auch die LMAk zu Ihren Aufgaben?

Willibald Mandl: „Die Lebensmittelakademie wurde seinerzeit von Franz Lauss und Prof. Dr. Reinhard Kainz initiiert. Allerdings wurde sie anfangs nicht so gut angenommen. Ich fand die Idee immer gut, sah darin eine große Hilfe für die Betriebe und wurde schließlich der Präsident der LMAk. Ich habe alles umstrukturiert und in Zusammenarbeit mit den Landesinnungen das Angebot optimiert.

Inzwischen haben wir vier Mitarbeiterinnen und schreiben schwarze Zahlen – das ist ein schönes Erfolgsprojekt. Das neueste Projekt der LMAk ist die HCCP-App, an der mittlerweile ganz Österreich teilnimmt. Die Betriebe haben hier die Möglichkeit, ihre Mitarbeiter über das Handy, also über diese App, in Bezug auf Hygiene zu schulen.“

Fleisch & Co: Auf welche Projekte sind Sie besonders stolz?

Willibald Mandl: „Auf alle eigentlich. Sehr erfreulich ist für mich aber, dass wir die Meisterprüfung erfolgreich in den NQR-Rahmen auf Level sechs integriert haben, wobei die Fleischer das Pilotprojekt waren. Es gab immer wieder Stimmen für die Abschaffung des Meisters, die Fotografen haben den Meistertitel sogar abgeschafft. Gerade im Lebensmittelbereich wäre das aber ein bedenklicher Weg. Die Integration in den NQR-Rahmen bietet eine Sicherheit, da man nicht so leicht aus diesem Rahmen ausgeschlossen werden kann – ich denke, das ist ein entscheidender Meilenstein für die Zukunft.
Im Zuge dieser Neuerung wurden natürlich auch die Kurse und Prüfungen grundlegend überarbeitet. Derzeit befinden wir uns in der ersten Evaluierungsphase, wir sind bereits seit fünf Jahre aktiv und müssen insbesondere im Bereich Digitalisierung Anpassungen vornehmen. Es erfüllt mich mit Stolz, dass wir in Österreich nun eine herausragende Ausbildung anbieten können. Wir haben hierfür alle gemeinsam an einem Strang gezogen und die Meisterprüfung von Grund auf neu gestaltet: Raimund Plautz, Rudolf Menzl, Anka Lorencz, Wolfgang Seidl, Rainhard Kainz, ich und viele andere haben unsere gesamte Erfahrung und Wissen sowie sehr viel Arbeit in dieses Projekt gesteckt.

Wir haben sogar erreicht, dass man den Titel ,Meister‘ führen und in den Pass eintragen darf. Allerdings warne ich davor, denn an der Grenze weiß niemand so recht, was das denn bedeuten soll. Übrigens: Wenn die Prüfung in Deutschland gemacht wird, darf man den Titel ,Meister‘ nicht führen.“

Fleisch & Co: Zusätzlich wurde auch der Sommelier angepasst?

Willibald Mandl: „Ja, auch den Fleischsommelier haben wir völlig überarbeitet. Zwar hat die AMA einmal mehr einen Gegenkurs positioniert, aber unser Fleischsommelier ist ausschließlich für Meister oder Küchenmeister und bietet eine erstklassige und fundierte Ausbildung.“

Fleisch & Co: Wie sieht es mit der Nachwuchsarbeit aus?

Willibald Mandl: „Bei den Lehrlingen sind wir sehr aktiv tätig. Seit einiger Zeit richten wir die Landeslehrlingswettbewerbe für das gesamte Lebensmittelhandwerk gemeinsam aus. Diese werden nun unter dem Namen JuniorSkills durchgeführt. Zusätzlich gibt es die Staatsmeisterschaft, die AustrianSkills, das sind die Bundeslehrlingswettbewerbe. Wir haben bereits erreicht, dass die Fleischer auch ein Teil der EuroSkills sind. Hier habe ich die Programme und Materiallisten erstellt – das war eine Menge Arbeit, aber es läuft gut und darüber freue ich mich sehr. Was jetzt noch aussteht, ist, dass der Beruf des Fleischers auch bei den WorldSkills vertreten ist.“

Fleisch & Co: Was waren die größten Herausforderungen während Ihrer Amtszeit?

Willibald Mandl: „Die Pandemie stellte uns wohl vor die größte Herausforderung. Einerseits der allgemeine Ausnahmezustand, andererseits mussten wir alle Verordnungen und Fördermöglichkeiten überprüfen und diese Informationen dann zeitnah und klar an unsere Betriebe kommunizieren.

Ein großes Problem war, dass ausschließlich von Supermärkten als systemrelevante Versorger gesprochen wurde, während wir Fleischer nicht einmal erwähnt wurden. Im Hinter- und im Vordergrund haben wir intensiv daran gearbeitet, dass die Politik uns nicht vergisst. Wir können Corona nun jedoch als überstanden betrachten. Wir Fleischer müssen ehrlich sein: Wir sind gut durch die Corona-Zeit gekommen. Natürlich war der Wegfall der Gastronomie schmerzhaft, aber grundsätzlich hat sich die Situation mittlerweile stabilisiert.“

Fleisch & Co: Wie sehen Sie die aktuelle Situation?

Willibald Mandl: „Die aktuellen Preiserhöhungen stellen eine große Herausforderung für unsere Betriebe dar. In den vergangenen Monaten haben wir versucht, Förderungen für Energie und andere Formen der Unterstützung auf den Weg zu bringen. Natürlich kann man auch Brüssel als Herausforderung für unsere Arbeit in der Innung betrachten. Es gibt Verordnungen oder Entwürfe, die unseren Betrieben und der Produktsicherheit und -vielfalt erheblich schaden könnten.

Die jüngste Angelegenheit mit Nitrit ist nur die Spitze des Eisbergs. Hier müssen wir intensiv Lobbyarbeit leisten, um diese ,Ideen‘ zumindest etwas zu entschärfen. Vor allem Anka Lorencz setzt sich mit viel Engagement dafür ein, dass wir hier einen vernünftigen Weg einschlagen können. Aber das gehört zum ganz normalen Wahnsinn unserer Arbeit.“

Fleisch & Co: Hat sich in den letzten 40 Jahren viel verändert?

Willibald Mandl: „Meiner Meinung nach sind die Veränderungen gravierend. Wir haben eine Übermacht der Supermärkte und Marktketten, deren Verkaufsfläche in Österreich enorm ist.

Wir Fleischer machen lediglich 8,4 % des Verkaufsvolumens aus – und das teilen wir uns auch noch mit der Direktvermarktung. Klar, das schmerzt uns erheblich. Als ich in den 80er-Jahren begann, gab es diese Supermärkte nicht. Als die ersten dann eröffneten, dachten wir nicht viel dabei, denn was sollten diese Märkte schon mit Fleisch machen? Doch bald wurden wir eines Besseren belehrt.“

Fleisch & Co: Was kann man tun?

Willibald Mandl: „Die Supermärkte sind da, da gibt es nichts mehr zu tun. Das Einzige ist, die Konsumenten noch aktiver darauf aufmerksam zu machen, dass sie mit jedem Einkauf eine Entscheidung treffen. Die Botschaft muss sein: Kauf regional, damit hilfst du der Landwirtschaft, der Landschaft, den Lebensmittel-Handwerkern, der Wertschöpfung – und unterstützt auch das Tierwohl, deine Gesundheit und nicht zu vergessen den Genuss.

Wir Fleischer können zeigen, woher das Fleisch stammt, wie es aufgezogen wurde, und bieten eine handwerkliche Produktvielfalt vom Allerfeinsten. Für uns ist eine Haltungs- und Herkunftskennzeichnung schon lange gelebter Alltag.“

Fleisch & Co: Wie steht es mit der Direktvermarktung?

Willibald Mandl: „Ich bin großer Fan der Direktvermarktung, wir haben auch zahlreiche Kooperationen mit der Landwirtschaft. Das Problem ist: Das Gewerbe muss alle rechtlichen Bedingungen erfüllen, unterliegt Auflagen in Bezug auf Hygiene und vielen anderen Aspekten – während der Landwirt im Grunde dasselbe produziert, aber unter wesentlich günstigeren Rahmenbedingungen. Das stellt natürlich eine erhebliche Wettbewerbsverzerrung dar.

Ich möchte jedoch den Landwirten nichts wegnehmen, im Gegenteil. Seit Jahren setze ich mich dafür ein, dass die Ramenbedingungen für das Handwerk verbessert werden. Eine Verbesserung bedeutet, dass die Förderungen erhöht werden, dass die Pauschalierungen angehoben werden und so weiter. Aktuell bin ich viel unterwegs, von den Landesregierungen bis zu den Ministerien, um diese Anliegen voranzutreiben. Österreich verfügt über eine beeindruckende Landwirtschaft, und wir sind dankbar, dass es noch Bauern gibt. Deren Arbeit muss zweifellos anerkannt werden. Gleichzeitig darf man jedoch das Gewerbe nicht aus den Augen verlieren. Unsere Politik muss das Lebensmittelhandwerk in ihre Überlegungen miteinbeziehen. Nicht nur während der Pandemie haben wir gezeigt, dass wir als Gewerbe zuverlässig sind …“

Fleisch & Co: Was sind Ihre Botschaften an die Politik?

Willibald Mandl: „In Österreich verlieren wir jährlich zwischen 60 und 70 Betriebe insgesamt. Lediglich bei den Konditoren und den Nahrungs- und Genussmittelproduzenten ist ein leichter Anstieg zu verzeichnen, vor allem aufgrund der Ein-Personen-Unternehmen (EPUs) in diesen Branchen. Wir müssen ständig darauf hinweisen und daran arbeiten, der Politik klarzumachen, dass es unter den derzeitigen wirtschaftlichen Bedingungen nahezu unmöglich ist, in der Art und Weise zu wirtschaften, wie wir es tun müssen.

Es gibt zwar noch einige gute Betriebe, aber viele kleinere Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand. Die Eigenkapitalquote liegt bei null bis minus, und die Aussichten sind nicht rosig.“

Fleisch & Co: Wünsche an die Zukunft?

Willibald Mandl: „Dass sich die Rahmenbedingungen für das Gewerbe verbessern, damit sich die Betriebe entwickeln können. Dass die Betriebe nicht vergessen zu kalkulieren, besonders in Zeiten wie diesen. Vor allem wünsche ich mir aber, dass es ausreichend Nachwuchs für unsere herausragenden Betriebe gibt.“

Fleisch & Co: Mit Jänner 2024 treten Sie von Ihren Ämtern zurück – wie wird es weitergehen?

Willibald Mandl: „Ich werde im April 69. Ich bin schon viel zu lange in den Funktionen, aber es war schwierig, Nachfolger zu finden. Nun haben wir aber eine perfekte Mannschaft: In Wien wird mein Nachfolger Leo Jindrak, der auch die LMAk übernehmen wird, seine Stellvertreter werden Josef Schrott und Raimund Plautz. Landesinnungsmeister wird Reinhard Josef Honeder und Rudolf Wegschaider wird Fachgruppensprecher. Für die anderen Funktionen müssen noch Gespräche geführt werden.“

Fleisch & Co: Plötzlich Pensionist – was werden Sie tun?

Willibald Mandl: „Ich werde sicherlich weiterhin meinem Sohn im Betrieb helfen, weil mir die Arbeit einfach Spaß macht. Aber ich rede meinem Sohn nichts drein. Er führt den Betrieb grandios.

Ich habe seit 20 Jahren ein wunderschönes Wochenendhaus und war bisher vielleicht 50 Mal dort. Hier werde ich meine Pension genießen, ein bisserl wandern und sicherlich auch mit meiner Frau auf Urlaub fahren … und natürlich habe ich auch noch meine Enkelkinder. Langweilig wird mir nicht. Sicher nicht!“

Autorin: Tanja Braune

Interviewpartner KommRat Willibald Mandl mit Familie. (v. l. n. r.) Willibald, Sonja, Michaela, Lisa-Maria, Mia, Melanie, Max und Thomas Mandl. © Beigestellt

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