
Bio-Lebensmittel werden knapp – trotz wachsender Nachfrage
Die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln steigt kontinuierlich, doch das Angebot kann nicht mithalten. In Österreich sind Bio-Milch, Bio-Getreide und Bio-Fleisch zur Mangelware geworden. Ein Blick in die Statistik zeigt: Während im Vorjahr die Verkaufsmenge von Bioprodukten im Lebensmitteleinzelhandel um 5,5 Prozent zunahm und ein Allzeithoch erreichte, reduzierte sich die Zahl der heimischen Biobetriebe. Rund 1.000 Landwirte stellten in den letzten zwei Jahren ihre ökologische Produktion ein – nur knapp 100 Neueinsteiger kamen 2024 hinzu.
Hohe Anforderungen – geringer Anreiz
Viele Landwirte stehen dem Umstieg auf Bio skeptisch gegenüber. Obwohl Bioprodukte im Verkauf höhere Preise erzielen, ist der Mehraufwand in Produktion, Dokumentation und Kontrollen hoch – und die finanzielle Differenz zum konventionellen Anbau gering. Zudem fehlen klare Förderperspektiven: Wer vor 2027 auf Bio umsteigt, muss aktuell auf Unterstützung verzichten, da die neuen Umweltprogramme noch nicht umgesetzt sind.
Förderpolitik mit Langzeitfolgen
Agrarexpert:innen sehen unter anderem die Förderpolitik der früheren Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) kritisch. Die Kürzungen im Bio-Bereich sowie die Betonung von „Regionalität“ als vermeintlich bessere Alternative zu „Bio“ hätten der Branche nachhaltig geschadet.
Handel setzt zunehmend auf Importware
Auch der Lebensmittelhandel gerät unter Druck. Um Lieferzusagen gegenüber Großkunden einzuhalten, greifen Händler bei Engpässen auf Importe zurück. Das führt nicht nur zu längeren Transportwegen, sondern erschwert auch die Rückverfolgbarkeit und Qualitätskontrolle – ein Risiko insbesondere bei Frischware wie Fleisch oder Eiern.
Neue Allianz für grenzüberschreitende Bio-Zusammenarbeit
In dieser Situation setzen Bioverbände auf Kooperation statt Konkurrenz: Sieben große Organisationen – darunter Bio Austria, Bioland, Demeter und Biokreis – arbeiten künftig in einer Allianz zusammen. Ziel ist es, Rohstoffflüsse besser zu steuern, Überschüsse und Engpässe grenzübergreifend auszugleichen und einheitliche Standards zu sichern.
Barbara Riegler, Obfrau von Bio Austria, spricht von einem „historischen Schritt“: Die Identitäten der Verbände bleiben erhalten, doch bei Qualitätssicherung und Vermarktung soll künftig enger kooperiert werden. Auch eine gemeinsame Dachmarke sei denkbar, um Bio europaweit langfristig abzusichern.
Next Bio und der Wettbewerb durch Naturland
Bereits vor zwei Jahren brachte Bio Austria mit Next Bio ein verbandsübergreifendes Gütesiegel auf den Markt. Es erfüllt strengere Standards als die EU-Bioverordnung, ohne eine zusätzliche Mitgliedschaft zu erfordern – ein Vorteil für Landwirte.
Doch der Markt wird zunehmend fragmentierter: Der deutsche Verband Naturland, der enge Verbindungen zu Handelsriesen wie Rewe und Aldi pflegt, verfolgt einen eigenen Kurs. In Österreich wirbt Naturland gezielt um Betriebe, insbesondere im Futtermittelbereich, und zeigt laut Riegler aktuell kein Interesse an der neuen Bio-Allianz.
Spannungen um das AMA-Biosiegel
Besonders brisant: Naturland soll starkes Interesse am AMA-Biosiegel zeigen, das bislang eng mit österreichischen Standards verknüpft ist. Eine mögliche Öffnung könnte zu Spannungen mit Bio Austria führen, die den Verlust regionaler Qualitätsmerkmale befürchtet.
Fazit: Bio braucht politische Rückendeckung
Die aktuellen Herausforderungen zeigen: Ohne klare Förderinstrumente und politische Rahmenbedingungen ist die biologische Landwirtschaft in Österreich kaum zukunftsfähig. Die neue Allianz der Bioverbände ist ein wichtiger Schritt – doch auch auf nationaler Ebene braucht es neue Impulse, um das Vertrauen der Landwirte zurückzugewinnen und die Versorgung mit Bio-Lebensmitteln langfristig zu sichern.