Die Vorliebe der Österreicher für Schweinefleisch ist ungebrochen: Im Schnitt verzehrt jeder rund 33 Kilo pro Jahr. Diese Menge übertrifft die Konsumzahlen von Rind- und Kalbfleisch mehr als dreimal, und auch Geflügel wird mit doppelt so viel Schweinefleisch deutlich hinter sich gelassen. Im Vergleich dazu kommt Wildfleisch kaum zur Geltung – es beläuft sich auf weniger als ein Kilogramm pro Person jährlich. Dabei zeichnet sich Wildbret, wie beispielsweise Wildschweinfleisch, durch außerordentliche Nachhaltigkeit und ein ausgezeichnetes Geschmacksprofil aus.
Die geringe Nachfrage nach Wildfleisch ist besonders bemerkenswert, da der Bestand an Wildschweinen in Österreich in den letzten Jahren stark gestiegen ist. Verschiedene Schätzungen zufolge gibt es mittlerweile über 50.000 Wildschweine in den heimischen Wäldern, im Vergleich zu lediglich 13.000 im Jahr 1990. Diese Entwicklung kommt nicht von ungefähr; milde Winter und ein reichhaltiges Nahrungsangebot, das den Wildschweinen über das ganze Jahr zur Verfügung steht, begünstigen den Anstieg der Population. Diese Tiere sind das ganze Jahr über jagdbar, was bedeutet, dass auch das Fleisch ganzjährig verfügbar ist.
Die Besonderheiten des Wildschweins
Was macht Wildschweinfleisch so besonders? Ein herausragendes Merkmal ist der hohe Eiweißgehalt von über 30 Gramm pro 100 Gramm, was es zu einer eiweißreichen Nahrung macht. Zudem punktet das Fleisch durch seine magere Beschaffenheit und die Tatsache, dass es cholesterinarm ist. Wildschweinfleisch enthält zahlreiche Vitamine der B-Gruppe sowie wichtige Mineralstoffe wie Phosphor, Kalium und Magnesium, und kann auch mit bedeutenden Spurenelementen wie Eisen, Zink und Selen aufwarten. Im Vergleich zu domestizierten Hausschweinen wie Duroc oder Edelschwein, die bis zu 220 Kilogramm wiegen können, bringt ein erwachsenes Wildschwein im besten Fall nur etwa 170 Kilogramm auf die Waage. Bei den Weibchen, den Bachen, liegt das Gewicht meist bei rund 125 Kilogramm. Interessanterweise zeigen Wildschweine ein matriarchales Sozialverhalten: In der Rotte, dem Namen für das Wildschweinrudel, hat die älteste Bache das Sagen und bestimmt die Bewegungen der Gruppe. Bei einer Begegnung mit einer Wildschwein-Mutter ist Abstand sehr wichtig!
Die Unterschiede zu Hausschweinfleisch
Neben dem Gewicht unterscheidet sich Wildschweinfleisch erheblich von dem seiner domestizierten Verwandten. Die tierische Ernährung aus Wurzeln, Früchten und Gräsern führt dazu, dass das Wildschweinfleisch dunkler ist und eine weit intensivere Farbe – von hellrot bis hin zu sehr dunklem rot – aufweist. Auch die Fettstruktur ist anders: Während Hausschweine hier mit vielfachen Fettschichten aufwarten, zeigt das Wildschweinbauchfleisch meist nur einen dünnen Magerfleischanteil ohne die typischen Fettschichten. Die Feinheiten der Verarbeitung sind ebenfalls ganz anders gestaltet. Aus einem Wildschwein lassen sich zwar viele köstliche Gerichte zaubern, von Schinken über Schnitzel bis hin zu Gulasch und Ragouts. Dennoch sollte man sich bewusst sein, dass diese Fleischsorten nicht nur einfach beim Metzger bestellt werden können. Die Zubereitung erfordert besondere Aufmerksamkeit, da Wildschweinfleisch schnell austrocknen kann, wenn es zu lange gegart wird. Die Beliebtheit von Wildschweinfleisch nimmt in der Gastronomie zu, gerade bei diesen, die regionales Verständnis und Nachhaltigkeit stützen. Die Aufwertung des Wildschweins als Delikatesse sollte auch den Konsumenten angesprochen werden, um das Bewusstsein für lokale Produkte zu stärken. Das Fleischerhandwerk muss diesen Trend unterstützen, um die Wertschöpfung im Land und das Tierwohl in den Fokus zu rücken. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Wildschweinfleisch in einer modernen, nachhaltigen Ernährung immer mehr an Bedeutung gewinnen sollte. Mit seiner hohen Ernährungsqualität und den vielfältigen Zubereitungsmöglichkeiten bietet es eine wertvolle Alternative zu den klassischen Fleischsorten – sowohl für den heimischen Konsumenten als auch für die Gastronomie. Der Genuss von Wildfleisch ist nicht nur eine Gaumenfreude, sondern auch ein Schritt in Richtung nachhaltigerer Tierhaltung und einer bewussteren Fleisch-Kultur in Österreich.
