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Fleischerei Höller: Beständigkeit im Dreiländereck

Ganz im Süden Niederösterreichs halten Magdalena und Karl Höller die Fahne des Fleischergewerbes hoch. Wie man im 1.500-Seelen-Ort Zöbern nicht nur überlebt, sondern auch Lehrlingen den Beruf in allen Facetten nahebringt, erzählten die beiden nach dem 35-Jahr-Jubiläum Fleisch & Co-Autor Roland Graf.

Wer öfter die A2 zwischen Kärnten und Wien befährt, kennt Zöbern vermutlich. Die „Oldtimer“-Autobahnraststä!e im Ort, keine Stunde von der Bundeshauptstadt entfernt, ist mit ihrer markanten Lage auf einer Anhöhe ein beliebter Treff- und Rastpunkt. Nicht weniger gemischt sind die Autokennzeichen aber einen Hügel weiter, am Parkplatz vor der Adresse Kampichl 35. „Ein paar Meter über uns ist die steirische Grenze“, erklärt Seniorchef Karl Höller die exponierte Lage seiner Fleischerei. Besagte Autobahnbrücke führt in unmittelbarer Nähe vorbei und auch das Burgenland ist in diesem Dreiländereck nicht weit. Und doch bleibt die Fleischerei Höller ein waschechter niederösterreichischer Betrieb.

Erfolgreiche Fleischerei mit Schlachthof in Zöbern

Selbst kennengelernt haben sich „Leni“ und Karl Höller dereinst beim Fleischer – „das war in Krumbach beim Müller, wo wir gearbeitet haben“. Da beide aus der Buckligen Welt stammten, war schnell klar, dass man die Chance ergreifen würde, als in Zöbern, Karls Heimatort, eine Fleischerei zu pachten war. Erich Vollnhofer übergab ihnen den Betrieb 1987, arbeitete aber noch einige Zeit an der Seite der Höllers mit.

Regionalität: Schlachtung mit kurzen Wegen

Heute stehen mit Fleischermeister Stefan und seinen Eltern bereits zwei Generationen Höller im modernen Verkaufsraum. Beim Besuch „zwischen den Jahren“ geht die Tür alle paar Minuten auf. Abholer von Bestellungen sind dabei, aber auch klassische Jausen-Käufer. Sie teilen sich in zwei Gruppen: jene, die das freundliche Verkaufsteam gut kennt, und neue Gäste. Denn auch wenn es keine Durchzugsstraße ist, an der sich die Fleischerei befindet: Der Standort nahe der Autobahn sorgt selbst zwischen Weihnachtsfeiertagen und Silvester für regen Betrieb.

Im Nachhinein war es der wohl wichtigste Schritt in der über 35 Jahre währenden Geschichte ihres Betriebs, den das Ehepaar 1999 setzte: Am Ortsrand von Zöbern – am Kampichl eben – wurde ein Neubau errichtet, der im Jahr darauf die EU-Zulassung als Schlachthof erhielt.
Auch in dieser Hinsicht gehört man zu den Ausnahmen der Branche, „in der manchen die ausgelösten Rinderhäften bis zum Garagentor geliefert werden“ (© Karl Höller). Geschlachtet wird vor Ort in der modernen Produktionsstä!e mit dem leuchtend blauen Dach. Für die in der Kälbermast beliebten Weiden der Buckligen Welt ergibt sich damit eine beneidenswerte Situation: Rinderbauern haben kurze Wege bis zu Karl Höller, der die Tiere auch im Auftrag schlachtet und zerlegt. „Rinder beziehen wir aus der Region“, greift auch der Fleischer gern an das Angebot auf gesund aufwachsenden Tieren zurück. Nicht einmal ein eigenes Fahrzeug hat man dafür nötig. Die Züchter selbst bringen ihre Tiere auf den vertrauten Anhängern – ohne Stress und lange Transporte für die Rinder.

Zusammenarbeit mit den lokalen Züchtern

Das Schweinefleisch wiederum stammt aus dem nahen Burgenland, so Höller senior. Wobei der erfahrene Fleischer in den Direktvermarktern der Region keineswegs Konkurrenten sieht. „Wenn jemand diesen Weg einschlägt, gibt es keinen Neid, ich stehe auch mit meinem Wissen zur Verfügung.“ Denn mit der Lohnschlachtung lassen sich auch „ruhige Zeiten ausgleichen“.

Nach Allerheiligen etwa, wenn das Geschäft ein wenig nachlässt, wird hier zum traditionellen Termin geschlachtet. Aber auch im Spätwinter, „wenn die Bauern kommen, die zu Ostern ihr Geselchtes anbieten wollen“ – ist man so schon gut ausgelastet mit den Tieren der Landwirte. Dieser Weg des Lebens und Leben-Lassens scheint dem Betrieb jedenfalls bestens zu bekommen; mit 16 Mitarbeitern stellt die Familien-geführte Fleischerei eine respektable Größe dar. Nur zum Vergleich: Das 50.000 Einwohner zählende Wiener Neustadt etwa verfügt über kein einziges Fleischergeschaft mehr. Die Höllers hingegen bilden im 1.500 Einwohner zählenden Zöbern sogar Lehrlinge aus. „Gerade wieder haben zwei mit Auszeichnung abgeschlossen“, zeigt sich Magdalena Höller zufrieden mit den Leistungen.

Fleischer-Lehrlinge: Ausbildung ohne Lücken

Zumal der Nachwuchs bei den Höllers die gesamte Bandbreite des Handwerks kennenlernt. Auch das – wir wiederholen uns – stellt eine Seltenheit dar. Es mag vielleicht eine Anekdote sein, dass ein Wiener Lehrling, der vor Jahren im Rahmen einer Exkursion nach Zöbern kam, keinen „Englischen“ kannte. Aber es ist eben auch eine traurige Gewissheit: „Der hatte das letzte Jahr halt nur Schnitzel runtergeschnitten“, so Karl Höller, „das konnte er sicher perfekt.“ Aber eben: nur das! Am Kampichl 35 wird hingegen so gut wie alles selbst hergestellt; lediglich Salami kauft man zu.

Die Sammlung an Auszeichnungen, bescheiden in der Ecke des Verkaufsraums zu finden, unterstreicht diese Expertise eindrucksvoll. Da findet sich der „Speckkaiser“ aus Wieselburg für das Pfefferkarree und den Hausspeck, einen Höller-Verkaufshit, ebenso wie Trophäen für die beste Blunzen oder der Weltmeister im Plattenlegen – eine klare Domäne Magdalena Höllers. Doch auch dieses Service erfolgt nur in Abholung durch die Kunden. „Catering ist bei uns kein Thema. Man muss wissen, wo man seine Stärken hat“, heißt es dazu. In Zöberns Fleischerei stellt jedenfalls eindeutig die Produktion das Herz des Betriebs dar.

Magdalena „Leni“ Höller ist nicht nur mehrfache Weltmeisterin im Plattenlegen, sondern im Betrieb auch für den Verkauf, die Buchhaltung und das Marketing zuständig. © Beigestellt

Fleischerei Höller bietet auch Jause für die Schwammerl-Sucher

Wie viele Artikel man genau im Angebot hat, kann Magdalena Höller aus dem Stand gar nicht beantworten. Viele Saison-Angebote – von der Silvestersulz bis zum Reh – erweitern den fleischlichen Kosmos in Niederösterreichs südlichster Ecke. „60 bis 70 Wurstsorten werden es sein“, schätzen die Höllers, „allein beim Leberkäse sind es ja schon fünf Varianten“. Erweitert wird das selbst erzeugte Angebot in Zöbern noch von lokalen Gourmandisen: Ziegenkäse von den Mandls in Lichtenegg findet sich ebenso wie die Teigwaren der kleinen Manufaktur Sinabel (Thomasberg) oder das über die Region hinaus bekannte Bier des Krumbacher Tüftlers Gerald Schwarz („Schwarzbräu“). Karl und Stefan Höllers eigene Bestseller jedenfalls sind zwei Stangenwürste – die Polnische und die Käswurst.

Sie werden auch von einer ganz eigenen Klientel gerne mit nach Haus genommen: den Schwammerlsuchern. „Wo genau sie gesucht haben, verraten sie natürlich nie“, lacht Magdalena Höller, aber bis aus Wien kommen die Pilzfreunde spätestens in die Wälder des Wechselgebiets – und schätzen danach eine Jause. Auch der nahe Golfplatz sorgt für einen Nachschub an Kunden. Insofern vertraut man neben der Präsenz in den Lokalmedien in Sachen Werbung ausschließlich der Mundpropaganda. Und die wirkt offenbar auch, wie der Andrang während des Gesprächs eindrucksvoll zeigt.

Wenn es um nationale oder internationale Auszeichnungen geht, dann ist die Fleischerei Höller meistens bei den Besten mit dabei. Letztes Jahr wurden die Preise des Fachwettbewerbs für Fleisch & Wurstwaren überreicht. Zwei der vier Ehrenpreise gingen an die Fleischerei Höller für „exzellentes handwerkliches Können über die gesamte Breite des Produktionsangebots“. Höller-Tochter Karin Wassermann durfte die Pokale freudestrahlend entgegennehmen. © Paul Gruber

Next Generation: Stefan Höllers Pläne

Und weil bei den Höllers offenbar vieles noch so funktioniert, wie es soll, hat man auch keine Nachwuchssorgen. Stefan Höller stemmt als Juniorchef bereits das Tagwerk, die offzielle Übergabe wird wohl in zwei Jahren sta!finden. „Die groben Vorstellungen dafür habe ich schon im Kopf“, so der 32-Jährige. Vor allem schwebt ihm ein Selbstbedienungskonzept vor, das die autobahnnahe Fleischerei dann rund um die Uhr zugänglich macht. „Automaten sind mir da nicht so sympathisch“, so Höller, der sich an der kleinen Angebotspalette stößt. So ließe sich auch die Investition für den Automaten viel zu langsam zurückverdienen.
Nein, idealerweise soll es ein eigener Bereich mit Zugangskontrolle und Selbstscanner-Kasse, dafür aber mit dem vollen Sortiment werden. Einen Prototyp dafür hat man sich bereits angesehen. Für die Wochenend-Ausflügler, die über die A 2 am Sonntag nach Hause reisen, wäre das ein Idealangebot, formuliert es Stefan Höller. Davor steht aber bereits heuer ein weiterer Ausbau der Fleischerei an. „Die Photovoltaik-Anlage wird mit den geplanten Kilowatt rund 20 % unseres Energiebedarfs decken“, hat Senior Karl Höller die Zahlen genau im Kopf. Es ist ein weiterer Schritt zur Zukunftssicherung des Betriebs. Aber auch hin zur „klassischen Fleischerei, in der sich jeder den Einkauf leisten kann“. Dieses Credo verlfolgt man nun seit 36 Jahren. Und es sieht nicht aus, als wollte man daran im Wechselgebiet etwas wechseln.

Autor: Roland Graf

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