“Wenn ohnehin schon eine so umfassende Herkunftskennzeichnung in der EU beziehungsweise in Österreich besteht, dann fragen wir uns schon, warum sich die Lebensmittelindustrie dann so vehement gegen die Regierungspläne zur verpflichtenden Herkunftskennzeichnung wehrt”, betont Landwirtschaftskammer (LK) Österreich-Präsident Josef Moosbrugger anlässlich einer Aussendung des Fachverbandes.
Markenlogos und -slogans ausgenommen
Prinzipiell gilt zwar bei der EU-Primärzutaten-Verordnung: Eine Primärzutat ist jene, die 50 oder mehr Gewichtsprozent ausmacht. Wenn etwa eine verpackte Wurst eine rot-weiß-rote Fahne aufweist, die Primärzutat Fleisch jedoch nicht aus Österreich kommt, muss die Herkunft dieses Rohstoffs angegeben werden.
“Tatsache ist jedoch, dass die EU-Primärzutaten-Verordnung gravierende Schlupflöcher aufweist. So sind Markenlogos etwa von dieser Regelung ausgenommen.Hat somit beispielsweise ein Wursthersteller Österreich-Fahne oder -Slogan im Markennamen oder -logo, muss er die Herkunft der Primärzutat Fleisch nicht angeben. Gegen solche Trittbrettfahrer wehren wir uns massiv. Wo Österreich draufsteht, muss auch österreichischer Rohstoff drinnen sein! Das wäre durch eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung der tierischen Primärzutaten Milch, Fleisch, Eier gemäß Regierungsplänen klar geregelt. Deswegen setzen wir uns auch mit Nachdruck für eine solche – primär einmal bei Verarbeitungsprodukten und in der Gemeinschaftsverpflegung – ein. Das Regierungsprogramm ist umzusetzen”, betont Moosbrugger.
Europäischer Industrie-Dachverband gegen EU-Kennzeichnungspläne
“Sehr interessant ist, dass die Lebensmittelindustrie auf die weiteren EU-Pläne zur verbesserten Herkunftskennzeichnung verweist. Ende Jänner 2021 hat sich Food Drink Europe, der europäische Dachverband der Lebensmittelindustrie, in einem geharnischten, mehrseitigen Positionspapier klar gegen eine solche Kennzeichnung in der Europäischen Union ausgesprochen. Ist nicht davon auszugehen, dass der österreichische Dachverband als Mitglied in die Erstellung eingebunden war?”, so Moosbrugger.
“Wer EU-Prozesse verfolgt, weiß außerdem, wie schwierig und langwierig solche Entscheidungsfindungen ausfallen können. Auch aus diesem Grund befürworten wir eine zusätzliche Lösung auf nationaler Ebene”, betont Moosbrugger im Einklang mit der Landwirtschaftsministerin.
AMA-Gütesiegel-Ausweitung auf Brot- und Backwaren
“Uns stört an der EU-Primärzutaten-Verordnung außerdem die Tatsache, dass etwa Öl, das aus Bestandteilen von importiertem Mais gepresst worden ist, als österreichisches Öl vermarktet werden darf, ohne auf die wahre Rohstoffherkunft hinweisen zu müssen. Gleiches gilt für Brot und Backwaren aus importiertem Getreide. Deswegen planen wir auch, das rot-weiß-rote Gütesiegel auf Getreideprodukte und Backwaren auszuweiten”, erklärt der LKÖ-Präsident.
“Unsere Bäuerinnen und Bauern haben sich als Tierwohl-, Bio- und Nachhaltigkeits-Weltmeister einen Namen gemacht. Die Konsumentinnen und Konsumenten haben ein Recht darauf, diese hohe Qualität erkennen und gezielt wählen zu können. Konsumenten-, Bauern- und Tierwohl gehen hierbei Hand in Hand – auch mit Umwelt- und Klimaschutz.”