
Österreichs Modellausstieg aus der ganzjährigen Anbindehaltung
Am 7. August 2024 begrüßte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig in Österreich seinen deutschen Amtskollegen Alois Rainer – den ersten Besuch Rainers seit seinem Amtsantritt auf österreichischem Boden. Im Zentrum stand das Vorzeigeprojekt Österreichs: der Ausstieg aus der ganzjährigen Anbindehaltung von Rindern.
Totschnig unterstrich die Bedeutung gemeinsamer Akzente in der Agrarpolitik: „Österreich und Deutschland ziehen bei zentralen Agrarfragen an einem Strang … für eine starke, gemeinsame Agrarpolitik, faire Rahmenbedingungen und Planungssicherheit für unsere Landwirtinnen und Landwirte“
Rainer betonte, dass Deutschland dem österreichischen Modell nacheifere. Doch er mahnte: Die Regelungen müssten praxisnah und bürokratiearm sein – besonders wichtig seien sie für Betriebe in ländlichen und kulturprägenden Regionen.
Österreichs rechtlicher Rahmen
In Österreich ist die dauernde Anbindehaltung bei Rindern seit 2020 grundsätzlich untersagt – mit Übergangsregelungen für kleinere Betriebe im Alpenraum, die etwa zweimal wöchentlichen Auslauf ermöglichen. Diese Entwicklung macht Österreich zu einem Vorreiter im Tierschutz.
EU-Agrarbudget & Reform der GAP: Was bedeutet das für Österreich?
Die Gespräche führten auch in die Zukunft: Änderungen an der Entwaldungsverordnung, EU-Agrarbudget und Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) standen auf der Agenda.
Der Vorschlag der EU-Kommission für den Zeitraum 2028–2034 umfasst eine weitreichende Reform des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFF).
Er sieht vor:
Ein Gesamtbudget von rund 2 Billionen Euro, inklusive Mittel für Landwirtschaft, Entwicklung, Forschung, Verteidigung – entlang neuer „Nationaler und Regionaler Partnerschaftspläne“
Die Bündelung des bisherigen Agrar- und Regionalbudgets in einen nationalen Rahmen, in dem Mitgliedstaaten flexibler disponieren können – aber direkte Agrarsubventionen bleiben eingegrenzt.
Die neue gemeinsame GAP nach 2027 eliminiert die bisherige Zweisäulenstruktur und setzt stattdessen auf eine einheitliche Mittelvergabe via Partnerschaftspläne
Hinzu kommen Vorschläge, einzelne Landwirtinnen und Landwirte zu deckeln („cap“) – beispielsweise Zahlungen über €100.000 jährlich werden gekürzt, um eine sozial gerechtere Verteilung zu fördern.
Zusatzziel: Die Budgetreform enthält stärke politische Priorisierung, etwa Klimaschutz, Forschung bzw. Verteidigung, aber auch weiterhin Unterstützung für mittel- und kleinbäuerliche Betriebe – etwa durch Krisenreserve (6,3 Mrd. €) zur Marktstabilisierung.
Relevanz für Fleischer, Landwirte & Fachpublikum in Österreich
Thema | Bedeutung für Österreich |
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Tierwohl & Anbindehaltung | Österreich hat durch frühe Reformen eine Vorreiterrolle, besonders relevant für Milchviehbetriebe und Bio-Höfe. |
Zukunft der GAP | Mit flexibleren, aber härter gezielten Mitteln können kleinere, nachhaltige Betriebe gestärkt werden – Strategieplanung über regionale Partnerschaftspläne bietet Gestaltungsspielraum. |
Einkommensverteilung & Deckelung | Begrenzung hoher Direktzahlungen kann zur faireren Förderung kleinerer Betriebe beitragen – wichtig für Landwirte in Österreichs vielfältigen Agrarstrukturen. |
Verhandlungsposition | Gemeinsamer Auftritt mit Deutschland stärkt Österreichs Einfluss bei GAP- und Budgetverhandlungen ab September 2025. |
Das erfordert aktive politische Begleitung seitens der Branche: Fleischer und Landwirte sollten in Verbänden und Netzwerken eingebunden sein, um bei der Gestaltung der Partnerschaftspläne mitzuwirken. Ebenso relevant bleibt die Debatte rund um Umwelt- und Tierwohl-Kriterien – gerade in Österreich mit starker Bio- und Almtradition.
Österreich präsentiert sich als Modell im Ausstieg aus der Anbindehaltung und will die Zukunft der Landwirtschaft aktiv mitgestalten – national wie auf EU-Ebene. Besonders für Landwirte und Fleischer öffnet sich eine neue, strategisch wichtige Phase: Das kommende Agrarbudget der EU bietet Chancen, wenn Interessen gebündelt und frühzeitig in regionale Planungen eingebracht werden.