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Genuss & Trends

SehnenSucht serviert (mit) Herz und Hirn

Im Gleis//Garten begeisterte das Trio von SehnenSucht mit einem mutigen Konzept: nachhaltiger Fleischgenuss von Kopf bis Fuß. Francisca Tan, Markus Lichtenegger und Max Wiesner setzen bewusst auf Innereien, Fett und so manche „unbeliebte“ Stücke – kreativ serviert als Zunge mit Karpfencreme, gebratenes Herz oder knusprige Sehnen-Chips. Ihr Ziel? Echten Geschmack erlebbar machen und dabei Ressourcen schonen. Ob ihr Ansatz in Wien so gut ankommt, erzählen sie im Kurzinterview.

Zwei Bars, ein Café, acht Gastronomen unterschiedlichster kulinarischer Richtungen – Ramen, BBQ und Italienisch – und jeweils ein Local Hero sorgen im Gleis//Garten für kulinarische Highlights aus der ganzen Welt.

Mitten in Wien, nur 15 Minuten vom Westbahnhof entfernt, hat sich dieser Genusstempel etabliert, der das Besondere bietet. Für Gäste, aber auch für innovative Gastronomen, denn die Gründer von Gleis//Garten stellen regelmäßig ein Pop-up zur Verfügung. Junge Gastronomen, die ihr Konzept vorstellen möchten, können sich jederzeit im Gleis//Garten melden. Derzeit liefert das nachhaltige Start-up SehnenSucht wunderbare und vor allem nachhaltige Fleischkreationen mit Hirn, Herz, Leber, Niere und Co. SehnenSucht, das sind drei Freunde aus Bad Goisern, Wien und dem Wischathal, Francisca Tan, Markus Lichtenegger und Max Wiesner, die einander von einem Schlachtkurs beim Vater von Letztgenanntem kennengelernt haben: dem Mangalitzazampano Christoph Wiesner (www.wiesnerbauer.at).

Diese „Herkunft“ können die drei nicht leugnen. Sollen und wollen sie auch nicht. Bodenständiger Geschmack, keine Angst vor Fett und schon gar nicht vor Teilen, die heutzutage (fast) überall anders nicht unbedingt auf dem Teller landen, leider. Auf der Speisekarte liest man Gerichte, wie „Zunge & Teich“, das sind dünne Scheiben Rindszunge mit einer Creme von Karpfenkarkassen. Kurz gebratenes Rinderherz „Heart of Fire“ oder Brain-Fried Rice, also gebratener Reis mit Hirn. Und ja, es gibt auch Sehnen. Genau genommen krosse Chips von der schweinischen Achillessehne.

„Durch unseren Nose-to-Tail– sowie Leaf-to-Root-Ansatz setzen wir auf die vollständige Nutzung von Tieren und Pflanzen und verwandeln diese in genussvolle Köstlichkeiten“, so das Trio Markus, Francisca und Max. Und man höre und staune: Die Innereien kommen richtig gut an, auch bei jener urbanen Filet-Klientel, die im Normalfall in der Fleischtheke nicht zu Hirn und Herz greift.

Das gemeinsame Restaurant, das ebenfalls den Namen „SehnenSucht“ tragen wird, ist – so hört man – bereits beschlossene Sache. Und wenn die drei dann so weitermachen, wie sie im Gleis//Garten angefangen haben, dann ist es genau das, was Wien gefehlt hat: ein Innereien-Hotspot, der den nachhaltigen Fleischkonsum endlich wieder aufleben lässt.

Der Innereien-Trend macht uns hier in der Fleisch & Co-Redaktion natürlich Freude, daher haben wir das Trio zu einem Kurzinterview gebeten.

Mitten in Wien, nur 15 Minuten vom Westbahnhof entfernt, hat sich der Genusstempel Gleis//Garten etabliert. © Ivan Avdieienko

Fleisch & Co: Woher beziehen Sie Ihr Fleisch? Mit welchem Betrieb wird hier zusammengearbeitet?

SehnenSucht: Den Großteil des Rind- und Schweinefleischs beziehen wir von vertrauensvoll erscheinenden Betrieben, gerne etwa von Hütthaler Hofkultur. Wir kaufen außerdem bei befreundeten, kleinen lokalen Bauern ein und besuchen fast täglich Märkte in Wien. Besonders oft sind wir auf dem Brunnenmarkt anzutreffen, wo viele Stände von Menschen betrieben werden, deren Kultur einen besonders engen und bodenständigen Bezug zu unseren verwendeten Produkten wie Kutteln, Zungen, Lammköpfe und Sehnen hat. Das wichtigste Kriterium für uns ist letztlich Authentizität und ein Gespür für das, was wirklich zählt. Uns sind „einfache“ Gemüsebauern, wie wir sie aus dem Weinviertel kennen, am liebsten. Höfe, die ihr Handwerk mit Leidenschaft und Sorgfalt ausüben und ihrer handwerklichen Überzeugung treu bleiben.

Fleisch & Co: Was ist Ihnen außerdem wichtig bei Ihrem Fleischeinkauf

SehnenSucht: Wenn es die Umstände erlauben, bevorzugen wir Tiere, die man zumindest einmal lebend gesehen hat. Da das bei der Menge und Spezialisierung, die wir hier haben, nicht immer möglich ist, gilt für uns: Bei Geflügel, Fisch und Innereien entscheidet absolute Frische, während Schaf- und Rindfleisch eine gewisse Reife haben sollten. Besonders gerne verarbeiten wir auch das oft „unterschätzte“ Fleisch, das der klassische Konsument als „älteres Tier“ kritisch sieht – denn es entfaltet in erfahrenen Händen ein Aroma und eine Tiefe, die ihm selten zugeschrieben werden.

Fleisch & Co: Welche Tipps haben Sie für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Fleischereibetrieben?

SehnenSucht: Siegel, Labels und Zertifikate sind vielleicht für Endkonsumenten wichtig. Als Gastronomen merken wir aber immer wieder, dass wir in der Bewertung von Qualität stark auf unsere Sensorik vertrauen, um mit geschultem Auge unseren Sinnen die Wahl zu überlassen. Durch unsere Vorliebe für Innereien sind wir daher immer gerne bei Fleischereien gesehen, die ohnehin gesunde Tiere schlachten, was direkt in Gustostückerln wie Leber, Lunge, Niere und Milz sichtbar wird.

Fleisch & Co: Welche Erfahrungen haben Sie mit der Kundschaft gemacht, wie kommen Innereien an

SehnenSucht: Viele der Kunden rümpfen nach wie vor die Nase, die Hemmschwelle ist gefühlt sehr hoch. Bei Liebhabern und kulinarisch Neugierigen ist jedoch die Wertschätzung umso größer. Wir bekommen regelmäßig Feedback, wie toll unsere Speisen schmecken, und Zuspruch, dass es mehr Konzepte als unsere braucht. Häufig entstehen angeregte Gespräche – von Rezeptideen bis hin zu persönlichen Kindheitserinnerungen.

Fleisch & Co – die österreichische Fleischerzeitung

Das Fachmagazin für Fleischer, Fleischindustrie und fleischverarbeitende Direktvermarkter bietet Fachinformationen von der Erzeugung über die Verarbeitung bis zur Vermarktung von Fleisch und Fleischprodukten. Haben Sie interessante Themen für die Branche? Wollen Sie Kooperationspartner werden? Dann melden Sie sich bei uns.

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