
Eine rein pflanzliche Ernährung gilt vielen als gesunde, nachhaltige Alternative. Doch immer mehr Studien deuten darauf hin, dass sie nicht in jedem Fall alle gesundheitlichen Bedürfnisse ausreichend abdeckt. Eine aktuelle Untersuchung aus Neuseeland, veröffentlicht im Fachjournal PLOS ONE, zeigt nun: Viele vegan lebende Menschen nehmen zwar genügend Gesamtprotein zu sich – doch bei bestimmten essenziellen Aminosäuren bleibt ihre Ernährung deutlich hinter den Empfehlungen zurück.
Proteinmenge ja – Qualität nein
Untersucht wurden 193 Personen, die seit mindestens zwei Jahren vegan leben. Sie führten über vier Tage Ernährungstagebuch, das anschließend ausgewertet wurde. Ergebnis: Rund 75 % der Teilnehmer:innen erreichten die empfohlene Gesamtproteinmenge. Doch bei genauerer Analyse zeigte sich, dass es vor allem bei Lysin und Leucin – zwei lebenswichtigen Aminosäuren für Muskelaufbau, Immunsystem und Stoffwechsel – an ausreichender Versorgung mangelte. Nur etwa die Hälfte der Teilnehmenden erreichte die empfohlenen Referenzwerte. Der Grund dafür liegt in der Qualität pflanzlicher Proteine: Zwar liefern auch Pflanzen Eiweiß, aber oft in ungünstiger Zusammensetzung. Während tierische Produkte wie Fleisch oder Eier alle essenziellen Aminosäuren in gut verwertbarer Form enthalten, fällt die sogenannte Bioverfügbarkeit pflanzlicher Proteine deutlich geringer aus. So kann der Körper Protein aus Eiern zu nahezu 100 % aufnehmen, bei Weizenprotein sind es laut Studie nur rund 59 %.
Kritik an Methodik – und dennoch relevant
Die Autor:innen der Studie weisen selbst auf Schwächen hin: Der Beobachtungszeitraum war mit vier Tagen kurz, und es wurden keine Blutwerte zur Absicherung der Ergebnisse herangezogen. Dennoch liefert die Arbeit einen wichtigen Beitrag zur laufenden Debatte über die tatsächliche gesundheitliche Ausgewogenheit veganer Ernährung. Denn die zentrale Botschaft lautet: Wer sich pflanzenbasiert ernährt, muss besonders genau auf die Zusammensetzung seiner Mahlzeiten achten – und ist unter Umständen auf Nahrungsergänzung oder stark verarbeitete Ersatzprodukte angewiesen, um den Bedarf zu decken.
Gesunder Fleischkonsum als Teil einer ausgewogenen Ernährung
Vor diesem Hintergrund rücken klassische, ausgewogene Ernährungsweisen mit moderatem Fleischkonsum wieder verstärkt in den Fokus. Denn hochwertiges Fleisch liefert – im Gegensatz zu vielen pflanzlichen Produkten – alle essenziellen Aminosäuren in idealer Kombination und Verwertbarkeit. Auch Studien der Weltgesundheitsorganisation zeigen, dass ein maßvoller Konsum von magerem Fleisch Bestandteil einer gesunden Mischkost sein kann. Wer auf Fleisch verzichtet, muss Alternativen klug kombinieren – etwa Hülsenfrüchte mit Getreide –, um eine ausreichende Eiweißqualität zu erreichen. Doch das ist in der Praxis nicht immer einfach. Die neue Studie ist kein Freibrief für übermäßigen Fleischkonsum – aber ein klarer Hinweis darauf, dass tierische Produkte nach wie vor eine wertvolle Rolle in der menschlichen Ernährung spielen können. Vegan lebende Menschen müssen sich intensiv mit Nährstoffversorgung auseinandersetzen. Ein bewusster, nachhaltiger Fleischkonsum kann hingegen helfen, Mangelerscheinungen vorzubeugen – und das ganz ohne Supplemente oder hochverarbeitete Ersatzprodukte.