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Landwirtschaft & Umwelt

ASP: Eine Seuche im Vormarsch

Die Afrikanische Schweinepest breitet sich seit mehreren Jahren in Europa aus. Professorin Andrea Ladinig ist die Leiterin der Universitätsklinik für Schweine an der Vetmeduni Vienna und gab uns einen Überblick über die Erkrankung und die derzeitige Situation in Österreich.

Afrikanische Schweinepest, hervorgerufen durch ein DNA-Virus, hat ihren Ursprung – wie der Name vermuten lässt – in Afrika. „In Afrika wird das Virus von in Europa nicht heimischen Zecken auf die dort wildlebenden Schweine, also Warzen- und Buschschweine, übertragen. Die dort beheimateten Tiere zeigen aber keine klinischen Symptome infolge der Infektion“, erklärt Dr. Ladinig einführend und fährt fort: „Deswegen verursacht die Erkrankung bei den wild lebenden afrikanischen Schweinen auch keine Probleme – ganz im Gegensatz zu den europäischen Wild– und Hausschweinen, bei denen das Virus zu fast 100 Prozent letal ist.“

ASP: Wie kam das Virus nach Europa?

Auf diese Frage antwortet die Tierärztin: „Bereits in den 1950er- und 60er-Jahren wurde das Virus nach Europa eingeschleppt, betroffen waren vor allem Spanien und Sardinien. In Sardinien blieb das Virus dann in der Wildschweinpopulation endemisch, wohingegen es in den anderen europäischen Ländern wieder eliminiert werden konnte. Im Jahr 2007 gelangte die Afrikanische Schweinepest dann schließlich über kontaminierte Speiseabfälle eines Schiffs nach Georgien und folgend nach Russland. Von dort verbreitete sich das Virus weiter, bis es 2014 dann mit Litauen, Polen, Estland und Lettland schließlich auch in der EU ankam. Seither wandert die Seuche immer weiter von Ost nach West.“

Bisher gab es in Österreich weder bei den etwa 2,8 Millionen Hausschweinen noch in der zahlenmäßig unbekannten, aber aufgrund der Klimaerwärmung stark wachsenden Wildschweinpopulation einen ASP-Fall. Ein brisantes Thema ist die Virusübertragung: „Das Virus kann im Fleisch infizierter Tiere extrem lange infektiös bleiben“, so Dr. Ladinig, „und der Faktor Mensch spielt bei der Übertragung eine immer größere Rolle.“ Kontaminierte Speiseabfälle gelangen in die Umwelt und werden in weiterer Folge von Wildschweinen verzehrt, welche sich so infizieren. Über infiziertes Fleisch kann das Virus viel schneller größere Distanzen überwinden – verglichen mit der Übertragung durch den direkten Kontakt zwischen Schweinen. In Rumänien gibt es beispielsweise zurzeit sowohl bei Wild- als auch Hausschweinen viele Fälle von Afrikanischer Schweinepest; die Fütterung von Speiseabfällen ist gängig, die Tiere aus betroffenen Beständen werden unter Umständen noch geschlachtet und verarbeitet.

ASP in Deutschland

Der illegale Import von Fleischwaren aus Rumänien ist ein Problem, denn so kann das Virus Sprünge von vielen Hunderten Kilometern machen. Vor Kurzem gab es auch im westlichen Deutschland einen von der Erkrankung betroffenen Schweinebetrieb. Auch in diesem Fall gilt es als ziemlich wahrscheinlich, dass das Virus vom Menschen über Speiseabfälle eingetragen wurde. In Deutschland tritt die ASP seit September 2020 auf, allerdings im Osten, von wo sich die Erkrankung durch die Wanderung der Wildschweine langsam ausbreitet, aber sind das nur ein paar Kilometer pro Jahr. Immer, wenn große Distanzen überwunden werden, ist klar, dass der Mensch der Überträger ist.

Hausschweine können sich auch bei infizierten Wildschweinen anstecken – dazu die Expertin: „Wahrscheinlich wird das Virus bei diesem Übertragungsweg hauptsächlich durch direkten Kontakt weitergegeben, aber auch die indirekte Infektion durch blutsaugende Insekten oder Nagetiere ist nicht ganz ausgeschlossen. Schließlich gab es bereits Erkrankungen von rein indoor gehaltenen Schweinen aus Betrieben mit hohen Biosicherheitsmaßnahmen, wo der Mensch als Überträger nicht infrage kam, aber eine hohe Dichte an infizierten Wildschweinen in der Umgebung gemeldet wurde.“

Andrea Landinig
Andrea Landinig, Veterinärmedizinerin mit Diplom im Fach Schweinemedizin, leitet seit fünf Jahren die Uniklinik für Schweine.
© Beigestellt

Menschen nicht betroffen

Im Hinblick auf die Biosicherheitsmaßnahmen erklärt Dr. Ladinig, dass diese in der Schweinegesundheitsverordnung genau geregelt sind. „Jeder Schweinebetrieb braucht eine tierärztliche Betreuung, somit soll sichergestellt werden, dass bei Seuchenverdacht dementsprechende Untersuchungen eingeleitet werden. Außerdem werden Maßnahmen vorgeschrieben, die den Eintrag von Seuchen, im Speziellen ASP, verhindern sollen. Ein Beispiel hierfür ist die doppelte Umzäunung bei Betrieben mit Freilandhaltung, die amtlich geprüft und genehmigt werden muss.“ Die Letalität der Erkrankung für Haus- und Wildschwein liegt bei nahezu 100 Prozent. Ausführlicher zu den klinischen Symptomen weiß Dr. Ladinig: „Das Virus ist ausschließlich für Schweine pathogen, Menschen und andere Tierarten sind nicht betroffen. Infizierte Tiere zeigen Fieber, Lethargie und Blutungen und sterben innerhalb weniger Tage. Das Virus ist nicht besonders infektiös, das heißt, dass der Bestand nicht auf einmal explosionsartig erkrankt, sondern nach und nach einzelne Tiere betroffen sind.“

Diagnostik mittels PCR

Die Untersuchung auf die Afrikanische Schweinepest wird in Österreich im Labor der AGES in Mödling durchgeführt. Die Vetmed-Klinikleiterin geht dazu ins Detail: „Diagnostiziert wird das Virus mittels PCR aus Probenmaterial, das das Virus enthält. Das kann Blut, aber auch Organmaterial sein; meist wird der gesamte Schweinekörper zur Untersuchung eingeschickt. Hat ein Tierarzt die Vermutung, dass ein Tier an der Afrikanischen Schweinepest erkrankt oder verendet ist, muss der Amtstierarzt eingeschaltet werden. Es gibt die Möglichkeit, eine sogenannte Ausschlussdiagnostik zu machen, um auf Nummer sicher zu gehen. Wenn der klinische Verdacht allerdings sehr hoch ist, kann auch gleich der Seuchenverdacht ausgesprochen werden, der eine sofortige Betriebssperre nach sich zieht. Auch Wildschweine stehen unter stetiger Kontrolle: Jedes tot aufgefundene Wildschwein wird auf das Virus untersucht. Auch hier muss der Amtstierarzt informiert werden, um das verendete Tier adäquat zu sichern und den Fall zu dokumentieren.“ Was würde denn nun im Falle eines positiven Nachweises der Afrikanischen Schweinepest in Österreich passieren? „Tritt die Afrikanische Schweinepest in einem landwirtschaftlichen Betrieb auf, ist das für den betroffenen Landwirt katastrophal, weil alle Schweine des Bestands gekeult werden müssen“, erklärt die Tierärztin, betont aber: „Vom Gesichtspunkt der Seucheneindämmung wäre dieser Fall dennoch viel einfacher zu managen, als wenn Wildschweine erkranken würden. Mit der Keulung der Schweine und der Dekontamination des Betriebs hat die Infektionskette ein totes Ende. Sind allerdings Wildschweine infiziert, wird die Seucheneindämmung um einiges schwieriger.“

Tschechien war erfolgreich gegen ASP

Dr. Ladinig verweist an dieser Stelle auf eine Erfolgsstory: „Tschechien hat es als erstes Land geschafft, die Wildschweinpopulation wieder frei von der Afrikanischen Schweinepest zu bekommen – das ist eine Erfolgsgeschichte, auf die ganz Europa schaut. Nach dem Ausbruch wurden betroffene Zonen eingezäunt, die Kernzone wurde anfangs komplett in Ruhe gelassen, später wurden Wildschweine ganz gezielt durch Scharfschützen getötet. Es ist unglaublich wichtig, in so einem Fall keine Unruhe bei den Wildschweinen auszulösen, denn unruhige Wildschweine flüchten und verbreiten das Virus somit schneller. In den Puffer- und Überwachungszonen rundherum wurde die Population stark reduziert. Im Normalfall ist das Virus aber kaum mehr aus der Wildschweinpopulation zu kriegen.“ Bezüglich der wirtschaftlichen Folgen sagt die Tierärztin: „Gibt es einen Fall von Afrikanischer Schweinepest in Österreich, treten jedenfalls sofort Handels- und Verbringungseinschränkungen für gewisse Zonen in Kraft , egal, ob ein Haus- oder Wildschwein betroffen ist. Drittländer, etwa der heiß umkämfte chinesische Markt, können in der Folge den Import von Schweinefleisch einstellen. Insgesamt bedeutet es große wirtschaftliche Konsequenzen.“ Warum die wild lebenden Schweine in Afrika nicht an der Seuche erkranken, ist weitestgehend unbekannt. Eine Impfung ist (noch) nicht in Sicht. „Das Virus ist ein sehr komplexes, großes DNA-Virus mit hoher Variabilität – wir wissen noch nicht, welche von den Hunderten möglichen viralen Proteinen immunogen und protektiv sind. Ein Lebendimpfstoff wäre definitiv zu gefährlich – das Risiko, dass das attenuierte Virus im Impfstoff wieder mutiert, ist zu hoch. Die Hauptzielgruppe für die Impfung wäre zudem die Wildschweinpopulation; das heißt, es müsste auch eine Möglichkeit gefunden werden, den Impfstoff in die Wildschweine zu bekommen, über Schluckköder beispielsweise. Ich denke, die Impfung wird in der nahen Zukunft nicht kommen, dafür wissen wir zu wenig über das Virus“, führt die Spezialistin aus.

Fazit

Abschließend betont Dr. Ladinig: „Alle in der Bevölkerung sollten sich der Gefahr der Afrikanischen Schweinepest bewusst sein. Wann immer ein totes Wildschwein gefunden wird, sollten sofort die Jägerschaft und der Amtstierarzt verständigt werden. Je schneller wir das Virus finden, desto besser sind unsere Chancen, die weitere Verbreitung eindämmen zu können. Die Seuche wird mit großer Sicherheit auch nach Österreich kommen – es könnte täglich passieren.“

Autorin: Elisabeth Reinbacher

Dieser Artikel ist erstmals im VET-Journal 7-8/22 erschienen.

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