
Handwerkliche Fleischereien sind selten geworden in Österreich. Die letzten Jahrzehnte haben einen Kahlschlag unter einer ehemals ebenso zahlreichen wie traditionellen Branche verursacht. Waren es in den 50er- und 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts noch mehr als 6.000 Fleischerbetriebe in der Alpenrepublik, so sind es heute keine 1.000 produzierenden Unternehmen mehr. Ganze Bezirke in Wien haben schon seit 30 Jahren keinen Fleischer mehr, viele Regionen in den Bundesländern müssen schon lange auf Fachgeschäfte verzichten.
Metzgerei Bachinger entsteht
Da geht es den Menschen in Ort im Innkreis in Oberösterreich seit 2021 deutlich besser. Denn hier hat sich die Familie Bachinger vor fünf Jahren dazu entschlossen, eine vollkommen neue (!) Fleischerei zu errichten. Einen Betrieb, der alle Stückeln spielt im wahrsten Sinn des Wortes und bis auf einen Teilbereich alles abdeckt, was eine Fleischerei von heute bieten kann. Verzichtet wurde auf die Eigenschlachtung. Die konnten und wollten die Bachingers auch nicht implementieren, weil man mit dem Betrieb in eine Siedlung von Einfamilienhäusern gegangen ist, in der quietschende Schweine und brüllende Rinder in der heutigen Zeit sicher keine positive Werbung für das Unternehmen dargestellt hätten.
Vater und Sohn als Initiatoren
Seniorchef Bruno Bachinger ist gelernter Fleischer, der seine Lehre einst bei der Fleischerei Habl in Aurolzmünster absolviert hat, bei der ehemaligen Fleischerei Gassner in Reichersberg gearbeitet hat und danach als Partieführer eine Truppe an Lohnausbeinern selbstständig leitete. Man stellte seine Dienste verschiedenen Schlachthöfen und Zerlegebetrieben zur Verfügung und verdiente gutes Geld damit.
Sohn Philipp hat eine Bilderbuchkarriere hinter sich: Lehre bei der Fleischerei Gassner in Reichersberg, die 2020 für immer ihre Pforten geschlossen hat; Lehrabschlussprüfung, die Meisterprüfung und die Unternehmerprüfung jeweils mit Auszeichnung bestanden. Und 2015 winkte der zweite Platz beim Bundeslehrlingswe!bewerb.
Die beiden setzten sich also 2019 mit Seniorchefin Sonja Bachinger zusammen und beschlossen, gemeinsam ihren Traum zu verwirklichen und die Herausforderung anzunehmen. Ein perfekter Businessplan wurde erstellt, das geeignete Grundstück an einer frequentierten Straße in einer Gemeinde ohne Fleischerei war auch bald gefunden. Die Wahl fiel auf Ort im Innkreis, mit einem Standort nahe an einer Autobahnauffahrt.
Was dem Trio besonders wichtig war: Platz für Parkplätze war ebenso genug vorhanden wie für die Errichtung einer handwerklichen Fleischerei samt Fachgeschäft. Am 1. März 2021 war es nach einer rund zwölfmonatigen Bauzeit schließlich so weit, der neue Betrieb und das neue Fachgeschäft wurde eröffnet (Fleisch & Co hat berichtet). Die Produktion weist eine Betriebsfläche von 450 Quadratmetern auf, dazu kommen 100 Quadratmeter Geschäft und, ganz wichtig, 25 Parkplätze vor und neben dem Gebäude.
Früh auf Social Media
Bereits im Oktober 2020 erfolgte der erste Facebook-Post der Metzgerei Bachinger. Hier wurden stolz die Pläne des Betriebs gezeigt. Das Ergebnis: weit über 300 Likes und mehr als 60 Kommentare. Zudem wurde der Post über 200-mal geteilt – damit konnte die Metzgerei nicht nur im Vorfeld für viel Interesse sorgen, sondern auch die damals neue Facebook-Seite vom Start weg sehr gut etablieren.
Regionale Partnerschaften
Das Rohmaterial für die mehr als 100 verschiedenen Spezialitäten wird bei regionalen Schlachthöfen besorgt. Wobei Bruno und Philipp Bachinger großen Wert darauf legen, dass sowohl die Schweine als auch die Rinder und Kälber ausschließlich von Partnerbauern stammen, die im Umkreis von fünf Kilometern – laut den Informationen auf ihrer Homepage – gelegen sind.
mit guter Maschinenausrüstung. Bruno (r.) und Philipp Bachinger in der Kutterei mit ihrem Laska-Kutter.© HaRo
Die Tiere werden dann von den Schlachthöfen Feköhrer und Dachs geschlachtet. Dazu Bruno Bachinger: „Eigentlich wollten wir unbedingt selber schlachten. Doch unser Standort in einer Siedlung lässt das nicht zu. Daher haben wir schweren Herzens darauf verzichtet, weil dieser Standort sonst einfach ideal gelegen ist.“
Rund 20 Schweine, zwei Rinder und ein Kalb werden wöchentlich verarbeitet. Daraus stellen die Bachingers eine unglaublich hohe Zahl an Spezialitäten her. Allein beim Schinken bekommen die Kunden rund 20 Sorten – zum Beispiel Rauch, Krusten, Kürbiskern, Knoblauch, Sesam, Kümmel und so weiter – angeboten, manche davon natürlich nur saisonal. Vom Leberkäse gibt es sechst Sorten: klassisch, Käse, Pizza, Röstzwiebeln, Chili, Schinken.
Traditionell stark in dieser Region ist auch das Würstelsortiment mit Frankfurtern, Debrezinern, Bratwürsteln, Käsekrainern, Weißwürsten oder Knackern. Aber auch regionale Klassiker wie frittierte Leberknödel oder Innviertler Kübelspeck, auch dürfen Rohwürste wie Hauswürstel, Salami, Kantwurst, Pfefferbeißer nicht fehlen.
Beim Rindfleisch setzen die Bachingers auf Kalbinnen und Ochsen und die Knochenreifung. Im Dry Ager dürfen die Steaks und Edelteile bis zu sechs Wochen reifen, ehe sie verkauft werden. Täglich werden für die Feinschmecker frische Menüs angeboten, das Zusatzsortiment wird in der Region produziert, sofern es geht.
Nachhaltiger Ladenbau
Die Ladenläche beträgt genau 103 Quadratmeter. Als Partner für die Geschäftsplanung und Einrichtung entschieden sich die Bachingers für Ladenbauprofi Aichinger. Die Gebietsverkaufsleiter Andreas Raab und Aichinger-Objektplaner Bernhard Halbartschlager planten und realisierten gemeinsam mit der Familie Bachinger und den Professionisten vor Ort ein wahres Traumgeschäft. Aichinger verantwortet die Planung, den Entwurf und die Lieferung der Theke, die Möblierung, die Rückwand, die Edelstahlmöbel und den Kochbereich, die Gestaltung sowie Bestuhlung des Ladens. Die Thekenanlage ist fünf Meter lang. Verbaut wurde das Modell Sirius3, dazu ein Meter Sirius für die Heiße Theke sowie eine Sirius für die Ausgabe.
Darüber hinaus hat die Fleischerei Bachinger im Jahr 2023 auch in eine eigene Photovoltaikanlage investiert und stellt damit rund ein Drittel des benötigten Stroms selbst her. Über die „deutliche Kosteneinsparung“ zeigen sich die Bachingers erfreut.
Rundum glücklich
Philipp Bachinger hat es bis heute keine Sekunde lang bereut, diesen mutigen Schritt in die Zukunft gesetzt zu haben, auch wenn es sich um eine für einen Handwerksbetrieb riesige Investition gehandelt hat: „Uns war bewusst, dass wir hier ein stattliches Risiko eingehen. Doch im dritten Bestandsjahr unserer Familienfleischerei kann ich mit Fug und Recht sagen: Es hat sich vollkommen ausgezahlt. Das Geschäft läuft sensationell, die Kunden sind begeistert und werden laufend mehr. In Wahrheit ist unser Produktionsbereich schon fast zu klein.“ Mutter Sonja ergänzt: „Wir stehen jeden Tag von Montag bis Samstag mit großer Begeisterung im Geschäft. Selbst meine Mutter Mathilde ist so gut wie jeden Tag im Team dabei.“
Bleibt uns nur noch, der Familie Bachinger weiter so viel Freude an der Fleischerei zu wünschen und für die begeisterten Kunden zu hoffen, dass es noch lange so weitergehen wird.
Metzgerei Bachinger – 4974 Ort in Innkreis 155
Eröffnung: März 2021
Öffnungszeiten: 6.45–18.00 Uhr, Samstag: 7.00–12.00 Uhr
Autor: HaRo