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Raimund Plautz – Aus der Innung: über das Verschwinden der mittelständischen Beriebe

Kommentar des Bundesinnungsmeisters der Fleischer & Fleischermeister.

Die IFFA war ein Highlight. Internationale Aussteller, starke Innovationen, volle Hallen – die Branche hat gezeigt, was sie kann. Man hat gespürt: Weltweit wird investiert, entwickelt, gestaltet. Der Optimismus war greifbar, die Branche lebt, und sie lebt gut – überall, nur nicht bei uns in Österreich. Denn während international die Räder laufen, kämpfen unsere Betriebe ums Überleben. Wir verlieren Betrieb um Betrieb – besonders die mittelständischen Arbeitgeberbetriebe verschwinden.

Österreich – wirtschaftlich abgehängt?

Die letzten Jahre haben uns wirtschaftlich zugesetzt wie nie zuvor. Wir sind im dritten Jahr in Folge in der Rezession. Dennoch wurden Löhne, Pensionen und Beamtengehälter nahezu zu 100 Prozent an die Inflation angepasst. Das mag aus sozialpolitischer Sicht verständlich sein – aber wer denkt an die Betriebe, die das stemmen sollen? Wer denkt an jene, die investieren, ausbilden, versorgen?
Die Realität in unseren Betrieben sieht nämlich alles andere als gut aus: Wir haben seit zwei, teils drei Jahren kein Geld mehr verdient. Und trotzdem steigen die Personalkosten weiter – nirgendwo in Europa sind die Löhne so hoch wie bei uns. Und dann lesen wir in der Zeitung: „Österreicher können sich das Leben nicht mehr leisten.“ Die Lebensmittel seien zu teuer. Das mag stimmen – aber keiner fragt, warum.

Wo bleibt die Politik?

Hinzu kommt die schleichende Monopolisierung der letzten 40 Jahre – im Lebensmitteleinzelhandel wie in der Produktion. Am Ende bleiben nur noch wenige große Player. Und das hat Folgen: für die Vielfalt. Für die Preise. Für die Verhandlungsposition.
Wenn wir jetzt nicht gegensteuern, verlieren wir mehr als nur Betriebe. Dann verlieren wir Strukturen, Regionen, Perspektiven. Die Politik muss endlich erkennen, wie dramatisch die Lage wirklich ist. Es braucht keine kosmetischen Maßnahmen, sondern eine klare Richtungsänderung – damit unsere Branche, damit die gesamte Wirtschaft in Österreich wieder atmen kann.
Denn es ist nicht nur für uns eng. Es ist für ganz Österreich eng. Ich war immer ein Optimist. Und ich habe oft gesagt: „Wir schaffen das schon.“ Aber in der aktuellen Lage, mit dieser Perspektivlosigkeit, fällt selbst mir der Zweckoptimismus schwer.
Was wir jetzt brauchen, sind keine Durchhalteparolen – sondern echte Entlastung, echte Reformen, echte Unterstützung. Sonst bleibt von der vielzitierten Vielfalt bald nur noch eine Schlagzeile im Archiv.

Lohnverhandlungen werden herausfordernd.

Ich sage es offen: Die Lohnkosten in Österreich sind nicht mehr tragbar. Wir sind europäischer Spitzenreiter – aber nicht bei der Wettbewerbsfähigkeit, sondern bei den Belastungen. Und das bei gleichzeitig steigender Konsumentenzurückhaltung. Das passt vorn und hinten nicht mehr zusammen. Angesichts dieser gefährlichen Entwicklung kann ich nur sagen: Die kommenden Lohnverhandlungen werden herausfordernd. Die Stimmung in der Branche ist angespannt. Es braucht den Schulterschluss. Und es braucht kluge politische Entscheidungen.
Für unsere Betriebe. Für unsere Mitarbeiter. Für ein Österreich mit Zukunft.

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