Die Landwirtschaft müsse in den nächsten Jahrzehnten eine wachsende Weltbevölkerung ernähren, zusätzlich steige die Nachfrage nach tierischem Eiweiß, so die Forscher. Dabei sollten gleichzeitig Umweltschäden durch verstärkte Freisetzung von Stickstoffverbindungen und Treibhausgase reduziert werden. Deshalb seien Veränderungen und Neuerungen nötig. Ziel der Arbeit war es, auf Basis existierender Entwürfe und Designstudien bereits frühzeitig auf mögliche Hindernisse und Nebenwirkungen hinzuweisen, erklärte Winiwarter.
„Es gibt keine Wunderwaffe, mit der man die Umweltschäden durch die Landwirtschaft aus der Welt zaubern kann“, so Winiwarter, der am Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien forscht. Stattdessen müsse man die einzelnen Optionen genau prüfen und ihre möglichen negativen wie positiven Effekte abschätzen.
Manche dieser Möglichkeiten wären simpel und rasch umzusetzen, andere gelten als radikal und bräuchten größere Umstellungen, so die Forscher. Eine solche fundamentale Änderung wäre etwa die Entwicklung einer „vertikalen Landwirtschaft“, deren Nutzflächen in Hochhäusern liegen und damit auf engstem Raum eine große Zahl von Menschen versorgen. „Wir haben abgeschätzt, dass es auf den leer stehenden Flächen von Wien durchaus möglich wäre, auf diese Art die Bevölkerung der ganzen Stadt zu ernähren“, sagte Winiwarter. Das entscheidende Hindernis wäre aber die Versorgung der Pflanzen mit Licht, da das verfügbare Sonnenlicht dafür bei weitem nicht ausreicht. Pflanzlampen benötigen jedoch Unmengen an Energie, die erst verfügbar gemacht werden müsste.
Auch gentechnisch veränderte Pflanzen werden als Möglichkeit diskutiert, Treibhausgasemissionen zu verringern. Feldfrüchte könnten genetisch so optimiert werden, dass sie Stickstoffdünger wesentlich besser verwerten und dadurch weniger umweltschädliche Substanzen freigesetzt werden. Die Gentechnik könne also substanzielle Umweltvorteile bringen, meint Winiwarter. Global würden bereits heute mehr als zehn Prozent der landwirtschaftlichen Flächen mit gentechnisch modifizierten Früchten bepflanzt, doch vor allem in Europa und ganz speziell in Österreich sei man sehr skeptisch gegenüber der Gentechnik.
Neue Entwicklungen gäbe es auch zur Herstellung von Fleisch in Zellkulturen. Muskelzellen könnten in Kulturgefäßen kultiviert werden und die Fleischproduktion dadurch ohne die Aufzucht lebender Tiere auskommen. Dies würde die Treibhausgasemissionen verringern, Land und Wasser sparen und somit die Umweltbilanz des Fleischkonsums verbessern. Erforderlich wären jedoch wieder große Mengen Energie – und beträchtliche Entwicklungszeit, da bisher nur Laborversuche durchgeführt und die hygienischen Anforderungen noch überhaupt nicht betrachtet wurden, so Winiwarter.
Ein einfacherer Weg mit nicht unwesentlichen Auswirkungen wäre es, die Ernährungsgewohnheiten zu ändern. „Die Fleischproduktion erfordert eine zusätzliche Prozessstufe nach der Pflanzenproduktion, nämlich die Viehzucht, was zusätzliche Verluste und erhöhten Bedarf an Flächen und Energie bewirkt“, erklärte Winiwarter. Deshalb wirke es sich umweltmäßig positiv aus, weniger Fleisch zu konsumieren. Nebenbei wären auch gesundheitliche Vorteile zu erwarten.