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Tiroler Lebensmittelhandel: Herausforderungen in Energie, Personal und Teuerung

Der Lebensmittelhandel in Tirol steht vor vielfältigen Herausforderungen, darunter hohe Energiekosten, Personalengpässe und steigende Preise. Trotzdem konnte die Nahversorgung auf hohem Niveau aufrechterhalten werden. Die Branche fordert die Umsetzung des "Energiekostenzuschuss 2" und betont die Bedeutung von Innovationen sowie regionalen Produkten. Der Tourismus spielt eine entscheidende Rolle als Partner des Lebensmittelgroßhandels.

Corona, Lieferengpässe, unterbrochene Lieferketten, der Ukrainekrieg, Teuerung, hohe Energiepreise und die Auswirkungen des Klimawandels auf die Lebensmittelproduktion: Lebensmittelhandel und Konsument:innen stehen seit geraumer Zeit vor großen Herausforderungen.

„Dennoch konnte die Branche die Grundversorgung durchgehend aufrechterhalten“, so Stefan Mair, Obmann des Landesgremiums des Tiroler Lebensmittelhandels in der Wirtschaftskammer Tirol.

Tiroler Lebensmittelhandel meistert Herausforderungen in turbulenten Zeiten

Das Tiroler Landesgremium des Lebensmittelhandels zählt rund 1.450 Mitgliedsbetriebe mit cirka 15.000 Mitarbeiter:innen über alle Regionen Tirols. Die Unternehmen im Einzel- und Großhandel erbringen in Tirol eine jährliche Wertschöpfung von rund 1,35 Mrd. Euro und leisten damit einen hohen regionalwirtschaftlichen Beitrag. Im ersten Halbjahr 2023 verzeichnet der Tiroler Lebensmittelhandel im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zwar einen nominellen Umsatzzuwachs von 5,9 %, inflations- und preisbereinigt ergibt sich aber ein reales Konjunkturminus von -5,5 %.

Forderung nach „Energiekostenzuschuss 2“ zur Unterstützung von Unternehmen

Die allgemein gestiegenen Kosten, insbesondere für Energie, lasten schwer auf den Unternehmen und Konsument:innen. Das Landesgremium des Tiroler Lebensmittelhandels fordert einmal mehr die sofortige Umsetzung des „Energiekostenzuschuss 2“, der seit dem November 2022 immer wieder angekündigt wurde. „Während einige Betriebe ihre Energieeffizienz etwa mittels Photovoltaik, Neubauten in Passivhaus- und Holzhybridbauweise und dem Ausbau von alternativen Antriebsformen in der Logistik steigern, bleibt durch die Verzögerung des „Energiekostenzuschuss 2“ die Planungssicherheit für sie auf der Strecke.

Nahversorger: Lage stabil, aber angespannt

Dabei brauchen gerade die kleineren Nahversorgungsbetriebe in entlegenen, ländlichen Regionen dringend Planungssicherheit und Unterstützung. Laut einer aktuellen Erhebung des Landes Tirol blieb die Zahl der Nahversorger in den vergangenen drei Jahren stabil, in 61 der 277 Tiroler Gemeinden gibt es derzeit keinen Nahversorger. Die Grundversorgung ist damit zwar in den Tiroler Regionen gesichert.

„Die aktuellen Mehrbelastungen, vor allem durch die Energiekosten, lassen aber eine Ausdünnung der Nahversorgung befürchten. Umso dringlicher ist es, dass angekündigte Unterstützungen auch tatsächlich ankommen“, appelliert Mair.

Transport besonders im Großhandel eine Herausforderung

Auch der Lebensmittelgroßhandel steht vor ähnlichen Herausforderungen wie der Lebensmittel­einzelhandel, allen voran Teuerung, Lieferketten, Verfügbarkeiten, Logistikengpässen sowie Energie-, Rohstoff- und Transportkosten. Beim Transport spitzt sich zudem der Mangel an Lkw-Fahrer:innen immer weiter zu, mit entsprechenden Auswirkungen auf Lieferzeiten, Routenplanungen und Kosten.

„Die Zahl der Beschäftigten im Lebensmittelhandel ist im ersten Halbjahr 2023 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres gleichgeblieben. Jedoch werden derzeit vor allem Fachkräfte, insbesondere Lkw-Fahrer:innen und Verkaufspersonal, von der Branche gesucht“, so Lorenz Wedl, Obmann-Stellvertreter des Landesgremiums des Tiroler Lebensmittelhandels in der Wirtschaftskammer Tirol.

Tourismus als wichtiger Partner für die Lebensmittelbranche in Tirol

Nicht nur für öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser, Universitäten und Schulen stellt der Lebensmittelgroßhandel die Grundversorgung mit frischen Lebensmitteln verlässlich sicher, sondern auch für Tourismus und Gastronomie. Wedl: „Wir sind gut ins neue Jahr gestartet – erstmals seit längerem ohne Corona-Effekte. Die Sommersaison ist prinzipiell auch gut angelaufen.

Von Mai bis Ende August 2023 gab es in Tirol in der Sommersaison fast 17 Mio. Nächtigungen und damit sogar ein leichtes Plus gegenüber dem Vorkrisenniveau. Davon profitiert auch der Großhandel. Der Tourismus liefert einen wichtigen Beitrag für die Gesamtwertschöpfung des Tiroler Lebensmittelhandels. Zwar buchen Gäste vermehrt kurzfristig, was Prognosen erschwert, aber wenn das Wetter und die Rahmenbedingungen mitspielen, rechnen wir mit einem stabilen, guten Winter.“

Konsumverhalten: Nachhaltig, regional und bio weiter gefragt

Die Trends beim Konsumverhalten sind im Lebensmitteleinzel- und im -großhandel ähnlich: regionale und Bioprodukte sind gefragt, Zudem verzeichnet der Lebensmittelhandel schon seit längerem eine verstärkte Nachfrage nach Preiseinstiegsprodukten.

Regionale und lokale Produkte punkten vor allem mit Alleinstellungsmerkmalen und Qualität. Und gerade Gäste, die Urlaub in Tirol machen, wollen verstärkt ‚typische Tiroler Produkte‘ für ein authentisches Urlaubsgefühl. Für alle Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette liegt hier Potenzial“, weiß Wedl.

Ein weiterer Vorteil regionaler Produkte ist für Wedl, dass lange Lieferketten und Transportwege wegfallen, was Ressourcen spart und eine größere Flexibilität bei der Warenbeschaffung erlaubt, und heimische Erzeuger:innen und Produzent:innen unmittelbar von dieser regionalen Wertschöpfung profitieren.

Regionale Produkte und Innovationen im Fokus der Branche

Der Tiroler Lebensmittelhandel unterstützt traditionell Regionalität, heimische Produzenten und ihre Produkte und stärkt regionale Kreisläufe. Zwischen Landwirtschaft, gewerblichen Produzenten und Händlern sind starke Partnerschaften gewachsen, deren besonderer Wert sich gerade in den herausfordernden Zeiten der letzten drei Jahre immer wieder gezeigt hat.

„Lebensmittelgroß- und -einzelhandel sind stets bemüht, diese Partnerschaften zu vertiefen, zu fördern und auszubauen, zuletzt unter anderem mit dem ersten Tiroler Lebensmittelkongress, den wir heuer im Frühjahr gemeinsam mit der Agrarmarketing Tirol GmbH und unseren Partnern organisiert haben“, bestätigt Stefan Mair.

Tiroler Lebensmittelinnovationspreis

Besonders interessant und wichtig für die Lebensmittelbranche sind Neuentwicklungen und Innovationen mit klarem Alleinstellungsmerkmal, sowohl im Bereich Produkte als auch bei Produktion und Vertrieb. Das Landesgremium des Tiroler Lebensmittelhandels fördert solche Innovationen und die Unternehmer:innen dahinter aktiv.

Beispielsweise mit der Partnerschaft des Landesgremiums des Tiroler Lebensmittelhandels in der Wirtschaftskammer Tirol mit der Agrarmarketing Tirol GmbH beim Tiroler Lebensmittelinnovationspreis, der heuer am 4. Oktober erstmals vergeben wird.

„Dabei geht es uns darum, gezielt Marktpotenziale zu heben und Unternehmertum und vor allem Regionalität zu stärken. Wir freuen uns über rund 50 Einreichungen und fünf nominierte Projekte. Die Preisträger:innen bekommen mit ihren Produkten eine Listung im heimischen Handel“, so Mair.

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