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Fleischermeister Robert Buchberger: Einer der „letzten Wahnsinnigen”

Podcasts, Videos und ein Projekt in Thailand – nicht nur seine Präsenz macht Robert Buchberger zu einem der ungewöhnlichsten Fleischer des Landes. Vom beschaulichen Pöllau aus managt er acht (!) Filialen und sprüht auch 2024 vor Ideen. Fleisch & Co-Autor Roland Graf hat sie aufgezeichnet.

Das Gespräch mit Robert Buchberger beginnt, während der steirische Fleischer noch mit dem Lieferwagen unterwegs ist. Ein Catering vor Weihnachten steht damit an. Das ist „Chef-Sache“ wie so vieles beim 43-Jährigen, der allein mit seinen Filialen bereits mehr als ausgelastet wäre. Doch Buchberger – Eigendefinition: „Einer der letzten Wahnsinnigen“– ist ein Vordenker. Wie lässt sich sein Handwerk attraktivieren, lautet die Frage, die ihn beständig umtreibt. Seit er mit einer Vinyl-Produktion namens „Wurst-Platte“ Werbepreise einheimste, riss die Kette seiner ungewöhnlichen Ideen nicht ab. Darüber erzählt er Fleisch & Co, macht aber auch klar, dass die Social-Media-Aktivitäten weder Selbstzweck noch ein Ego-Trip sind. Dafür hat Buchberger zu wenig Zeit. Und doch bringt seine lautstarke und moderne Darstellung der Fleischerei Erfolge: „Aktuell bilden wir vier Lehrlinge aus. Und die sind stolz, ein Buchberger-Kapperl aufsetzen zu können.“

Wie es dazu kam und was der meinungsstarke Fleischer dieses Jahr so alles plant, lesen Sie im Interview.

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Fleisch & Co: Robert Buchberger, Sie kennen auch Leute in Deutschland, die Pöllau auf der Landkarte nicht finden würden: als Teil der SKY-Fernsehserie „Unser Hof – mit Cheyenne und Nino“. Wie kommt man als Fleischer zu Reality-TV-Ehren?

Robert Buchberger:Nino Sifkovits vom Chianina-Hof in Dobl ist nicht nur Lieferant unserer Fleischerei, sondern auch ein guter Freund von mir geworden. Und für ein Fest am Hof haben wir einen Event für Food Blogger und Influencer gemacht, bei dem ich mit dem Foodtruck das Catering gemacht habe – mit Käsekrainern und Hotdogs. Das kam bestens an. Und die Serie selbst wurde erst vor Kurzem als erfolgreichste Produktion bei SKY ausgezeichnet.“

Fleisch & Co: Die TV-Serie ist aber nicht der einzige „ungewöhnliche“ Kanal, es gibt sie auch im selbst erstellten Podcast „Wurstgeflüster“ und mit Videos im Internet unter dem Label „Beef TV“…

Robert Buchberger: „Da ist sogar noch etwas dazugekommen, da mein alter Freund Willi Schlögl mich in seinen Podcast ,Terroir und Adiletten‘ eingeladen hat. Den betreibt der steirische ,Wirtshaus-Bua‘ neben seiner Weinbar ,Freundschaft‘ extrem erfolgreich und erreicht da auch ganz neue Schichten für den Wein-Genuss. Ich war mit den Winzern Katharina Lackner-Tinnacher und Christoph Neumeister in Berlin beim Steiermark-Schwerpunkt zu Gast und habe drei Gerichte zubereitet, darunter einen Hirschbirn-Leberkäse.“

Mit seinem Beef-TV ist Robert Buchberger auch im Netz präsent. © Beigestellt

Fleisch & Co: Da stellt sich natürlich die Frage, wie sich das zeitlich neben der Produktion und dem Filialgeschäft ausgeht?

Robert Buchberger: „Es geht sich eh nicht aus (Buchberger lacht). Vor allem muss ich für meine eigenen Podcasts Muße haben und das bedeutet, ich mache mir keinen Druck. Wenn es wieder etwas zu erzählen gibt, dann folgt wieder ein Video oder ein Podcast. Denn vor allem die Videos müssen auch attraktiv sein. Denn die meisten Aufrufe gibt es bei ,Action‘, also etwa wenn ich beim Grillen auch ein bisserl Feuer-Show auf bieten kann. Dieses Thema will ich auch im Betrieb 2024 ausbauen unter dem Motto ,Flambiermeister‘. Denn die Nachfrage beim Grillen – auch für spektakuläre Caterings – merken wir auch bereits im Verkauf.“

Fleisch & Co: Es geht also nicht nur um Medienpräsenz, um „hip“ zu sein, sie bringt auch für den Umsatz etwas?

Robert Buchberger: „Die aktuelle Generation, die alle schon mit dem Handy aufgewachsen sind, erreichst du am besten über Social Media. Und da gibt es genug Jüngere, die sich für Grillen oder gut zubereitetes Fleisch interessieren – es sind nicht alles Veganer in dieser Altersgruppe! Ich vergleiche das immer mit dem guten Wein, der auch im Preis ungefähr das Gleiche kostet wie z. B. ein Top-Steak. Was man für den Genuss dieser Weine braucht, ist ,watscheneinfach‘: den Korkenzieher und vielleicht einen Dekanter. Den Rest bringt jeder zusammen. Beim hochwertigen Fleisch gibt es aber mehr zu beachten, das wissen die Leute und haben eine gewisse Hemmschwelle, Steaks um 50 Euro dann nicht adäquat zuzubereiten. Die zu erreichen, ist eine wilde Chance für uns!“

Grill-Events mit Feuershow und Genussbotschaften –, das will Robert Buchberger 2024 unter dem Motto „Flambiermeister“ ausbauen. © Beigestellt

Fleisch & Co: Der Fleischer wird also vermehrt auch zum Rezeptlieferanten oder Kochberater?

Robert Buchberger: „Das ist tatsächlich ein Problem, wenn die Leute immer weniger kochen können. Denn dann geht es nicht um den Preis, sondern Kaufhemmungen. Gulaschfleisch könnte dann auch drei Euro pro Kilo kosten, es wird keiner kaufen, wenn man nicht weiß, was man damit machen soll. Umso wichtiger ist die regionale Feinkost-Kompetenz. Dahin muss man sich als Fleischer entwickeln – daher auch die ,Buchberger Pflanzlich‘-Linie. Ich weiß ja selbst nicht, ob ich mich in fünfzehn Jahren noch als Fleischhauer definiere oder nicht eher als Genuss-Berater. Meine Philosophie für die Zukunft besteht jedenfalls darin, besser zu werden, nicht unbedingt größer. Wenn das in manchen Bereichen eine Schrumpfung bedingt, ist das nicht schlimm, solange wir überleben können. Ich habe das erst unlängst mit meiner Mutter – den Betrieb gibt es ja schon seit 1946 – besprochen, dass eine Fleischerei als Handwerk schon so selten wird wie ein Schneider. Allerdings zeigen die Maßschneider, die durchgehalten haben, dass sie dank der Nachfrage erfolgreich sind. Vielleicht schaffen wir es auch, dass unsere Spezialitäten so gesucht werden.“

Fleisch & Co: Immerhin sucht man Ihren Rat sogar am anderen Ende der Welt – was ist da in Thailand geplant?

Robert Buchberger: „Mit der thailändischen Eigentümer-Familie von ,Red Bull‘, den Yoovidhyas, arbeite ich gerade an einer Wurstmanufaktur im Süden von Bangkok. Das ist ein sehr spannendes Projekt, da ich dadurch Einblicke in eine ganz andere Esskultur in einem wunderschönen Land mit netten Menschen bekommen habe. Ich bin selbst sehr gespannt, wie diese Reise dieses Jahr weiter gehen wird.“

Fleisch & Co: Apropos Veganer: Zu den Projekten für 2024 gehört auch „Buchberger pflanzlich“. Was darf man da erwarten?

Robert Buchberger: „Mein Partner ist dabei Kevin Wagner vom ,Sojahaus‘, dessen Tofu die Basis von vermutlich sechs Produkten sein wird. Da geht es beispielsweise um regional erzeugtes Sugo, ,Chili sin Carne‘ und auch eine pflanzliche Ruckwurst. Eventuell schaffen wir sogar unsere Hirschbirn-Grillwürstel in einer fleischlosen Version! Am Ende sollen dann drei Linien stehen: die klassische Erzeugung, pflanzlich und eine Linie in Bio-Qualität.“

Fleisch & Co: Bio? Das wäre dann eine Produktionserweiterung?

Robert Buchberger: „Stimmt. Wir hatten noch keine Bio-Linie, weil für mich da wirklich alles passen muss. Durch eine Kooperation scheint da nun etwas mit echt stressfrei erzeugtem Schweinefleisch möglich zu sein. Wenn wir da die Stärken von unserem Handwerk einbringen können, ist das im Sommer 2024 auch spruchreif. Aber genau genommen, wäre es die vierte Produktlinie. Denn mit ,Buchberger im Glas‘ haben wir auch einen neuen Webshop gestartet.“

Im Juli 2023 hat
Robert Buchberger seinen 24-Stunden- Selbstbedienungs-Laden in Grafendorf eröffnet. © Beigestellt

Fleisch & Co: Sie verkaufen nicht nur online, sondern in mittlerweile acht Filialen. Anderswo gehen die Rollbalken runter – wie funktioniert das?

Robert Buchberger: „Ich bin seit 1997 im Betrieb, da habe ich schon als Junger gesehen, wie schwierig Abhängigkeiten von Großkunden sein können. Ich mag aber lieber ruhig schlafen, daher haben wir das anders angelegt: Als wir 2005 den Betrieb dann umgebaut haben, war das fast zu groß dimensioniert. Daraus ergab sich, dass ich neue Filialen eröffnet habe, um die Produktion auszulasten. Aktuell haben wir den ersten 24-Stunden-Laden eröffnet. In Grafendorf ist über Zugangskontrolle der Einkauf ganztägig möglich.

Dazu gibt es Hybrid-Filialen wie Weiz, wo von 6.30 bis 13 Uhr mit Bedienung verkauft wird, danach in Selbstbedienung mit Karten- oder Barzahlung. Damit senken wir Personalkosten, bieten aber weiter Beratung und ermöglichen den Kunden auch das Einkaufen zu ,ihren‘ Zeiten. Denn dass sich der stationäre Handel durch das Internet einem anderen Kaufverhalten gegenübersieht, ist völlig klar. Und ich glaube, da wird sich noch einiges tun. In unserem neuen 24-Stunden-Geschäft sehen wir das deutlich an der Video-Auswertung: Da kommen viele ganze junge Leute, die vielleicht in das normale Geschäft gar nicht mehr gehen.“

Fleisch & Co: Ein speziell in der Steiermark schwieriges Thema sind auch zahlreiche Direktvermarkter, die an den Umsätzen der gewerblichen Fleischer „knabbern“. Wie sehen Sie das? Als Miteinander bei der Fleisch-Güte oder als Gegeneinander beim Umsatz?

Robert Buchberger: „Tatsächlich kommen ja viele von diesen Vermarktern eigentlich aus der Fleischerei oder erlernen dort das Handwerk, um dann allein die Produktion am eigenen Hof zu machen. Interessanterweise kauft der Konsument dort auch alle Teile, z. B. in den oft angebotenen Fünf-Kilo-Boxen. Wir müssen uns aber für alle Teile eine Verwertung einfallen lassen. Ich selbst teile mir aber z. B. mit einem Wagyu-Züchter seine Tiere. Eines vermarktet er selbst, eines verkaufe ich. Das ist auch ein guter Weg. Schwierig wird es nur dann, wenn auch hier Billigfleisch im Großhandel gekauft und nur geselcht wird. Und man damit dann am Bauernmarkt steht.“

Fleisch & Co:  Offenbar gibt es aber Käufer für die Fünf-Kilo-Boxen. Lässt sich davon etwas für die Fleischerei ableiten?

Robert Buchberger: Ich stelle mir vor, mit dem Sortiment auch in die Breite bei der Qualität zu gehen und z.B. mehr Fleisch von alten Nutztier-Rassen anzubieten. Ich weiß, dass das in der aktuellen Preis-Situation eigen klingt, aber ich sehe da Potenzial. Und irgendwann müssen wir damit beginnen. So gesehen hoffe ich auf das Gute. Das Ganze muss man am Land auch im größeren Rahmen sehen. Wir versuchen etwa im Rahmen der Initiative ,Hektar.com‘ zu zeigen, dass das Leben am Land cool sein kann. So hat Nino Sifkovits beim ,Burning Hen‘, dem Business-Festival für den ländlichen Raum, referiert und wir haben Hotdogs und das ,weltbeste Grillhendl‘ serviert. In der Stadt gibt es an jeder Ecke Foodtrucks, doch die besten Zutaten dafür haben wir am Land – das ist die Botschaft!“

Fleisch & Co:  Optimismus und die erfolgreichen Aktionen in allen Ehren: Aber dennoch sperren viel zu viele Handwerksbetriebe zu, weil es sich nicht mehr rentiert.

Robert Buchberger: „Das Problem in der klein gewordenen Branche ist, dass man auch kaum jemanden findet, der Betriebe übernimmt. Das ist schade, denn nicht nur viele Betriebe sind jahrzehntelang mit der Region verbunden, da geht auch viel Kultur verloren, wo man vielleicht überlegen sollte, ob man das nicht bewusst erhalten will. Denn man muss einfach akzeptieren, dass für die nächste Generation manches einen anderen Stellenwert hat.

Ein Beispiel: Letztens erzählte ein Freund von seinem 35-jährigen Baupolier. Der ist tüchtig, hat sich aber jetzt für die anstehende Familiengründung eine Wohnung gemietet. Vor 30 Jahren gab es keinen Maurer, der sich kein eigenes Haus gebaut hat! Heute sind andere Dinge wichtig – und manches will man sich nicht leisten. Doch zurück zum Verkauf: Wir arbeiten auch stark mit Köchen zusammen, die Qualität beim Fleisch schätzen und verarbeiten können. Das ist eine Chance, jenen Preis zu erzielen, dass auch der Bauer, von dem die Tiere stammen, genug Geld bekommt, damit er überleben kann. Da haben wir alle die gleiche Zielgruppe: Jene Menschen in der Gesellschaft, die auf ursprüngliche Dinge noch einen Wert legen und bereit sind dafür mehr auszugeben.“

Fleisch & Co:  Ein perfektes Schlusswort! Wir danken für das Gespräch!

Buchbergers Wurstplatte – in fünf Akten, gepresst auf Vinyl

Eine Ode an das Fleischhacken und die Kunst des Wurstens. An ein ehrliches Handwerk, getrieben vom Streben nach perfektem Geschmack. Denn was am Beginn einer guten Wurst steht, ist das Leben. Und der Tod. So entstand schließlich auch dieser musikalische Fünfakter: Leben, Tod, Fleischhacken, Wursten und Schmaus. Dafür aufgenommen wurden „Originalsounds“ vom Hof bzw. aus der Fleischerei der Familie Buchberger. Zusammengearbeitet wurde mit dem Wiener Studio Riebenbauer, das Cover-Design stammt von Ingo Pertramer. Dieses Experiment des kreativen Trios wurde mit unzähligen Design-Preisen ausgezeichnet.

Autor: Roland Graf

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