Vor zwei Jahren, am Höhepunkt der Corona-Pandemie, war die Anuga noch eine etwas verhaltene Angelegenheit. Heuer bot sich gleich ein ganz anderes Bild: Mit rund 140.000 Fachbesuchenden aus 200 Ländern und rund 7900 Ausstellern aus 118 Ländern übertraf die Kölner Weltleitmesse für Lebensmittel alle Prognosen. Gerade mal sechs Prozent der Ausstellerinnen und Aussteller kamen aus Deutschland, die restlichen 94 Prozent aus dem Ausland. Auch Rot-Weiß-Rot war stark vertreten. Insgesamt 92 Aussteller kamen aus Österreich. Wie auch in den vergangenen Anuga-Jahren bündelten viele Austro-Firmen ihre Kräfte unter dem Dach der Wirtschaftskammer. Trotzdem fehlten heuer auch ein paar hochkarätige Unternehmen, die in den vergangenen Jahren fast schon zum Inventar der Anuga gehört hatten: Unter anderem haben die beiden großen heimischen Fleisch- und Wurst-Giganten Wiesbauer und Handl Tyrol auf einen eigenen Stand verzichtet, aber auch bekannte Fleischunternehmen wie Greisinger und Ager. Diese Absenz traf aber auch andere Branchen: So blieben die beiden Vorarlberger Vorzeigeunternehmen Ölz und Rauch ebenfalls der weltgrößten Food-Messe fern.
Handelsunternehmen vor Ort
Von den ausstellenden Unternehmen wurde vor allem die hohe Qualität der Fachbesuchenden lobend hervorgehoben. Das Who’s-Who aus der internationalen Handelsbranche kamen zur Leitmesse. Von den wichtigsten Lebensmittelhändlern waren alle relevanten Akteure vertreten: Amazon, Aeon Co, Aldi, Auchan, Carrefour, Coop, Cosco, Wholesale, Colruyt Group, Lidl und Kaufland, Metro, Mercadona, Migros, Rewe, Spar und Walmart –, um nur einige zu nennen. Zu den stärksten europäischen Ländern zählten besucherseitig Großbritannien, Italien, Niederlande, Spanien sowie die Türkei. Außereuropäisch gehörten Brasilien, China, Japan, Korea und die USA zu den meistvertretenen Nationen. Aber eben auch vielen österreichischen Handelsmanagerinnen und -managern lief man am Kölner Messegelände über den Weg.
Nachhaltigkeit im Fokus
Thematisch standen vor allem die Themen Nachhaltigkeit und der verantwortungsbewusste Umgang mit Ressourcen im Fokus. Darum lautete das Motto der diesjährigen Messe auch „Sustainable Growth“. Von der Optimierung der Lieferketten bis hin zur fairen Lebensmittelproduktion präsentierten Experten aus aller Welt eine Vielfalt an Ansätzen. Dies verdeutlichte das klare Engagement der Branche für eine nachhaltige Entwicklung und die Auseinandersetzung mit globalen Herausforderungen. Und: Auch das Rahmenprogramm konnte sich sehen lassen: Heuer gab die Messe mit einem vielseitigen Event und Kongressprogramm und der Anuga Horizon Conference mehr denn je neue Impulse für die Ernährungsbranche von morgen.
Umhören bei Österreichs geschrumpfter Fleischbranche
Österreichs Farben für die Fleischbranche vertrat unter anderen Radatz-Stastnik mit Verkaufsdirektor Johann Pichler an der Spitze: „Unser Exportanteil ist inzwischen auf über zehn Prozent angewachsen. Deutschland ist unser wichtigstes Exportland. Daher sind wir in regelmäßig Köln. Die Anuga 2023 hat unsere Erwartungen übertroffen, vor allem neue Kunden haben uns hier besucht.“ Als Messeneuheit präsentierte das Wiener Unternehmen die Salafinis mit Original Camembert und Edelschimmel. Eine Weiterentwicklung der erfolgreichen Camembert-Salami von Stastnik. Dazu Johann Pichler: „Unser Slogan für diese Produkte lautet ‚Slow-how.‘ Ich finde, das sagt alles über unsere Philosophie. Weiters konnten wir wie immer unsere Käsekrainer geschmackvoll präsentieren und unser 125-Jahre-Jubiläumin den Mittelpunkt stellen.“
Für Österreichs größten Fleischproduzent Marcher stand die Vielfalt seiner Produkte im Mittelpunkt. Darauf wies Marketingmanager Marco Hochmüller besonders hin: „Wir präsentierten hier in Köln Produkte der zur Marcher Firmengruppe gehörenden Marken Marcher, Loidl, Landhof, Blasko und Aibler. Dementsprechend wichtig ist die Anuga für uns. Wir hatten daher ein 14-köpfiges Verkaufsteam vor Ort. Die große Herausforderung war es, an einem Stand Fleisch und Wurst, Convenience und vegane Fleischersatzprodukte vorzustellen. Ich glaube, das ist uns sehr gut gelungen.“ Der Fokus der Marcher-Präsenz lag klarerweise beim Fleisch, besonders erwähnenswert die neuen Snackmischpackungen von Loidl, aber auch „die Ohne“ von Landhof verzeichneten hohes Interesse.
Für Großfurtner-Geschäftsführer Martin Lindinger war die Anuga ein voller Erfolg: „Ich bin sehr zufrieden, das Kundeninteresse war ausgesprochen intensiv. Besser als 2019. Unser Fokus lag auf der Bestandskundenpflege, um die Kontakte zu verbessern, wir konnten aber auch Neukunden begrüßen, hier vor allem aus dem asiatischen Raum. Das Interesse teilte sich gleichmäßig auf Schweine- und Rindfleisch auf.“ Zu denken gibt dem Fleischmanager eine aktuelle Entwicklung: „Obwohl die Schweinepreise in den letzten zwölf Monaten so hoch wie nie zuvor waren, verspürt man in der Landwirtschaft keine Tendenz in die Schweinemast zu investieren. Diese Knappheit des Rohmaterials wird uns wohl noch eine Weile beschäftigen, auch wenn die Nachfrage eher schleppend ist.“
Das Waldviertler Unternehmen Geru zerlegt hauptsächlich Kühe, aber auch Kalbinnen und Ochsen für den heimischen Markt und Europa. Kunden in Österreich sind unter anderen AGM, Kastner oder Höllerschmid. Firmeninhaber Gernot Rumpold: „Unser Rindfleisch stammt vor allem von der Simmentaler-Rasse. Wir kaufen die Rinderviertel bei großen Schlachthöfen ein und zerlegen sie für unsere Kunden. 50 Prozent unseres Umsatzes erzielen wir über den Export. Die zerlegten Kühe gehen vor allem nach Frankreich, Spanien und Belgien. Auch Deutschland ist für uns ein wichtiger Exportmarkt.“ Mit dem vierten Auftritt seines Unternehmens auf der Anuga in Köln war Rumpold durchaus zufrieden: „Wir konnten die internationalen Kundenkontakte auffrischen, aber auch einheimische Partner begrüßen. Auch die Neukundenakquise spielt eine wichtige Rolle. Alles in allem ziehe ich ein durchaus positives Resümee.“
Digitalisierung & Automatisierung
CSB-Austria Chef Martin Schöggl hatte eine klare Zielsetzung für die Anuga-Präsenz seines Unternehmens: „Wir wollen der Partner für die Digitalisierung und Automatisierung der Lebensmittelhersteller in allen Bereichen sein. Deshalb sind wir hier in Köln. Die Mitarbeiter sind einfach zu wertvoll, um für einfache Abschreibarbeiten verwendet zu werden. Dafür haben wir die besseren Lösungen.“
Autor: HaRo