
Wenn Lebensmittel zur Wegwerfware werden
In Österreich wandern pro Jahr etwa eine Million Tonnen genießbare Lebensmittel in den Müll. Die größten Verschwender sind dabei nicht etwa Supermärkte oder Gastronomie, sondern die privaten Haushalte. Laut Berechnungen von Land schafft Leben verursacht jeder Haushalt im Schnitt bis zu 800 Euro Verlust im Jahr – das entspricht zwei vollen Monatseinkäufen.
Besonders betroffen sind Brot, Obst und Gemüse: Sie landen am häufigsten ungegessen im Abfall. Maria Fanninger, Mitgründerin des Vereins Land schafft Leben, betont:
„Fast zwei Drittel des Lebensmittelmülls entstehen im eigenen Zuhause – das sind rund 75 Kilo pro Person und Jahr. Das ist nicht nur eine unglaubliche Verschwendung, sondern auch ein Weckruf.“
Österreich: Wohlstand auf der einen, Hunger auf der anderen Seite
Der verschwenderische Umgang mit Lebensmitteln steht in starkem Kontrast zu einer wachsenden sozialen Notlage: Laut Statistik Austria sind 1,6 Millionen Menschen in Österreich von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht.
420.000 Menschen gelten als akut von Ernährungsarmut betroffen – sie können sich nicht ausreichend ernähren, Mahlzeiten müssen ausgelassen werden. Alexandra Gruber, Geschäftsführerin der Tafel Österreich, berichtet:
„Von 2023 auf 2024 ist die Zahl der Menschen in absoluter Armut, die wir versorgen, um 67 Prozent gestiegen – darunter viele Kinder. Es ist höchste Zeit, gemeinsam gegen die Verschwendung aktiv zu werden.“
Taten statt Worte: Bildungsprojekte für mehr Lebensmittelwertschätzung
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, setzen Organisationen wie Die Tafel Österreich und Land schafft Leben auf Bewusstseinsbildung und Bildung.
📚 Initiativen im Überblick:
Initiative | Träger | Zielgruppe | Inhalte |
---|---|---|---|
GewissensBISS | Tafel Österreich | Schüler:innen | Wanderausstellung zur Lebensmittelverschwendung |
Sensorik Labor | Tafel Österreich | Kinder & Jugendliche | Geschmacksschulung, Wahrnehmung |
„Isst das jemand?“ | Tafel Österreich / Ökosoziales Forum | Jugendliche | Lebensmittelwert, Konsumverhalten |
„Ist das noch gut?“ | Tafel Österreich | Allgemeinbevölkerung | Aufklärung zum Mindesthaltbarkeitsdatum |
Unterrichtsmaterialien | Land schafft Leben | Pädagog:innen, Schulen | Lebensmittelproduktion, Konsum, Ernährungskompetenz |
Was bedeutet das für Fleischer und Landwirte?
Für das Lebensmittelhandwerk ist die Wertschätzung für Lebensmittel eine tägliche Selbstverständlichkeit – doch im Bewusstsein vieler Konsument:innen ist diese verloren gegangen. Wer Fleisch erzeugt oder verarbeitet, weiß, wie viel Arbeit und Ressourcen in einem Produkt stecken. Gleichzeitig sind Betriebe im ländlichen Raum oft selbst von Armut betroffen – durch steigende Betriebskosten, Inflation und sinkende Nachfrage. Eine bewusste Konsumwende wäre nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll für das heimische Handwerk.
Fazit: Jeder Bissen zählt
Die Lebensmittelverschwendung in Österreich ist nicht nur eine moralische und ökologische Frage, sondern auch eine soziale und wirtschaftliche Herausforderung. Wer bewusst konsumiert, schützt Ressourcen – und unterstützt damit auch die Arbeit von Fleischer:innen, Landwirt:innen und anderen Akteur:innen im Lebensmittelhandwerk.