Viele professionelle Wildzerlegungsbetriebe haben in den letzten Jahren aufgegeben. Der Hauptgrund dafür liegt in den Herausforderungen, die sich aus der Zerlegung und Weiterverarbeitung von Wildbret ergeben. Einer derjenigen Unternehmer, die aber erfolgreich weitermachen, ist Gerald Huber aus Wels, der jetzt gemeinsam mit Lebensmittelprofi Robert Mühlecker seine Firma zukunftstauglich gemacht hat.
Vierte Generation Hubers Wild
Hubers Wild kann auf eine langjährige Geschichte zurückblicken und wird mittlerweile in vierter Generation von Gerald Huber sehr erfolgreich geführt. Begonnen hat alles rund um das Jahr 1910 mit einem Eier- und Geflügelhandel aus eigener Herstellung.
Danach wurde immer mehr aus den Niederlanden importiert, ehe der heimische Brathendlboom diesem Geschäftsmodell ein Ende bereitete, weil immer mehr Geflügel in Österreich selbst gemästet wurde. Die Hubers sattelten deshalb zunehmend auf den Handel mit Wild um, seit 1976 betreibt die Familie ausschließlich einen Wildgroßhandel mit selbst zerlegtem Wildbret. Und das mit Erfolg, obwohl die Branche mit der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 einige Krisenjahre überstehen musste.
Investitions- und Änderungsbedarf bei Hubers Wild
2010 übernahm der heutige Inhaber Gerald Huber das Unternehmen von seinen Eltern Gerda und Herbert Huber. Besonders wichtig: Der Betrieb war schuldenfrei. Andererseits wusste der frischgebackene Unternehmer von Anfang an, dass ein stattlicher Investitionsbedarf anstand.
Dazu Gerald Huber: „Ich hatte mir schon vor der Übernahme viele Gedanken gemacht und meine eigenen Vorstellungen entwickelt. Mir war vollkommen klar, dass unser reiner Zerlegebetrieb keine besonderen Zukunftsperspektiven hatte. Auch die ,Baustellen‘ waren rasch definiert: schlechte Abläufe, Hygieneprobleme, mangelhafte Zuschnitte und die Größe des Betriebs selber.“ Dazu kamen problematische Rahmenbedingungen im Wildmarkt wie etwa die Direktvermarktung durch die Jäger mit der verheerenden Konsequenz für die Händler, häufig nur B-Ware zu erhalten. Der Vater von Gerald Huber handelte noch mit großen, grob zerlegten Mengen, die nach der Anlieferung schnell weiterbearbeitet und verkauft wurden.
Gerald Huber änderte diesen Zugang radikal: „Ich wollte weniger Menge, dafür fein zerlegt, um etwa den Großhandel für die Gastronomie zu bedienen. So liefern wir heute fertig parierte Fleischteile und Spezialzuschnitte, die an und für sich nur noch ausgepackt und verarbeitet werden müssen. Das ist notwendig, weil immer weniger Fachwissen über die Wildzubereitung vorhanden ist.“
Doch vor der Investition kam noch die Konsolidierung. Ehe es an die Modernisierung und Neuausrichtung ging, zog Gerald Huber ein beinhartes Sparprogramm durch, um Geld für die notwendigen Umbaumaßnahmen in die Hand zu bekommen. 2017 war es dann so weit, der sehnlich erwartete Neustart nahm Formen an: Der neue Betrieb ist mit 850 m2 Betriebsfläche doppelt so groß, wie der alte. 90 Prozent des Betriebs wurden neu errichtet, zum Neubau kam noch die Sanierung des Altbestands. Und das natürlich unter den besonderen Anforderungen für den Umgang mit Wildbret.
Lebensmittel-Sicherheit & Hygiene bei Wildbret
Die größte Herausforderung bei der Herstellung von Wildbret ist der Ausgangsrohstoff, das Wild in der Decke beziehungsweise beim Wildschwein in der Schwarte. Zum einen verursacht der Einschuss eine Kontamination inklusive Fremdkörpereintrag durch möglichen Knochenbruch und Munitionsreste und zweitens erfolgt das Aufbrechen beziehungsweise Ausweiden an Ort und Stelle der Erlegung und nicht unter standardisierten Hygiene-Bedingungen wie in einem Schlachthof. Um ein möglichst hohes Maß an Lebensmittelsicherheit gewährleisten zu können, wurden unterschiedlichste Hygiene– und Eigenkontrollmaßnahmen implementiert.
Rot, blau, weiß: die 3-Zonen-Lösung für beste Hygiene
Laut Gerald Huber, müssen beim Wild viele „Mosaiksteinchen“ richtig zusammengesetzt werden, um ein gutes Gesamtbild, sprich ein sicheres Lebensmittel, zu erhalten. Dieses Mosaik beginnt bei einer 3-Zonen-Lösung im Betrieb. In der roten Zone befindet sich ausschließlich Wild in der Decke. Und auch die Mitarbeiter sind an den roten Kopf bedeckungen, den orangen Schürzen erkennbar. Sie müssen ausschließlich rote Messer verwenden, die auch in dieser Zone bleiben müssen. Nur so kann eine Kreuzkontamination effektiv ausgeschlossen werden. Und die Konfiskate gelangen auf direktem Wege aus dieser Abteilung in den TKV-Kühlraum. Mittels „Einbahnsystem“ werden die vom amtlichen Tierarzt beschauten und enthäuteten Wild Karkassen in die Grobzerlegung verbracht.
Dann gibt es die blaue Zone. Auch hier haben die Mitarbeiter eigene Messer, eigene Schürzen und eben blaue Kopf bedeckungen. Hier erfolgt die grobe Zerlegung. Das bedeutet, es werden die Knochen herausgelöst und Blutergüsse, die Einschusszone, Verunreinigungen und sonstige Kontaminationen entfernt. Hier entsteht auch die für Wildfleisch höhere oberlächliche „Grundverkeimung“. Und diese muss man bestmöglich in den Griff bekommen oder eben Maßnahmen zur Reduktion ergreifen, so Gerald Huber. Unter anderem wurden daher eine permanente UV-Zerlegeband-Entkeimung und eine per-manente UV-Luft-Entkeimung im Zerlegebereich installiert. Des Weiteren sorgt eine spezielle Reinigungsdüse für Kettenhandschuh-Zwischenreinigung, Tausch-Zerlegebretter und ausreichend viele Tausch-Messer für eine gute Hygiene.
Von enormer Bedeutung ist hier wie so oft der „Faktor Mensch“ sagt der Firmenchef: „Kilogramm pro Stunde sind hier definitiv nicht der Schlüssel zum Erfolg. Es zählen die Genauigkeit beim Ausschneiden der Verunreinigungen und der detaillierte Zuschnitt. Nur so können wir unsere wichtigsten Kunden wie Transgourmet in Österreich oder GVFI in der Schweiz zufriedenstellen. Hier zählen primär die Qualität und die Lebensmittelsicherheit. Der Preis ergibt sich dann.“ Und schließlich findet in der weißen Zone die Feinzerlegung und Portionierung statt – hier wird bei niedrigerer Temperatur als gesetzlich vorgeschrieben und permanenter UV-Luftentkeimung gearbeitet. Anschließend erfolgt die Verpackung in Schrumpfbeuteln oder Flat-Skin-Verpackungen. Zuvor geht es aber durch den Metalldetektor, um etwaige metallische Fremdkörper aus der Produktion oder trotz aller Sorgfalt nicht entdeckte Munitionsreste zu finden und zu beseitigen.
Prädikat: Betriebszertifizierung
Abgerundet wird das integrierte Qualitätssicherungssystem bei Hubers Wild mit einer Betriebszertifizierung gem. IFS Food Progress. Die Firma Huber war 2017 einer der ersten Wildzerlegebetriebe Österreichs, der sich dem jährlichen Assessment durch eine unabhängige Zertifizierungsorganisation stellte.
Herausforderung Wildbret
Heute arbeiten bei Hubers Wild 15 Personen als Stammpersonal, in der Saison bis zu 25 Mitarbeiter. 45 Prozent des Gesamtumsatzes erwirtschaftet das Unternehmen mit dem heimischen Markt, 55 Prozent mit dem Export. Hauptauslandsmärkte sind die Schweiz, Belgien und Holland.
Angeboten werden Edelteile von Reh, Hirsch, Wildschwein und Feldhase. Vermarktet werden aber auch verarbeitete Produkte wie Reh-Cevapcici und Reh-Burger-Pattys, die seit 2020 in Flat-Skin-Verpackungen angeboten werden. Hier war man übrigens auch der erste heimische Anbieter, der Wild in dieser attraktiven Verpackungsform vermarktete.
Bis heute ist das Wildgeschäft eine große Herausforderung wie Gerald Huber schildert: „Das ist eine unternehmerische Achterbahnfahrt. Die Hauptsaison ist im Herbst. Wir müssen das Wildbret bis zu neun Monate einlagern, was die Energiekosten hochschnellen lässt und viel Kapital bindet. 2023 war das so fordernd wie noch nie zuvor.“
Autor: HaRo