Ladendiebstähle verursachen im österreichischen Handel einen jährlichen Schaden von rund 500 Mio. Euro. Aber auch Raubüberfälle, Falschgeld, Bankomat-Sprengungen und Bandenkriminalität zählen zu den Sicherheitsrisiken im stationären Handel. 82% der österreichischen Händler mit physischen Geschäften haben bereits Erfahrung mit Kriminalität im stationären Handel gemacht, 40% sogar mehrfach.
Zahl der kriminellen Delikte 2022 deutlich angestiegen
„2022 ist die Zahl der Delikte im stationären Handel ebenso wie im eCommerce 2022 deutlich angestiegen. Vier Fünftel aller österreichischen Geschäfte waren bereits von Kriminalität betroffen, bei manchen Händlern haben sich die Fallzahlen zuletzt verdreifacht. Auch im Onlinehandel mussten fast zwei Drittel aller heimischen Webshops schon Erfahrungen mit Cybercrime und Betrug im Netz machen“, fasst Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will die zentralen Ergebnisse der Sicherheitsstudie 2023 zusammen, die vom Handelsverband in Kooperation mit dem Bundeskriminalamt durchgeführt wurde.
Top 3 Delikte im stationären Handel: Ladendiebstahl, Bezahlung mit Falschgeld, Vandalismus
„Die Liste der häufigsten Vergehen auf der Fläche wird angeführt vom klassischen Ladendiebstahl (89%), gefolgt von der Bezahlung mit Falschgeld (43%), organisierter Bettelei und Vandalismus im Shop (je 22%) sowie Bandenkriminalität (18%). Positiv ist, dass fast alle Händler konkrete Maßnahmen zum Schutz vor Kriminalität im eigenen Geschäft in Verwendung haben“, sagt Robert Spevak, Abteilungsleiter Revision und Sicherheit bei METRO Österreich sowie Leiter des Handelsverband-Ressorts „Sicherheit im Handel“.
Bei den Schutzmaßnahmen setzen die Betriebe am häufigsten auf Mitarbeiterschulungen (63%), Videoüberwachung (59%), das Verschließen aller Betriebsräume (52%), die Nutzung von Warensicherungsanlagen und Einbruchmeldeanlagen (44%) sowie besondere Maßnahmen für „Hot Products“ (40%).
Cybercrime & Bestellbetrug nehmen rapide zu
Neben Sicherheitsrisiken im stationären Handel sind im letzten Jahrzehnt zahlreiche neue Gefahren hinzugekommen, die mit dem Aufstieg des Onlinehandels einher gehen. Cybercrime und Bestellbetrug verzeichnen seit Jahren enorme Zuwachsraten.
„Unabhängig von der Unternehmensgröße ist Fakt: Wer seine Produkte zusätzlich über das Internet anbietet, eröffnet sich neue, von Öffnungszeiten unabhängige Absatzwege. Wie immer hat allerdings auch die eCommerce-Medaille eine Kehrseite: Je mehr Webshops, desto mehr damit verbundene Betrugsfälle. Gerade in Krisenzeiten steigen Cyberkriminalität und Online-Betrug massiv an. 2022 wurde in der Kriminalstatistik im Cybercrime-Bereich ein Höchstwert von 60.195 Anzeigen verzeichnet. Immerhin bleibt die Aufklärungsquote konstant hoch“, erklärt Manuel Scherscher, stellvertretender Direktor des Bundeskriminalamts und Leiter der Initiative Gemeinsam Sicher.
Unter den heimischen Onlinehändlern wurden bereits 64% Opfer von Cybercrime, 34% sogar schon mehrmals. Von den Betrieben mit mehr als 10 Beschäftigten gaben drei Viertel (75%) an, in Verbindung mit ihrem Webshop bereits mit Online-Betrug in Berührung gekommen zu sein, bei den kleineren Betrieben waren es 54%. Im Vergleich zu 2021 (62%) hat die Betrugshäufigkeit in allen Größenklassen zugenommen.
Top 3 Cybercrime-Delikte: Phishing/Datendiebstahl, Malware-Angriffe, Cyber-Erpressung
Zu den gängigsten Formen von Cybercrime im Handel zählen aktuell Phishing (61%), Malware-Angriffe (52%), Cyber-Erpressung durch Hacker (32%), Ransomware (28%) und Botnetze bzw. DDoS Angriffe (16%). Bei den eCommerce-Betrugsformen häufen sich zurzeit vor allem Bestellungen, bei denen den Käufer:innen vorab bewusst ist, dass sie die Rechnung nicht begleichen werden können (57%).
Auch die Angabe der Identität anderer Personen (51%) und die Nutzung verfälschter Namens- bzw. Adressdaten (50%) sind in der Beliebtheitsskala der Kriminellen nach oben gewandert. Fast jeder zweite Webshop hat schon Erfahrung mit Kund:innen gemacht, die den Erhalt der Ware abstreiten, obwohl sie diese erhalten haben (47%).
Beliebteste Online-Payment-Methoden: Kreditkarte, PayPal & Sofort-Überweisung
Bei den kleineren Handelsbetrieben beläuft sich die durch Online-Betrug verursachteSchadenssumme in den meisten Fällen (30%) bis 500 Euro, in 30% zwischen 500 und 10.000 Euro. Unternehmen mit mehr als zehn Beschäftigten erlitten 2022 im Schnitt wesentlich höhere Verluste: 32% der entstandenen Schäden machten zwischen 5.000 und 10.000 Euro aus, bei 27% beliefen sich die finanziellen Einbußen auf 10.000 bis zu 100.000 Euro.
„Um das Betrugsrisiko zu reduzieren, kombinieren Webshops meist verschiedensteSchutzmaßnahmen – und verzichten dafür auch auf potentielle Mehrumsätze. So setzen 61% der Onlinehändler auf sichere Zahlungsmethoden und 42% auf eingeschränkte Lieferoptionen wie ausschließliche Inlandslieferungen“, erläutert HV-Sicherheitsexperte Robert Spevak. Als gängigste Zahlungsmethode erweist sich die Kreditkarte, mit der in 83% der Webshops bezahlt werden kann, gefolgt von PayPal (78%), Sofort-Überweisung/Klarna (69%) und Vorkasse (65%). Zwei Fünftel der heimischen Handelsbetriebe bietet auch die Option Kauf auf Rechnung an.
Auch eCommerce-Gütesiegel wurden im Zuge der Umfrage analysiert. Am bekanntesten unter den Handelsbetrieben ist das Trusted-Shops-Gütesiegel mit 80%, gefolgt vom Österreichischen eCommerce-Gütezeichen (66%) und den Siegeln Trustmark Austria sowie Ecommerce Europe Trustmark mit einem Bekanntheitsgrad von 61% bzw. 44%.
Konsument:innen: 1/3 hat negative Erfahrungen mit Schadsoftware (Viren, Trojanern) gemacht
Neben der Unternehmensseite wurde für die Sicherheitsstudie 2023 auch dieKonsumentenperspektive beleuchtet. Das Ergebnis: Ein Drittel der heimischen Verbraucher:innen hat bereits negative Erfahrungen mit Schadsoftware wie Viren oder Trojanern gemacht. 20% waren schon von Datendiebstahl durch Hacker-Angriffe und Phishing betroffen, weitere 18% waren Opfer von Betrug bei Online-Transaktionen und jede:r Zehnte hat Bekanntschaft mit digitaler Erpressung gemacht.
„Drei Viertel der Österreicher:innen versuchen, sich mit Virenschutz-Programmen vor Cyberangriffen zu schützen. 55% setzen auf regelmäßige Software Updates und fast zwei Drittel haben eine Firewall implementiert“, sagt Rainer Will. „Für Online-Shopper zählt Sicherheit mittlerweile zu den wichtigsten Kaufkriterien. Beunruhigend ist, dass bereits ein Viertel aller Konsument:innen Opfer von Fake-Webshops geworden sind.“
Initiative „Gemeinsam Sicher im Online-Handel“ stärkt Prävention
Eines zeigt die Sicherheitsstudie 2023 deutlich: „Es ist aus Sicht der Polizei unumgänglich, ein besonderes Augenmerk auf den Faktor Sicherheit im Online-Handel zu werfen. Die Polizei forciert neben der Repression, der Verfolgung der Täter, verstärkt auch den präventiven Aspekt. Mit dem Programm ‚Gemeinsam.Sicher im Online-Handel‘ haben das Bundeskriminalamt und der Handelsverband eine eigene Plattform geschaffen, die es den heimischen Händlern ermöglicht, Sicherheitsaspekte bei der Etablierung ihrer digitalen Filiale bis hin zum laufenden Betrieb stets mitzubedenken“, erklärt Manuel Scherscher das wichtigste Ziel der Initiative.
„Die Prävention ist unsere Möglichkeit, mit umfassenden Informationen der Kriminalität einen Riegel vorzuschieben. Ich möchte mich herzlich beim Handelsverband bedanken, der uns als starker Partner zur Seite steht. Durch die hervorragende Kooperation kann sowohl den Händlern als auch den Kund:innen das essenzielle Werkzeug in die Hand gegeben werden, um sich vor Kriminellen zu schützen.“
Hierfür steht im Handelsverband das Ressort „Sicherheit im Handel“ unter der Leitung von Robert Spevak zur Verfügung. „Wir bedanken uns beim Bundeskriminalamt, allen voran bei Andreas Holzer und Manuel Scherscher, für die langjährige, vertrauensvolle Zusammenarbeit und die Bereitschaft, den österreichischen Händlern das Thema Sicherheit noch intensiver zu vermitteln“, so Handelssprecher Rainer Will abschließend.
„Sicherheitsstudie 2023“
Die „Sicherheitsstudie 2023“ wurde vom österreichischen Handelsverband in Kooperation mit dem Bundeskriminalamt durchgeführt. 150 heimische Unternehmen aller Handelsbranchen und Größenordnungen (vom EPU bis zum Konzern) haben teilgenommen und den Online-Fragebogen vollständig und fristgerecht ausgefüllt. Der Erhebungszeitraum betrug acht Wochen, Studienende war der 31. März 2023.