2024 war ein Jahr voller Herausforderungen für die Betriebe des Lebensmittelgewerbes – ein Jahr voller Licht und Schatten. In vielen Betrieben ist die Personalsituation mittlerweile mehr als prekär geworden. Es reicht nicht mehr aus, von „Fachkräftemangel“ zu sprechen – jede helfende Hand fehlt: sei es in der Produktion, im
Lager, in der Logistik, im Verkauf oder im Büro. Dazu kommen im Vergleich zu den Vorjahren deutlich gestiegene Krankenstandstage, was manchen Betrieb zur Verzweiflung bringt.
Die zu Beginn des Jahres noch anhaltend hohe Inflationsrate, kriegerische Auseinandersetzungen in der Ukraine und im Nahen Osten sowie das ausbleibende Wachstum schaffen massive Verunsicherung und führen zu einer starken Zurückhaltung beim Kaufverhalten der österreichischen Bevölkerung. Gleichzeitig sind die Betriebe des Lebensmittelgewerbes einer bürokratischen Belastung ausgesetzt, die nahezu sintflutartige Ausmaße annimmt. All das hindert die Verantwortlichen in der „Brüsseler Blase“ nicht daran, munter weitere Auflagen zu ersinnen – immer unter dem gut gemeinten Ziel der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes. Doch gut gemeint ist bekanntlich oft das Gegenteil von gut. Und auch wenn es ehrbare Ziele sind, die jedermann unterschreiben kann, so ist die Umsetzung vielfach als stümperhaft zu bezeichnen. In harten Verhandlungen ist es gelungen, die Europäische Kommission dazu zu bringen, die Entwaldungsverordnung um ein Jahr
zu verschieben. Niemand will Regenwald abholzen, aber dass Österreich, dessen Waldfläche nicht ab-, sondern deutlich zunimmt, dieselben Auflagen „erleiden“ soll wie Länder, die Raubbau an ihrem Wald betreiben, ist absolut inakzeptabel. Hier eine Lösung zu finden, die unseren Betrieben und ihrer Situation gerecht wird, wird Aufgabe des kommenden Jahres sein.
Unsere exportorientierten Betriebe sehen aufgrund ihrer in den letzten drei Jahren explodierenden Kostensituation einen Markt nach dem anderen schwinden: Personalkostensteigerungen von teils über 20 %, Rohstoffpreise, die noch nie so hoch waren, und Energiekosten, die zwar wieder etwas zurückgegangen sind, aber immer noch deutlich über dem Stand vor dem Ukrainekrieg liegen. Mittlerweile sieht es jeder: Wir sind schlicht nicht mehr konkurrenzfähig. Und nicht nur österreichische Leitbetriebe sinken mit gigantischen Schulden ins Grab. Die Zahl der Betriebe im Lebensmittelgewerbe, die in den letzten beiden Jahren für immer ihre Tore geschlossen haben, ist zehnmal so hoch wie in den Jahrzehnten davor. Jeder einzelne dieser Betriebe ist ein Verlust für uns alle – ein Verlust für Österreich in seiner einzigartigen kulinarischen Vielfalt. Dass viele junge Fachleute unter diesen Rahmenbedingungen darauf verzichten, einen Betrieb zu übernehmen, wundert wohl niemand.
Es gibt aber auch Lichtblicke und deutliche positive Lebenszeichen unserer Branchen. So konnten 2024 wieder Betriebsgründungen verzeichnet werden. Mittlerweile sorgen 7.265 Betriebe des österreichischen Lebensmittelgewerbes für höchste Lebensmittelqualität landauf und landab. Betriebe, die Nachhaltigkeit leben – ja, schon immer gelebt haben, weil es in der DNA des Handwerks liegt, mit den vorhandenen Ressourcen sparsam und sorgfältig umzugehen. Betriebe, die sich schon immer in ihrem lokalen Umfeld sozial engagiert haben. Betriebe, die mittlerweile 51.153 Menschen Arbeit bieten. Arbeit, die Spaß macht, kreativ ist und manchmal sogar „Familien anschluss“ bietet.
Im Frühjahr konnte der Internationale Brot- und Konditorenwettbewerb mit fulminanter Firmenbeteiligung in den Räumlichkeiten der BÄKO in Linz durchgeführt werden. Eine hochkarätige internationale Jury, hochqualitative Einsendungen und die bewährte Organisation durch die Lebensmittelakademie des österreichischen Gewerbes haben gezeigt, dass die österreichischen Bäckereien und Konditoreien zur internationalen Spitzenklasse zählen. Alle Einsendungen wurden wieder an karitative Organisationen gespendet – die besten Schmankerl des Landes, um die Herzen der Ärmsten der Armen wenigstens einmal zu erfreuen.
Erfreulich ist, dass es bei den Lehrlingszahlen wieder bergauf geht. Knapp 1.700 junge Menschen machen derzeit ihre Liebe zu guten Lebensmitteln und ihre Leidenschaft fürs Handwerk in unseren Betrieben zum Beruf. Trotzdem braucht es unverminderte Anstrengungen, die Berufsbilder des Lebensmittelgewerbes in ihrer Vielfalt und unglaublichen Kreativität noch besser jungen Menschen – und natürlich auch ihren Eltern – näherzubringen. Hier heißt es auch, technisch neue Wege in der Lehrlingsakquise zu beschreiten. Ab dem kommenden Jahr stehen den Landesinnungen des Lebensmittelgewerbes zwei VR-Brillen zur Verfügung, mit denen bei Berufsmessen oder Schulbesuchen über zwei interaktive Programme aus dem Bereich der Fleischwirtschaft ein spielerischer Zugang zum Beruf gezeigt werden kann.
Positiv festzuhalten ist, dass der lange und warme Sommer die Feste in unseren Gemeinden und im privaten Rahmen wieder zur Hochblüte gebracht hat. Hochzeiten, Feuerwehr-Events, Kirtage, aber auch große private Gartenpartys waren diesen Sommer ein sehr wichtiges Standbein der Branchen. Auch die Lieferungen an Hotellerie und Gastronomie konnten wieder vermehrt durchgeführt werden. In vielen Gebieten Österreichs konnte heuer das Vor-Covid-Niveau dank einer sehr starken Tourismussaison deutlich übertroffen werden. Blickt man zudem auf die Buchungslage für die Wintersaison, so sollte auch hier eine steigende Wirtschaftslage für unsere Betriebe zu erwarten sein. Dieser – kleine – Aufschwung zeigt sich auch darin, dass wieder vermehrt investiert wird – sowohl in die Modernisierung des Maschinenparks als auch in die Verkaufsbereiche.
Es werden aber auch massive Maßnahmen zur Energiegewinnung und -effizienz gesetzt. Der September stand ganz im Zeichen der WorldSkills – die Weltmeisterschaften der Berufe wurden in Lyon, Frankreich, ausgetragen. Zum allerersten Mal wurde der Beruf der Fleischverarbeitung als Demonstrationsbewerb weltweit präsentiert. Österreich konnte gegen extrem starke Konkurrenz auf Anhieb die Bronzemedaille in diesem Bewerb erringen! Und auch im Beruf der Bäckerei hat Österreich mit einer Medaille of Excellence stark aufzeigen können. Veranstaltungen wie diese bringen unseren Branchen ein unbezahlbares Medienecho. Unsere Berufe haben die Möglichkeit, ihre Bestleistungen in den wichtigsten TV-Sendern und Printmedien zu präsentieren.
Mit kollegialen Grüßen
DI Anka Lorencz