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Erfreuliches Halbjahr für heimische Schweinebauern

Fluch und Segen der der Afrikanischen Schweinepest (ASP): Auf Grund der Tierseuche in China ist der heimische Schweinepreis im April auf ein zufriedenstellendes Niveau von 1,70 Euro gestiegen.

Nach einer 1,5 Jahre andauernden, unbefriedigenden Marktphase mit einem Basispreis von 1,27 Euro netto/kg Schlachtgewicht zu Jahresbeginn 2019 ist der heimische Schweinepreis im April auf ein zufriedenstellendes Niveau von 1,70 Euro gestiegen. Zurückzuführen ist dies auf den Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in China, wodurch erhebliche Mengen an Schweinefleisch vom Weltmarkt abgesaugt werden. Damit ist diese Tierseuche für Schweinehalter weltweit gleichzeitig zu Fluch und Segen geworden. Aus aktueller Sicht spüren die europäischen Schweinebauern allgemein die positiven Effekte, sofern es in der EU selbst zu keiner weiteren Verbreitung des Virus kommt. Die aktuellen Preisprognosen für 2019, die auf Einschätzungen des zukünftigen Bedarfs in China und erwarteter Schlachtungen basieren, deuten darauf hin, dass auch die letzten beiden Quartale dieses Jahres von einer erzeugerfreundlichen Marktphase gekennzeichnet sein dürften.

Von dem positiven Trend beim Mastschwein haben auch die Ferkelerzeuger profitiert, die sich zu Jahresbeginn mit einem Preisniveau abfinden mussten, wie zuletzt Ende 2015. Hier gab es seit Ende Jänner 2019 sogar ein Plus von 45%. Mit einem Basispreis von 2,90 Euro/kg befinden sich die Erlöse der heimischen Ferkelerzeuger inzwischen auf dem Niveau wie im Frühsommer 2017.

„Diese spürbare Verbesserung ist für die Wirtschaftlichkeit unserer Schweinebetriebe von existenzieller Bedeutung”, zeigt sichFranz Reisecker,Präsident der Landwirtschaftskammer (LK) Oberösterreich, erfreut. Denn mit einer Wertschöpfung von 330 Mio. Euro hat die Schweinehaltung für die Bauern im Bundesland ein ähnlich hohes wirtschaftliches Gewicht wie die Milcherzeugung. Knapp 2.000 Betriebe erzielen ihr Einkommen ausschließlich oder überwiegend durch die Haltung von insgesamt 1,1 Mio. Schweinen, das sind 40% des bundesweiten Bestands. Der Bioanteil macht derzeit knapp 2% des Gesamtangebots aus. Aufgrund der höheren Futterkosten wie auch erhöhter Anforderungen in den Haltungsbedingungen (Auslauf, Einstreu, keine Spaltenböden) ist Bio-Schweinefleisch deutlich teurer als konventionelles.

Reaktionen am Fleischmarkt

Während bei Schweinebauern gute Stimmung herrscht, hat die Fleischwirtschaft naturgemäß keinen Gefallen an der Preisentwicklung am Rohstoffmarkt. Speziell die Wurst- und Schinkenfabrikanten, welche mit dem Lebensmittelhandel Lieferkontrakte über längere Zeiträume abschließen und mit sehr günstigen Rohstoffpreisen kalkulieren, schreiben jetzt rote Zahlen, denn der Handel ist vorerst nicht oder kaum gewillt, Preiserhöhungen zu akzeptieren. „Bei allem Verständnis für die aktuelle Lage der Fleischindustrie muss aber doch erwähnt werden, dass in dem arbeitsteiligen Prozess entlang der gesamten Wertschöpfungskette der freie Markt herrscht. Davon wissen Schweinemäster ein Lied zu singen, wenn die Ferkelpreise nicht in angemessener Relation zum Mastschweineerlös stehen. Derzeit trifft es die Wurstfabrikanten, wenn der Fleischpreis nicht im üblichen Verhältnis mit dem Wursterlös korreliert”, erläutertJohann Schlederer,Geschäftsführer des Verbandes der landwirtschaftlichen Veredelungsproduzenten OÖ.

Der Lebensmittelhandel möchte den Verbrauchern auch Schweinefleisch anbieten, das zwar nicht aus Biobetrieben kommt, wo dennoch höhere Standards bei den Haltungsbedingungen gelten. „Hier entscheidet der Markt. Bei entsprechender Nachfrage und wenn die höheren Produktionskosten durch Preiszuschläge abgegolten werden, können unsere Schweinehalter darauf reagieren und entsprechende Angebote erstellen. Letztlich entscheidet der Konsument. Nur wenn mit Schweinehaltung nachhaltig ausreichend Einkommen erzielt werden kann, sind die Bauern auch in der Lage, ihre Betriebe weiterzuentwickeln. Das ist die Basis, damit auch langfristig Schnitzel und Kotelett aus inländischen Betrieben kommen und nicht über weite Strecken aus anderen EU-Staaten importiert werden müssen”, so Reisecker.

Letztlich zahlt der Verbraucher

Auch Schlederer rechnet bei einem stabilen Preisniveau mittelfristig mit höheren Verbraucherpreisen für Frischfleisch sowie für Schinken und Wurst. Die möglichen Preissteigerungen dürften aber bescheiden ausfallen. „Unserer Schätzung nach dürfte Schweinefleisch im Schnitt um 10 bis 20% teurer werden. Dabei sprechen wir von 1 bis 1,5 Euro/kg, was umgerechnet auf eine Portion eines Fleischgerichtes verkraftbare 20 bis 30 Cent bedeuten würde”, rechnet Schlederer vor.

Im Außer-Haus-Verzehr viel „anonymes Schweinefleisch”

Der Anteil jener Mahlzeiten, die in Restaurants, Kantinen und anderen Arten der Gemeinschaftsverpflegung verspeist werden, wächst weiter. „Wenn die Verbraucher selbst Schweinefleisch einkaufen, greifen sie fast ausschließlich zu Fleisch von Schweinen mit dem ‘Triple A’-Siegel (in Österreich geboren, aufgezogen und geschlachtet). Wird außer Haus gegessen, bekommen sie Schweinefleisch vorgesetzt, dessen Herkunft sie nicht kennen. Sie haben aber ein Anrecht darauf, zu wissen, wo ihre Lebensmittel herkommen. Daher fordern wir schon seit Langem eine entsprechende Herkunftsdeklaration nach Schweizer Vorbild”, so Präsident Reisecker.

Prognosen für die mittelfristige Entwicklung

Die EU befindet sich aktuell in Verhandlungen mit den asiatischen Hauptabnehmerländern für Schweinefleisch (China, Japan und Südkorea) über eine „Regionalisierung”. Wenn dies gelingt, würde es zu keiner Sperre eines ganzen Landes kommen, wenn etwa in einem kleinen Gebiet dieses Staates ein ASP-Fall auftritt, sondern nur die Region wäre für den Export gesperrt. Damit wäre auch ein Angebots- und Preisdruck abgewendet.

Dem französischen Marktforschungsinstitut GIRA zufolge, wird China noch weitere Verluste durch ASP hinnehmen müssen. Damit würden ihre ursprünglichen Schweinezahlen um bis zu 40% minimiert und der globale Bestand um rund ein Fünftel schrumpfen, was den Welt-Schweinefleischmarkt beeinflussen wird. Die Studie geht davon aus, dass China fünf bis sieben Jahre brauchen wird, um das Seuchendesaster in den Griff zu bekommen. Das hat auch gravierende Folgen für vor- und nachgelagerte Wirtschaftsbereiche, denn China importiert wegen der kleineren Schweinebestände bereits 20% weniger Soja und Getreide. Aufseiten des Fleischmarktes geht Schlederer trotz einer Verknappung nicht von signifikanten Preiserhöhungen aus. Bei steigenden Verbraucherpreisen für eine Fleischsorte profitieren üblicherweise andere tierische Lebensmittel.

China-Export verschafft Wettbewerbsvorteil

Das beharrliche Bemühen der österreichischen Schweinebranche gemeinsam mit den wichtigsten Abnehmern und den Veterinärbehörden, einen direkten Marktzutritt nach China zu schaffen, dürfte sich nun noch schneller als erwartet bezahlt machen. Vier Schlachtunternehmen, allesamt bedeutende Geschäftspartner der VLV-Schweinebörse, können nun die Chance des enorm aufnahmefähigen Marktes nutzen, was ihnen direkt bei der bestmöglichen Vermarktung der Schlachtschweine hilft. Schon jetzt ist sichtbar, dass Länder mit direktem China-Zugang bessere Preisentwicklungen verzeichnen als andere.

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