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Landwirtschaft & Umwelt

Die EU-Zulassung für die mobile Schlachtung: Sinnvoll & Möglich?

Mit Alexander Kerns „Hof am Mühlgrund“ steht die erste mobile Geflügelschlachtung kurz vor der EU-Zulassung. Im Odenwald soll somit der erste Betrieb Europas stehen und wir schauen uns an, wie das geht und warum das notwendig ist.

Die Registrierung im Rahmen der Geflügelschlachtung, auch als sog. „10.000er Regelung” bekannt, ist eine EU-weite Errungenschaft für die bäuerliche Direktvermarktung. Diese Richtlinie führt wichtige Ausnahmen für den Betrieb von kleinen Geflügelschlachtanlagen und ermöglicht so die bäuerliche Schlachtung von Geflügel direkt am Hof. Mit maximal 10.000 Stück pro Jahr und Betrieb ist die wichtigste Regulation die Gesamtmenge an geschlachteten Tieren – und das ist durchaus auch ausreichend für einen Großteil in der Direktvermarktung. Die EU-Zulassung hingegen regelt die gesamte Geflügelschlachtung und kennt keine Mengengrenzen. Warum will man dann überhaupt genau in diese Zulassung und was steckt dahinter?

Registrierung vs. EU-Zulassung

Die Entwicklung der Landwirtschaft ist eine schnelle und somit ändern sich auch wichtige Voraussetzungen in der Gesetzgebung. Deutschland hat es mit dem Ausstieg aus dem Kükentöten vorgemacht und so sind es speziell die kleineren und mittleren Betriebe, die Bruderhähne aufziehen und auch die alten Legehennen verwerten wollen. Eine sehr kurze Zeit der Umsetzung führt auch dazu, dass Probleme in andere Staaten ausgelagert werden und Brütereien unter Druck geraten. Auch aktuell fehlt es an Aufzuchtplätzen und Schlachtmöglichkeiten und diese können im Moment nicht so schnell aufgebaut werden.

Deshalb gibt es die Vorreiter der mobilen Geflügelschlachtung in der EU-Zulassung und der Grund ist ein einfacher. Die Mengen an Bruderhähnen und auch alten Legehennen können die Betriebe selbst meist nicht mehr vermarkten und suchen sich deshalb weitere Möglichkeiten der Produktkreation oder Absatzkanäle. Besonders für die Weiterverarbeitung braucht es die EU-zugelassene Schlachtung und so wird das bestehende Konzept der mobilen Geflügelschlachtung weitergedacht.

Die Kühlzelle ist im Schlachtmobil integriert.
© Beigestellt

EU-Schlachtmobil 1.0

So unterscheidet sich das herkömmliche Schlachtmobil für Geflügel nicht wesentlich von dem aus dem Odenwald. Es gibt aber drei wesentliche Punkte, die verpflichtend sind. Erstens kommt hier nur ein sogenanntes Lagersystem zum Einsatz. Das bedeutet, dass die Kühlzelle im Schlachtmobil integriert ist. Zweitens ist der Zutritt nur über eine integrierte Hygieneschleuse möglich und drittens werden die Tiere „hängend ausgenommen“ am Schienensystem, um Kreuzkontaminationen zu minimieren. Eine erste Anforderung hat das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz erlassen und mit Dr. Veronika Ibrahim steht hier eine tatkräftige und ausdauernde Person im Vordergrund.

Richtungsweisend für die EU

Diese erste Anforderung wird somit genauestens in Deutschland in die Mangel geommen und gilt selbstverständlich als richtungsweisend für die Europäische Union. So ist es natürlich vorhersehbar, dass der Hof am Mühlgrund allerlei Besuch von verschiedensten Expert:innen, Institutionen und Regierungsstellen bekommen wird, und ein wasserdichtes Konzept wird vorweisen müssen. So sind es aktuell noch Kleinigkeiten, die es zu beheben gilt und bei Veröffentlichung dieses Artikels wird es wohl bereits einen Meilenstein bei der mobilen Schlachtung zu feiern geben. Das EU-Schlachtmobil wird keine größeren Mengen oder schneller schlachten können. Es bleibt aktuell eine Möglichkeit in der Direktvermarktung und bietet nun auch die Weiterverarbeitung und lässt die Einschränkungen bei der Vermarktung fallen.

Wo geht die Reise hin?

Die mobile Geflügelschlachtung ist eine Erfolgsgeschichte und hat nicht zuletzt auch durch die Corona-Pandemie und die steigende Nachfrage der Konsumenten an Transparenz und Tierwohl ganz ordentlich Fahrt aufgenommen. Mittlerweile ist diese Form der Schlachtung bereits bekannt und führt nicht mehr nur zu ernüchternden Blicken. Es ist eine Nische beziehungsweise soll sie es vermutlich auch bleiben. In Österreich wird man wohl noch in diesem Jahr in jedem Bundesland die Möglichkeit haben, eine Dienstleistung zur mobilen Geflügelschlachtung anfordern zu können. In Deutschland gibt es in gewissen Regionen auch bereits eine sehr gute Versorgung, aber natürlich ist auch hier noch Luft nach oben. Mit den fehlenden Aufzuchtplätzen und Schlachtmöglichkeiten wird hier das EU-Schlachtmobil eher Anklang finden und sicherlich einen neuen Markt öffnen. Die mobile Geflügelschlachtung ist zudem auch Türöffner für Betriebe und bietet eine einfache und unkomplizierte Möglichkeit, Tiere am Hof schlachten zu lassen und eine Ver- marktung zu testen, ohne vorab hohe Investitionen vorzunehmen. Man hat Zeit gewonnen und kann sich eingehend mit der individuellen Planung für seinen Betrieb beschäftigen – und am Schluss steht dann oft auch das eigene Schlachthaus im Vordergrund und die Schlachtmobile haben diesen Weg dann nur möglich gemacht – quasi als Türöffner und Beschleuniger. Besonders auch bei Bestandsbetrieben als Fleischer und Metzger werden solche dezentralen und mobilen Einheiten immer beliebter, da der eigene Prozess am Betrieb nicht verändert werden muss und so kann auch eine Dienstleistung angeboten werden beim Kunden. Mit der EU-Zulassung steht auch die Weiterverarbeitung von Produkten offen und so ergibt sich ein neuer Markt für Vermarkter.

www.biofleisch-odenwald.de  & www.mobile-schlachtung.at

Autor: Matthias Mayr

 

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