Das Handelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten erhitzt weiterhin die Gemüter. Der kürzlich veröffentlichte Text zeigt: Seit 2019 gab es kaum substanzielle Änderungen. Sensible Themen wie faire Wettbewerbsbedingungen und Umweltschutz bleiben ungelöst. Besonders betroffen ist die europäische Fleischbranche, die durch ungleiche Standards und hohe Importquoten unter Druck gerät.
Bernhuber: „Keine fairen Wettbewerbsbedingungen”
Der österreichische EU-Abgeordnete Alexander Bernhuber (EVP) kritisiert scharf, dass das Abkommen keine Gleichbehandlung schafft: „Europäische Landwirte arbeiten nach höchsten Umwelt- und Tierschutzstandards, während Importprodukte diese Maßstäbe unterlaufen.“ In den Mercosur-Staaten kommen Pflanzenschutzmittel und Antibiotika zum Einsatz, die in der EU aus gutem Grund verboten sind. Allein 2023 hat Brasilien mehr als 500 neue Pflanzenschutzmittel zugelassen, von denen viele in Europa nicht zugelassen sind.
Importquoten belasten die Fleischbranche
Die Importquoten für Agrarprodukte wie Rindfleisch und Geflügel bleiben unverändert. Zollfreie Kontingente sehen 99.000 Tonnen Rindfleisch und 180.000 Tonnen Geflügel vor. Johannes Schmuckenschlager, Präsident der Landwirtschaftskammer Niederösterreich, warnt: „Diese Mengen drücken direkt auf die Preise unserer heimischen Produkte.“
Das Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) relativiert jedoch: Pro EU-Bürger entsprächen die Rindfleischmengen etwa 220 Gramm jährlich – vergleichbar mit einem Burger pro Jahr. Dennoch bleibt der Preisdruck für heimische Produzenten spürbar, da die Produktionskosten in Europa höher sind.
Nachhaltigkeit: Mehr Schein als Sein?
Obwohl das Abkommen ein Entwaldungsverbot vorsieht, tritt dieses erst 2030 in Kraft – und das ohne klare Sanktionen. „Statt echter Fortschritte sehen wir nur leere Versprechen“, kritisiert Bernhuber. Er warnt, dass die mühsam aufgebauten europäischen Standards durch dieses Abkommen unterlaufen werden könnten.
Unklare Schutzklauseln und fehlende Absicherungen
Die theoretisch vorgesehenen Schutzklauseln für die europäische Landwirtschaft bleiben schwammig formuliert. Wie eine „erhebliche Marktstörung“ definiert wird, ist unklar. Zudem wäre eine rasche Umsetzung solcher Schutzmaßnahmen kaum realistisch.
Edeka: Differenzen innerhalb der Politik
Während Bernhuber und Schmuckenschlager das Abkommen strikt ablehnen, sieht Handelsminister Martin Kocher (ÖVP) Vorteile. Kocher argumentiert, dass Importquoten wie jene für Rindfleisch – maximal 1,6 % des EU-Verbrauchs – keinen großen Einfluss hätten. Zudem seien Schutzmechanismen wie Ausgleichszahlungen an Landwirte vorgesehen. Doch Kritiker zweifeln an der Wirksamkeit solcher Regelungen.
Fazit: Europäische Fleischwirtschaft unter Druck
Das Mercosur-Abkommen bleibt ein kontroverses Thema. Ohne klare Nachbesserungen drohen ungleiche Wettbewerbsbedingungen, sinkende Preise und eine Schwächung der regionalen Fleischproduktion. Alexander Bernhuber und Johannes Schmuckenschlager fordern daher klare und verbindliche Regelungen, um die europäischen Standards zu schützen.
Die Zukunft des Abkommens ist ungewiss: Widerstand in Ländern wie Frankreich, Polen und Italien sowie von Bauernverbänden und Parlamentariern könnte eine Ratifizierung in der aktuellen Form verhindern. Doch die Diskussion zeigt: Der Schutz der Landwirtschaft steht im Spannungsfeld wirtschaftlicher Interessen – eine Lösung ist nicht in Sicht.