Den Dienstantritt hätte er sich wahrscheinlich anders vorgestellt – doch tut es der Freude keinen Abbruch. Raimund Plautz ist trotz der enorm einschränkenden Corona-Maßnahmen voller Elan und will als Bundesinnungsmeister mit Kärntner-Power für alle Mitglieder in der Branche eintreten.
Für Fleisch & Co hat er nicht nur das Covermodel gegeben, sondern sich auch Zeit für ein erstes Interview genommen.
Das lesen Sie in diesem Artikel Raimund Plautz: „Herzlichen Dank! Mich interessiert die ganze Fleischbranche sehr, und daher stelle ich mich dieser Herausforderung sehr gern. Ich bin seit über 15 Jahren Kärntner Landesinnungsmeister, habe mit meinem Vorgänger auch immer sehr gut zusammengearbeitet – ich denke, dass ich mich mit meiner Erfahrung gut einbringen kann.“
Raimund Plautz: „Wir haben vor drei Jahren eine wunderbare Lehrwerkstätte bekommen, die aus den Mitteln der Kärntner Wirtschaftskammer finanziert wurde. Und so hat mir mein Präsident gesagt, dass ich mich gefälligst noch weiter darum kümmern soll. Das war mir Auftrag – und ich freue mich sehr darüber. Ich bin ja schon lange in Kärnten tätig, und man will mich anscheinend immer noch. Die beiden Aufgaben ergänzen sich auch gut, und ich kann sicherlich viele Synergien nutzen.“ Raimund Plautz: „Es ist schwierig, von einem Dienstantritt zu sprechen, weil im Moment innerhalb Österreichs ja nichts stattfinden kann. Tatsache ist aber, dass diese Funktion eine Riesenherausforderung ist. Viele Betriebe, viele Mitglieder leiden gewaltig unter der Last dieser Pandemie – und sind teilweise wirklich sehr stark betroffen und haben gewaltige Umsatzeinbrüche. Das ist echt nicht witzig.
Aber ich will nicht alles negativ sehen, es gibt auch positive Dinge, die Corona mit sich bringt. Die Regionalität hat wieder mehr Bedeutung gewonnen, und der Konsument wird immer feinfühliger dafür. Das ist eine Riesenchance für jene Fachgeschäfte, die in den letzten Jahren schon ein bisserl nach vorne gedacht haben. Die vielleicht bereits einen Onlineshop etabliert haben – und mit dieser Einnahmequelle die ganze Corona-Misere ein wenig ausgleichen konnten.“
Raimund Plautz: „Die Landwirtschaft versucht gerade massiv, die eigenen Pfründe abzustecken. Aber das Gewerbe kann da nicht so mit. Wenn ich Feiertagsspitzen habe und der regionale Bauer nicht in der Lage ist, die Lungenbratenmenge zu liefern, die mein Konsument braucht, dann habe ich ein Problem. So viel Flexibilität muss drinnen sein, damit das Gewerbe reagieren kann. Weil manches ist nicht so möglich, wie es sich die Bauernvertreter vorstellen.
In Kärnten gibt es eine gute Zusammenarbeit mit der Bauernschaft, wir haben ein gutes Gesprächsklima. Wir sitzen schließlich alle in einem Boot. Und mittlerweile sind die Auflagen für die bäuerliche Vermarktung angeglichen worden. Und auch wenn es meine Bauernfreunde jetzt nicht gerne hören wer- den: Ich hoffe, dass auch die steuerliche Angleichung bald kommen wird.“
Raimund Plautz: „Grundsätzlich sind Lebendtransporte, die über ein notwendiges Ausmaß hinausgehen, ganz strikt abzulehnen. Ich halte überhaupt nichts davon, lebende Tiere kreuz und quer durch Europa zu karren – Profit hin oder her, das muss man ganz klar sagen.
Die Problematik ist aber: In Kärnten sind wir sehr gut mit Schlachtbetrieben versorgt. Aber das ist nicht in ganz Österreich so – daher werden sich die Transporte leider nicht ganz abstellen lassen. Aber jede Initiative, die Wege verkürzt und kleine Kreisläufe schafft, finde ich absolut begrüßenswert. Ich werde mir das Tiroler Prämienmodel ansehen, es wird sicher einen Erfahrungsaustausch geben – wenn es sinnvoll ist, können wir es vielleicht auch den anderen Bundesländern als Erfolgsmodel schmackhaft machen.“
Raimund Plautz: „Die Bundesinnung steht auf den Säulen der Landesinnungen. Wir können nichts entscheiden, wenn es nicht von den Ländern getragen wird. Ich bin jetzt seit 16 Jahren Teil der Bundesinnung und weiß: Jede Initiative, die von oben ,herab‘ verordnet worden ist, war à la longue zum Scheitern verurteilt.“
Raimund Plautz: „Wir bekommen permanent irgendwelche Ideen aus Brüssel, die in nationale Gesetze übernommen werden sollten. Eigentlich ist daher eine unserer Hauptaufgaben, diese Dinge abzuwenden. Glauben Sie mir, da braucht es viel Arbeit und Einsatz, um so manchen Blödsinn abzuwenden. Diese Arbeit wird aber von unseren Mitglieder nicht gesehen. Denn, wenn wir erfolgreich waren, dann passiert ja nichts. Daher sehe ich es auch als Herausforderung, unsere Mitglieder darüber zu informieren, was sich hier wirklich abspielt.“
Raimund Plautz: „Ich habe heuer erstmals die Lohnverhandlungen seitens der Unternehmerschaft auf Bundesebene geführt. Und ich habe etwas gemacht, das sehr gut angekommen ist: Ich habe mit kleinen, mittleren und großen Betrieben gesprochen und mir angehört, worauf der einzelne Betrieb Wert legt, welche Probleme es gibt und was gebraucht wird. Und ich habe einen gemeinsamen Nenner gefunden. Natürlich bin ich kein Wunderwuzzi und kann es nicht jedem recht machen – aber es ist schon hilfreich, wenn man untereinander versucht, ein wenig Verständnis für den jeweils anderen aufzubringen.“
Raimund Plautz: „Bei uns nicht! Wir haben die letzten Jahre in Kärnten mehr Lehrlinge als Ausbildungsplätze. Kein Schmäh! Wir haben es hier wirklich geschafft, das Image unseres Berufes massiv zu verbessern.“
Raimund Plautz: „Wir waren einfach sehr präsent. Ich habe gute Kontakte zur Landesregierung und zu den Medien. Und wir haben den Beruf auch auf der Lehrlingsmesse sehr gut vorgestellt: Wir haben eine Schauwursterei installiert und gleich die Lehrlinge selbst ihren Beruf präsentieren lassen. Das ist gut angekommen.“
Raimund Plautz: „Wenn ich die Plattform bekomme und als Bundesinnungsmeister in den Medien zu Wort kommen kann, könnte es klappen. Ich bin relativ redegewandt und kann unseren Beruf sicher attraktiv für Journalisten präsentieren – und so vielleicht für mehr Lehrlinge sorgen.“
Raimund Plautz: „Eine bundesweite Werbung ist nicht finanzierbar, das muss man ganz klar sagen! Diese Dinge müssen auf Länderebene passieren: Die Lebensmittelinnung in Kärnten hat immer mit Medien kooperiert. Im Moment sind wir auch mit einem privaten Radiosender im Gespräch und wollen Werbespots schalten, um drauf aufmerksam zu machen, dass Bäckereien, Fleischhauereien, Konditoreien und das Lebensmittelgenussgewerbe für die Nahversorgung zu Verfügung stehen und ehrliche Regionalität bieten.“
Raimund Plautz: „Das ist Thema der Zukunft – und die große Chance. Seien wir uns ehrlich, ich kenne keinen Betrieb mehr, der mit Digitalisierung nichts zu tun hat. So blöd es klingt, sie bekommen heute nicht einmal mehr eine Fleischereimaschine, ohne mit Digitalisierung konfrontiert zu werden. Das ist Fakt.
Es braucht aber keiner glauben, ich mach’s heute, und morgen ist es schon ein Erfolg. Ich denke, dass wir da mit der Lebensmittelakademie den richtigen Weg gehen. Bedarfsorientiert Kurse anzubieten – das ist für den Ausbau der Onlineaktivität enorm wichtig. Wie kann man das umsetzen? Wie wirkt sich ein Online- shop aus? Einen Shop auf die Beine zu stellen, ist ja nicht ganz einfach und nicht billig – das muss gut durchdacht werden.“
Raimund Plautz: „Wir haben seit sechs Jahren unseren Onlineshop. Am Anfang war es eher eine Tröpflerei. Aber heuer zu Ostern konnten wir 700 Packerl verschicken – das war echt unsere Rettung im Lockdown.“
Raimund Plautz: „Das wäre eine tolle Geschichte. Doch es ist ein bisserl ein gordischer Knoten. Es müsste ohne viel Bürokratie zu schaffen sein – aber das wird, glaube ich, schwierig. Wie mache ich die Nachverfolgung? Wenn der Bauer ein paar Schweine sticht und verarbeitet – dann ist die Nachverfolgung kein Problem. Wenn ich ein Detailgeschäft habe, dann ist die Kennzeichnung auch Weltklasse. Wenn ich aber von diversen Lieferanten zukaufen muss, damit ich in Mengen produziere; wenn ich Chargen zusammenstellen muss, wird es schwierig. Dann wird es wahrscheinlich zu einem bürokratischen No-Go. Das ist das Problem, das ich damit habe. Die Idee ist traumhaft. Aber wie ist sie umsetzbar? Ich möchte nicht, dass die Betriebe noch mehr Bürokratie haben.“
Raimund Plautz: „Die Lösung kann, meiner Meinung nach, nur auf Freiwilligkeit basieren. Wenn ich meinen Kunden eine richtige Herkunftskennzeichnung biete, dann ist es ja auch ein Vorteil. Aber ein Gesetz für jeden – und für jedes Produkt? Ich sage es ganz offen und ehrlich: Da sehe die Lösung noch nicht ganz.
Beim Fleisch wäre es kein Problem – aber wie ist es bei Würstel? Da habe ich Schweinefleisch, Rindfleisch und Speck – alles vielleicht von unterschiedlichen Lieferanten. Wie mache ich das dann, damit es glaubwürdig auf dem Etikett steht?“
Raimund Plautz: „Ich muss mich um den Betrieb eigentlich nicht kümmern, weil ich einen ganz tollen Buben habe. Er ermöglicht es mir, dass ich all diese Funktionen ausüben kann. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.
Aber ich bin dennoch gerne im Betrieb. Ich brauche das. Ich will auch Unternehmer sein, das bin ich gerne, das ist mein Leben – und mit 57 ist man absolut zu jung, um was anderes zu denken.“
Herzliche Gratulation, Herr Bundesinnungsmeister! War das ihr Ziel?
Und was passiert jetzt mit ,Ihrer‘ Kärnten Landesinnung?
Wie sieht Ihr Dienstantritt aus?
Wird die Regionalität noch weiter gefördert? Ist da vielleicht auch ein Schulterschluss mit der Direktvermarktung möglich?
Stichwort Tiertransporte – sind hier, ähnlich wie etwa in Tirol, Initiativen angedacht?
Kann der Bundesinnungsmeister da nicht einfach entscheiden?
Was gehört eigentlich zu den Hauptaufgaben der Bundesinnung?
Wie wollen Sie den Spagat zwischen Ein-Mann-Betrieb und großem Unternehmer schaffen?
Ein großes Problem in der Branche ist der Lehrlingsmangel …
Wie ist das gelungen?
Könnte man dieses Konzept auch österreichweit einschlagen?
Wird es auch Imagekampagnen für die Mitglieder geben?
Auch Digitalisierung ist ein wichtiges Thema. Wie stehen Sie dazu?
Die Fleischerei Plautz ist online?
Ein weiteres Thema der Branche – und Medien: Herkunftskennzeichnung!
Welche Lösung kann es da geben?
Wie geht es mit der Fleischerei Plautz weiter?