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Das neue Tierschutz-Gesetz: Meilenstein oder Sauerei?

Die Bundesregierung hat sich auf das größte Tierschutzpaket seit vielen Jahren geeinigt: Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung von Rindern, Verbot des sinnlosen Tötens von Küken, Einschränkungen bei Tiertransporten und vieles mehr. Die Bundesregierung setzt damit auch Forderungen des Tierschutzvolksbegehrens um. Doch geht es weit genug? Hier alle offiziellen Statements …

Bundesminister Johannes Rauch: „Wichtigste Verbesserungen im Tierschutz seit vielen Jahren”

„Dieses Maßnahmenpaket ist ein großer Erfolg für den Tierschutz, der jahrelange Forderungen von Tierschützer:innen endlich umsetzt“, erklärt Tierschutzminister Johannes Rauch. „Damit sind uns wichtige Verbesserungen zum Wohl der Tiere gelungen.“ Das Tierschutzpaket sieht er als „sehr wichtigen ersten Schritt“: Er werde sich in der Regierung aber „weiterhin für Tierrechte stark machen. Denn wir sind noch nicht dort, wo wir hinwollen.“

Mit dem vorliegenden Tierschutzpaket wird die ununterbrochene, ganzjährige Anbindehaltung von Rindern ab 2030 beendet – eine langjährige Forderung von Tierschützer:innen. Zudem wird es künftig ein Verbot des sinnlosen Tötens von Küken geben. Bei Tiertransporten kommt es zu Verschärfungen, etwa durch strengere Bestimmungen, höhere Strafen und kürzere Transportzeiten. Zudem wird der Transport von Kälbern erst ab einem Alter von drei bzw. vier Wochen gestattet sein. Der Export von erwachsenen Zuchtrindern darf künftig nur noch in wenige Drittstaaten erfolgen.

Außerdem werden die Tierschutzombudspersonen der Länder juristisch gestärkt. Sie erhalten Parteistellung in Verfahren nach dem Tiertransportgesetz. Eine weitere Neuerung betrifft die Qualzucht: Hier wird es ein Verbot der Werbung mit Tieren mit Qualzucht-Merkmalen geben.

Tierschutzminister Rauch sieht das Maßnahmenpaket als Ergänzung zu jenen Verbesserungen für Tiere, die bereits im Regierungsprogramm festgeschrieben sind. Es soll noch diese Woche in Begutachtung gehen und Ende Juni im Parlament beschlossen werden. Anfang 2023 können die meisten Bestimmungen dann in Kraft treten.

 

 

Thomas Waitz (Die Grünen)(Bild: Grüne/Konstantin Taufner-Mikulitsch)

Waitz: Grüne Erfolge und Schwarze Bremsspuren beim Tierschutzpaket

Die Einigung beim Tierschutzpaket bringt viele Verbesserungen für das Tierwohl in Österreich. Thomas Waitz, grüner Abgeordneter zum Europäischen Parlament und Ko-Vorsitzender der Europäischen Grünen Partei kommentiert: „Ich gratuliere dem grünen Verhandlungsteam zu dem guten Tierschutzpaket. Viele langjährige Forderungen aus der Zivilgesellschaft werden damit endlich umgesetzt. Das, wovon schon viele Regierungen gesprochen haben, wird mit den Grünen endlich Wirklichkeit: So werden endlich Grauslichkeiten, wie beispielsweise das sinnlose Töten männlicher Küken beendet.“

Einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt der Teil zum Tiertransport. Thomas Waitz, der Schattenberichterstatter des Berichts des Tiertransport U-Ausschusses im Europäischen Parlament ist, beklagt, dass das Transportalter sogar unter der schwachen EP-Empfehlung von vier Wochen geblieben ist: „Drei Wochen alte Kälber sind schlicht und einfach nicht transportfähig. Wir wissen, dass diese Tiere aufgrund ihres noch nicht fertig ausgebildeten Immunsystems besonders anfällig für Krankheiten sind. Die Grünen Verhandler*innen haben lange für ein besseres Ergebnis gekämpft und werden sich weiterhin in der Regierungsarbeit für einen Transportstopp von nicht abgesetzen Kälbern einsetzen.“

Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger hält weiterhin ihre schützende Hand über die Agrarindustrie. „Mit dem Nein zur Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie hält die ÖVP den österreichischen Markt offen für importiertes niederländisches Kalbfleisch aus Massentierhaltung und lässt Langstreckentransporte von österreichischen Kälbern nach Spanien zu. Die ÖVP ist nicht die politische Vertreterin der österreichischen Bauern und Bäuerinnen. Sie lassen sowohl die kleinstrukturierte Landwirtschaft, als auch schutzbedürftige Tiere in Stich“, so Waitz abschließend.

 

 

Olga Voglauer, Abgeordnete im Nationalrat und Landwirtschaftssprecherin der Grünen, über Tierwohl und Herkunftskennzeichnung als Chance für die Branche. (© Die Grünen)
Olga Voglauer, Biobäuerin und Landwirtschaftssprecherin der Grünen (© Die Grünen)

Georg Strasser, Landwirtschaftssprecher der ÖVP, und Olga Voglauer, Landwirtschaftssprecherin: „Regierung sorgt für mehr Tierwohl in der Landwirtschaft”

Mit dem heutigen Ministerratsvortrag geht das größte Tierwohl-Paket seit Einführung des Tierschutz-Gesetzes in Begutachtung. „Damit entwickeln wir die Haltung von Tieren in Österreich verantwortungsvoll weiter. Nach intensiven Verhandlungen ist ein Schulterschluss gelungen“, begrüßen Georg Strasser, Landwirtschaftssprecher der ÖVP, und Olga Voglauer, Landwirtschaftssprecherin der Grünen, das umfassende Maßnahmen-Paket.

„Mit 2030 ist etwa die dauernde Anbindehaltung bei Rindern Geschichte. Die nächste Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik soll zur Umstellung genützt werden. Damit erhalten endlich alle Rinder in Österreich Bewegungsmöglichkeiten“, freut sich Olga Voglauer, Landwirtschaftssprecherin der Grünen. „Auch gibt es in Zukunft in der Eierproduktion keine männlichen Küken mehr als Abfallprodukt“, so Voglauer. Bei Tiertransporten sind wichtige Fortschritte gelungen, etwa bei Langstrecken-Transporten von Kälbern ins Ausland.

„Zentrales Anliegen bei den Verhandlungen waren Planungs- und Rechtssicherheit für Bäuerinnen und Bauern. Das schaffen wir mit ausreichenden Übergangsfristen, praxistauglichen Vorschriften sowie sinnvollen Vermarktungsanreizen. Die Kosten für höhere Standards werden Bäuerinnen und Bauern nicht alleine tragen können. Deshalb gehen mit dem Tierwohl-Paket begleitende Förder- und Marktinitiativen auch beim AMA-Gütesiegel- Programm einher. Die Gemeinsame Agrarpolitik ab 2023 bietet zudem finanzielle Unterstützungen bei der Umstellung auf mehr Tierwohl“, so Strasser.

„Auch die heute im Ministerrat beschlossene verpflichtende Herkunftskennzeichnung wird einen wesentlichen Beitrag für mehr Tierwohl leisten. Nur wenn Konsumenten bewusst zu regionalen Produkten greifen und so Wertschöpfung bei Österreichs Familienbetrieben bleibt, können wir unsere Landwirtschaft nachhaltig weiterentwickeln“, sind sich Strasser und Voglauer einig.

Bereits bei der Behandlung des Tierschutzvolksbegehrens im Dezember 2021 haben ÖVP und Grüne, gemeinsam mit den NEOS, einen Antrag eingebracht. Damit wurden die Eckpfeiler für die vorliegenden Novellen eingeschlagen. Nun wurde der erste Teil, welcher die Nutztiere betrifft, in Gesetzesvorhaben gegossen. Das Gesetzespaket für mehr Tierwohl in der Landwirtschaft geht nun für vier Wochen in Begutachtung. Der Beschluss im Nationalrat soll noch vor dem Sommer erfolgen.

Mit dem Tierwohl-Paket geht einher:

  • Ab 2023 Verbot des herkömmlichen Vollspaltenbodens bei Um- und Neubauten von Schweineställen – hier sind nur mehr Haltungsformen mit eigenen Liegeflächen erlaubt
  • Verbot des routinemäßigen Kupierens der Schwänze bei Ferkeln
  • Ab 2030 endgültiges Verbot der dauernden Anbindehaltung bei Rindern
  • Tiertransporte werden reduziert:
    • Verbot des Exportes von Schlacht- und Mastrindern in Drittstaaten
    • Drei Wochen Mindestalter für Kälber-Transporte, strengere Regelung der maximalen Transportzeit
    • Stärkung der Vermarktung von Kalbfleisch in Österreich
  • Das Töten von Küken ohne nachweisbaren Verwendungszweck wird verboten
  • Werbung von Tieren mit Qualzuchtmerkmalen wird verboten
  • Der Ausbau der Heimtierdatenbank wird festgelegt

 

Tierschutzsprecherin der Grünen Faika El-Nagashi
Faika El-Nagashi © Parlamentsdirektion / PHOTO SIMONIS

Faika El-Nagashi, Tierschutzsprecherin der Grünen, zu neuem Tierschutzpaket: „Stärkung der Tierschutzperspektive gelungen”

„Die Tierschutz-Ombudspersonen werden durch diese Novelle gestärkt. Ihnen wird nunmehr eine juristische Stelle bzw. die entsprechende rechtliche Expertise zur Verfügung gestellt, die sie benötigen, um die Interessen des Tierschutzes und damit der Tiere zu vertreten“, zeigt sich die Tierschutzsprecherin der Grünen, Faika El-Nagashi, über die Stärkung der Tierschutzperspektive anlässlich des heute präsentierten Tierschutzpakets erfreut.

Darüber hinaus erhalten die Tierschutz-Ombudsstellen nun auch Parteienstellung nach dem Tiertransportgesetz, das künftig ebenfalls strenger geregelt wird. „Lebendtiertransporte müssen weiter stark reduziert werden. Vor allem Langstreckentransporte und die Verbringung von Kälbern sind mit dem Tierwohl in den meisten Fällen nicht vereinbar. Hier werden nun strengere Regelungen und damit ein bedeutender Fortschritt umgesetzt“, sagt El-Nagashi.

Auch im Bereich der Nutztierhaltung gibt es eine Reihe von Verbesserungen wie das Ende der dauernden Anbindehaltung von Rindern oder das Verbot des Kükentötens ohne nachweisbaren Verwendungszweck. „Damit werden langjährige Forderungen umgesetzt, die Tierschutzorganisationen und letztlich auch das Tierschutzvolksbegehren immer wieder thematisiert haben. Dieses Paket ist ein erster Schritt zur Umsetzung des Mehrparteienantrags, den wir letztes Jahr beschlossen haben. Weitere Verbesserungen sind in der Erarbeitung“, sagt El-Nagashi.

 

SPÖ-Lebensmittelsprecher Christian Drobits © Parlamentsdirektion_Simonis

SPÖ-Lebensmittelsprecher Christian Drobits: „Ohne Vollspaltenböden-Verbot ist Herkunftskennzeichnung eine Farce!“

SPÖ-Lebensmittelsprecher Christian Drobits zeigt sich angesichts des heute von der Regierung präsentierten mangelhaften Pakets im Bereich der Herkunftskennzeichnung enttäuscht: „Ohne Vollspaltenböden-Verbot ist die Herkunftskennzeichnung eine Farce. Wo Österreich drauf steht, weiß man bei tierischen Lebensmitteln auch in Zukunft nichts über tatsächliche dahinterstehende Haltungsbedingungen!“

Die Selbstinszenierung der Regierung gleiche hiermit einer Vorspiegelung falscher Tatsachen, denn auch die Regierungsvorlage zur Agrarförderperiode für die Jahre 2023 bis 2027 enthält weder einen Tierschutz-Check für die Maßnahmen, noch eine Strategie zur Beendigung der Haltung von Schweinen auf Vollspaltenböden und sei deshalb abzulehnen, führt Drobits abschließend aus. Die dringlichsten Probleme im Nutztierbereich würden nämlich nicht angegangen.

 

 

SPÖ-Tierschutzsprecher Dietmar Keck
SPÖ-Tierschutzsprecher Didi Keck ©Parlamentsdirektion Photo Simonis

SPÖ-Tierschutzsprecher Didi Keck: „Tierschutzgesetz ist Bankrotterklärung der Regierung“

SPÖ-Tierschutzsprecher Dietmar Keck reagiert auf das heutige Mini-Paket der Regierung im Bereich Tierschutz wie folgt: „Dieses Tierschutzgesetz ist eine Bankrotterklärung der Regierung. Die Tierquälerei in Form von Vollspaltenböden bleiben durch den türkis-grünen Boykott legal.“ Keck erkennt kleine Schritte in die richtige Richtung an, man müsse sich aber „gerade von einer grünen Regierungsbeteiligung mehr erwarten“, so der SPÖ-Tierschutzsprecher. Köstinger sei mit ihrer Blockadehaltung im Sinne der Agrarlobby schuld an den weiterhin vorherrschenden minderen Tierschutzstandards, so Keck, und zeigt sich in seiner Kritik damit eins mit führenden Tierschutzorganisationen.

 

 Wiener Tierschutzombudsfrau Eva Persy
Die Wiener Tierschutzombudsfrau Eva Persy mit Hund Furio ©TOW_Houdek

Tierschutzombudsfrau Eva Persy: „Tierschutzpaket ist Sauerei für Österreichs Schweine“

Für Unverständnis und Fassungslosigkeit sorgt das heute veröffentlichte Tierschutzpaket der Bundesregierung bei der Wiener Tierschutzombudsfrau Eva Persy. Die als „Verbot für den Vollspaltenboden“ in der Schweinemast angekündigten Maßnahmen sind eine Mogelpackung: Statt diese völlig veraltete und tierfeindliche Haltungsform abzuschaffen, wird diese für die nächsten Jahrzehnte in Österreichs Ställen einzementiert. „Der Entwurf ist eine Sauerei“, so Persy. „Das Leid der Millionen Schweine, die in Österreich ein Leben wie am Plumpsklo führen müssen, wird für die nächsten Generationen verankert.“ Die Wiener Tierschutzombudsfrau fordert eine umgehende Überarbeitung des Gesetzespakets und ein echtes Verbot für den Vollspaltenboden.

Nach den Plänen der Bundesregierung soll es ab Jänner 2023 in neu oder umgebauten Anlagen lediglich einen Bereich geben, in dem die Anzahl der Spalten im Vergleich zum Rest der Stallfläche geringfügig reduziert ist. „Das bedeutet, dass nur auf einem begrenzten Areal jede dritte Spalte geschlossen sein muss. Das ist kein Vollspalten-Verbot, das ist ein Etikettenschwindel“, erläutert Eva Persy. Noch immer würden die geruchssensiblen Schweine in solch einem System über ihren Exkrementen leben. Eine Trennung von Liege- und Kotbereich sei zudem allein aufgrund des niedrigen Platzangebots rein technisch gar nicht möglich.

Ein weiterer Kritikpunkt: Alle bereits bestehenden Vollspaltensysteme sollen dem Entwurf nach in Betrieb bleiben. Pläne für einen echten Ausstieg aus dieser Haltungsform fehlen im Maßnahmenpaket. „Diese Perspektivlosigkeit kann doch nicht im Sinne der österreichischen Landwirtinnen und Landwirte sein. Es ist absehbar, dass diese in den nächsten Jahren den Anschluss an die Entwicklungen hin zu mehr Tierwohl in der Fleischproduktion verlieren, wenn nicht jetzt die Weichen in Richtung Zukunftsfähigkeit der heimischen Landwirtschaft gestellt werden!“, so Persy.

Die Tierschutzombudsstelle Wien (TOW) beschäftigt sich schon seit Jahren mit dem Thema „Tierwohl in der Landwirtschaft“ und hat u.a. den Einkaufsratgeber „Augen auf beim Schweinefleischkauf!“ veröffentlicht, in dem 26 Gütesiegel und Markenprogramme auf 12 Tierschutz- und Umweltkriterien hin überprüft werden.

Weitere Informationen und Analysen zu der geplanten Novelle finden Sie auf der Website der Tierschutzombudsstelle Wien.

 

Nationalratsabgeordnete Katharina Werner (NEOS) © Parlamentsdirektion / Johannes Zinner
Nationalratsabgeordnete Katharina Werner (NEOS) © Parlamentsdirektion / Johannes Zinner

NEOS-Tierschutzsprecherin Katharina Werner: „Reine Kosmetik statt großer Wurf”

„Im Herbst haben wir den Entschließungsantrag der Regierungsparteien zum Tierschutzvolksbegehren mit gutem Willen unterstützt. Was uns nun präsentiert worden ist, ist mehr als enttäuschend und gerade im Nutztierbereich gehen die Vorschläge nicht weit genug“, resümiert NEOS-Tierschutzsprecherin Katharina Werner das heute von Bundesminister Rauch vorgestellte Tierschutzpaket. Unverständlich sei vor allem, dass es im Bereich der Abschaffung der Vollspaltenböden keinen merklichen Schritt vorwärts gebe, so Werner: „Die Chance, einen Plan für mehr Tierschutz und Qualität statt Quantität in der Produktion vorzulegen, ist verpasst worden. Für kleine Schritte braucht es keine Grünen in der Regierung, die sich Tierwohl immer so groß auf die Fahnen heften.“

Positiv beurteilt Werner das Commitment zum Verbot des Küken-Tötens, die Erweiterung der Parteistellung der Tierschutzombudspersonen sowie die Einführung der Biodiversitätsweiden beim Geflügel. „Insbesondere der letzte Punkt geht in die richtige Richtung, da diese Weiden zu mehr Wohlbefinden bei den Tieren, zu mehr Artenvielfalt und auch zum Klimaschutz beitragen würden. Hier muss man allerdings noch einen Schritt weiter gehen und endlich auch Konzepte für die Doppelnutzung von Weideflächen für Tierhaltung und Energiegewinnung vorlegen.“

Das vorliegende Gesetzespaket, so die NEOS-Tierschutzsprecherin, hätte dennoch deutlich gemacht, dass es in Hinblick auf den Tierschutz in Österreich mit dieser Regierung keine echte Veränderung geben wird: „Die ÖVP bremst unentwegt und möchte am Status Quo festhalten. Ihnen gegenüber sitzt eine grüne Partei, die nicht den notwendigen Mut und die Durchsetzungskraft aufbringt, um deutliche Verbesserungen durchzubringen.“

 

FPÖ-Agrarsprecher NAbg. Peter Schmiedlechner
FPÖ-Agrarsprecher NAbg. Peter Schmiedlechner (© Parlamentsdirektion / PHOTO SIMONIS)

FPÖ – Marlies Steiner-Wieser und Peter Schmiedlechner: „Letzte Sitzung der Tierschutzkommission war eine einzige Geisterbahnveranstaltung!“

Die freiheitliche Tierschutzsprecherin Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser und FPÖ-Agrarsprecher übten heute heftige Kritik an der letzten Sitzung der Tierschutzkommission, an der auch der zuständige grüne Minister teilnahm. „Das war eine ‚einzige Geisterbahnveranstaltung‘, denn es gab überhaupt kein fassbares Ergebnis in dieser Sitzung – ‚sie war ohne Inhalt, aber mit viel Schall und Rauch mit Minister Rauch‘“, so Steiner-Wieser und Schmiedlechner.

„Grundsätzlich sollte man einmal das AMA-Gütesiegel kritisch hinterfragen – in Wahrheit gehört es überhaupt grundlegend reformiert. Auch sollten sich besonders die Grünen darum kümmern, damit endlich weniger Lebendtiertransporte auf den zahlreichen Verkehrswegen unterwegs sind – hier werden nämlich Tiere sinnloserweise einem Leidensweg ausgesetzt. Statt den Menschen zu empfehlen, weniger Fleisch zu essen, wie dies die Grünen zuletzt ventiliert hätten, sollten sie lieber das derzeit laufende überparteiliche Volksbegehren ‚Stoppt Lebendtier- Transportqual‘ unterstützen, das der freiheitliche niederösterreichische Tierschutz-Landesrat Gottfried Waldhäusl initiierte“, forderte Steiner-Wieser.

„Warum müssen beispielsweise monatlich 200.000 Kälber von Frankreich nach Norditalien gekarrt werden, damit dann in der italienischen Region die Menschen französisches Kalbfleisch essen können? Wo bleibt hier der Aufschrei des österreichischen Tierschutzministers? Hier muss es endlich zu einem gemeinsamen Schulterschluss kommen. Auch die geringfügige Erhöhung der Sofortstrafen bei Langstreckentransporte ist eine Farce. Überdies muss es zu mehr Kontrollen dieser Transporte kommen. Um die Tiere zu schonen, sollten diese daher nur noch bis zum nächstgelegenen, geeigneten Schlachthof transportiert werden dürfen. Von dort aus soll das Fleisch nur noch gekühlt oder gefroren weiterbefördert werden. Der Transport von Tieren durch Kälte, Hitze und obendrein in der Regel noch schlecht versorgt, muss endlich ein rasches Ende finden“, forderte die FPÖ-Tierschutzsprecherin.

„Tierschutz geht uns alle an und die schwarz-grüne Regierung sollte auch beim Tierschutz mit Hausverstand vorgehen – der Tierschutz muss endlich europaweit einheitlich sein. Minister Rauch kann nicht immer nur die Tierschutzauflagen erhöhen, ohne aber dazu zu sagen, wer diese finanzieren soll“, ärgerte sich Schmiedlechner über die ständigen Forderungen der Grünen.

„Unsere heimische Produktion hat bereits viel höhere Standards als international üblich. Wir müssen derzeit aber darauf schauen, dass sich unsere Bäuerinnen und Bauern die Produktion leisten können. Es hat wenig Sinn die Tierschutzauflagen weiter in die Höhe zu schrauben und damit aber die Produktion in Österreich unleistbar zu machen. Die Folge sind dann Importe aus Ländern mit viel niedrigeren Standards“, betonte Schmiedlechner.

„Jeder nationale Alleingang würde einen ungeahnten Wettbewerbsnachteil für die österreichischen Bauern bedeuten. Anstatt die Bauern mit neuen Auflagen weiter in die Enge zu treiben, sollte der Minister endlich den unnötigen Schlachttiertransporten aus dem Ausland nach Österreich einen Riegel vorschieben“, forderte der FPÖ-Agrarsprecher.

 

Sebastian Bohrn Mena, Initiator des Tierschutzvolksbegehrens und Sprecher der Nachfolge-Initiative oekoreich

Sebastian Bohrn Mena: „Tierschutzvolksbegehren führt zu größter Tierschutzreform seit Jahrzehnten“

Die Bundesregierung unter Federführung von Tierschutzminister Johannes Rauch hat heute die größte Reform des österreichischen Tierschutzes seit Jahrzehnten präsentiert. Rund ein Jahr nach dem sehr erfolgreichen Tierschutzvolksbegehren, das über 416.000 Menschen unterschrieben haben, werden damit zentrale Forderungen umgesetzt. Seit Einführung des Bundestierschutzgesetzes im Jahr 2005, ebenfalls Resultat eines Volksbegehrens, werden damit die weitreichendsten Verbesserungen im Umgang mit Tieren auf den Weg gebracht.

Die wichtigsten Fortschritte im Überblick:

  • Küken dürfen nicht mehr sinnlos getötet werden
  • Rinder dürfen nicht mehr permanent angebunden werden
  • Schweine erhalten in Neu- und Umbauten künftig mehr Platz
  • Tiertransporte werden kürzer, stark eingeschränkt und strenger reglementiert
  • Lebendtiertransporte für Schlacht- und Masttiere in Drittstaaten werden verboten
  • Keine Zuchttier-Transporte mehr nach Nordafrika oder in Nahen Osten
  • Tierschutzombudsleute in Bundesländern werden stark aufgewertet

„Tiere sind fühlende Wesen und sie müssen endlich auch als solche behandelt werden. Mit dem umfangreichen Reformpaket kommen wir diesem Zielzustand einen großen Schritt näher. Die Änderungen spiegeln den Paradigmenwechsel in der Bevölkerung wider. Niemand in Österreich ist noch länger bereit das Elend der Tiere zu ertragen und ich freue mich, dass die Politik nun endlich beginnt, dies umzusetzen. Es hat offenbar unser Volksbegehren mit über 416.000 Unterschriften, die Grünen in der Regierung und Bewegung im Bauernbund und der ÖVP gebraucht, damit ein großer Erfolg gelingt – aber er ist nun gemeinsam gelungen.

Zentrale Forderungen unseres Tierschutzvolksbegehrens werden jetzt erfüllt und ich bin zuversichtlich, dass wir auch noch den Rest durchsetzen werden. Denn es zeigt sich: Engagement zahlt sich aus. Der Einsatz für Tiere & Umwelt dauert lange, er ist mühsam, aber er lohnt sich. Der heutige Tag ist der beste Beweis dafür, dass Druck von unten für Bewegung sorgt. Wir werden als Gemeinwohlstiftung COMÚN dafür sorgen, dass er hoch bleibt und die Reformen jetzt nicht aufhören“ so Sebastian Bohrn Mena, Initiator des Tierschutzvolksbegehrens und Sprecher der Nachfolge-Initiative oekoreich.

Dialog für Reformen geht weiter: Österreichische Konsumdialoge

Offene Punkte aus dem Tierschutzvolksbegehren bleiben unter anderen die verpflichtende Lebensmittel-Herkunftskennzeichnung auch in der Gastronomie oder ein Ende der Soja-Importe aus dem Regenwald. Im Dialog mit der Landwirtschaft, der Wirtschaft und der Politik, sollen in diesen und anderen Bereich nun Fortschritte auf den Weg gebracht werden. Dabei gilt, wie schon beim Tierschutzvolksbegehren, dass nachhaltige und systemische Änderungen nur unter Anerkennung bäuerlicher Realitäten möglich sind.

Im Rahmen der „Österreichischen Konsumdialoge“ von 11. bis 13. Mai 2022 in Hallein wird es in diesem Sinne eine Reihe von Gesprächen geben, an denen auch Bundesminister Johannes Rauch, der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses im Nationalrat, Georg Strasser (ÖVP) und seine Stellvertreterin Cornelia Ecker (SPÖ), die Vertreter*innen der landwirtschaftlichen Erzeugerverbände sowie weitere Expert*innen teilnehmen werden. Vor allem aber werden die Perspektiven der Konsument*innen und Bäuer*innen im Mittelpunkt stehen.

Demokratisierung des Ernährungssystems

„Das große Tierschutz-Reformpaket der Bundesregierung ist ein wichtiger Meilenstein, aber nicht das Ende unseres Wegs. Wir müssen die Art und Weise wie, wo und von wem unsere Lebensmittel erzeugt werden, grundsätzlich neu gestalten. Es braucht eine Demokratisierung unserer Ernährung, hin zu einem ökologisch und sozial gerechten System, bei dem wir alle mitbestimmen können unter welchen Bedingungen produziert wird und bei dem weder Tiere und Umwelt noch Klima und kleinbäuerliche Landwirtschaft zerstört werden.

Wir wollen uns nicht länger zu wandelnden Geldbörsen degradieren lassen, die nur auswählen können, was Industrie- und Handelskonzerne uns vorher nach ihrem Ermessen ins Regal gelegt haben. Wir wollen endlich selbst als Bürger*innen und als Konsument*innen entscheiden können, wie unser Steuergeld eingesetzt wird, wie Tiere, Böden und Gewässer behandelt werden und wie auch die enormen Profite verteilt werden, die sich aus der Erzeugung und Verteilung von Nahrung ergeben“ so Sebastian Bohrn Mena abschließend.

VIER PFOTEN Direktorin Eva Rosenberg © Mayer / Vier Pfoten

VIER PFOTEN-Direktorin Eva Rosenberg: „Novelle zur Tierhaltung ist inakzeptabel”

Inakzeptabel – das ist das Fazit von VIER PFOTEN zur von der Regierung zur Begutachtung vorgelegten Novelle des Tierschutzgesetzes, der 1. Tierhaltungsverordnung und des Tiertransportgesetzes. Schweine und Mastrinder werden nach wie vor auf Vollspaltenböden stehen, Schwanzkupieren und betäubungslose Kastration bei Ferkeln weiterhin gängige Praxis sein und Tiere viel zu jung und viel zu lange transportiert werden.

Das ist ein extrem schwacher Kompromiss, der da herausgekommen ist – leider wieder mal auf dem Rücken der Tiere. Das angebliche Vollspaltenverbot wird ab 2023 ausschließlich für Neu- und Umbauten von Ställen gelten. Es soll das dänische Modell mit einem Liegebereich gänzlich ohne Stroheinstreu für Schweine kommen, dessen Boden erst recht wieder perforiert sein kann – mit all den gesundheitlichen Schäden für die Tiere. Die restliche Stallfläche darf weiterhin aus Vollspaltenböden bestehen! In Wahrheit wird der Status Quo zementiert. Das kann nicht als Fortschritt bezeichnet werden und ist vor allem im Lichte der kürzlich präsentierten Herkunftskennzeichnung zynisch. Die Herkunft aus Österreich muss für bessere Haltungsbedingungen stehen. Diese Chance wurde gerade in der Schweinehaltung verpasst, sagt VIER PFOTEN Direktorin Eva Rosenberg.

Auch die sonstigen Novellierungen sind mehr als dürftig: Rosenberg: „Nach wie vor können Ringelschwänze der Schweine kupiert werden – mit der einzigen Einschränkung, dass das nur bei Auftreten von Verletzungen durch Schwanzbeißen von mehr als zwei Prozent der Schweine möglich ist. Der Witz daran: Solange Schweine viel zu wenig Platz und viel zu viel Stress haben, werden sie sich immer weiterhin gegenseitig verstümmeln. Es wurde also nicht mal ein ernsthafter Versuch unternommen, diese Tierquälerei abzustellen – und das trotz des Verbots des routinemäßigen Kupierens, einer EU-Mahnung und vieler Beispiele, wie es anders gehen kann! Im Übrigen wurde das Thema betäubungslose Ferkelkastration wieder komplett außen vor gelassen; von dieser Tierquälerei sind in Österreich also weiterhin jährlich 2,7 Millionen Ferkel betroffen.“

Einzig das Auslaufen der vielen Ausnahmen des Verbots der dauerhaften Anbindehaltung bei Rindern ist positiv, allerdings gibt’s auch hier einen Wermutstropfen: „Die Übergangsfrist bis 2030 ist viel zu lang. Die Probleme sind seit Jahren bekannt, hier muss sich einfach schneller etwas tun“, sagt Rosenberg.

Ebenfalls inakzeptabel sind die Änderungen bei den Tiertransporten. Das Mindesttransportalter bei Kälbern soll von zwei auf lediglich drei Wochen angehoben werden. Längerfristig soll eine Erhöhung auf vier Wochen ab 2026 überprüft werden. Eva Rosenberg: „In dem Alter sind die Jungtiere noch auf Milchnahrung angewiesen und einfach viel zu jung für den Transport. Wir fordern, dass sie erst ab der zwölften Woche transportiert werden dürfen, egal, ob innerhalb von Österreich oder ins Ausland.“ Exporte in EU-Drittstaaten sollen nur für so genannte Zuchtrinder möglich sein, nicht mehr für Schlachtrinder. Den Haken daran erklärt Rosenberg so: „Wie wird sichergestellt, dass es sich um Zuchtrinder handelt? Auch hier wurden die negativen Beispiele aus der Vergangenheit nicht ernst genommen bzw. haben zu keinen stärkeren Regeln geführt. Sehr oft werden die Tiere als Zuchtrinder deklariert, dann im Zielland aber erst recht wieder geschlachtet, und das unter erbärmlichen Bedingungen. Die zulässige Beförderungsdauer von maximal 82 Stunden ist im Übrigen absurd!“ Der einzige Lichtblick und längst überfällig ist, dass Transporte in Zielländer im Nahen Osten und Nordafrika künftig nicht mehr möglich sein sollen. Ebenso positiv hervorgehoben werden können Änderungen im Heimtierbereich und die aufgewertete Stellung von Tierschutzombudspersonen.

Alles in allem ist VIER PFOTEN maßlos enttäuscht. „Wir wissen natürlich, dass die ÖVP sämtliche Verbesserungen im Tierschutzbereich blockiert, aber es ist ernüchternd, dass dieser Entwurf keine stärkere grüne Handschrift trägt und die heißen, viel diskutierten Eisen erneut nicht angreift. Wir werden eine umfassende Stellungnahme im Begutachtungsprozess abgeben und fordern die Politik auf, den Entwurf deutlich nachzubessern – auch im Sinne der österreichischen Bevölkerung, die sich in sämtlichen Umfragen mehr Tierschutz wünscht. Sonst sind wieder einmal die Tiere die Opfer der klassischen österreichischen Klientelpolitik“, meint VIER PFOTEN Direktorin Rosenberg.

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