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Zu den Wurzeln der Krainer Wurst

Bei der Krainer Wurst gehen die Slowenen keine Kompromisse ein. Seit Jahrhunderten verwenden die Fleischereien alte Rezepte und ließen die „Kranjska klobasa“ sogar als immaterielles Kulturerbe schützen. Eine Spurensuche in Kranj von Anita Arneitz.

Die Krainer Wurst: immer paarweise

Das Singledasein liegt der Krainer Wurst ganz und gar nicht. Zumindest in ihrer Heimat Slowenien. Hier wird
sie traditionell paarweise verkauft und serviert – und gegessen. Das war auch schon so, als der österreichische Kaiser Franz Joseph 1883 die kleine Stadt Kranj (Krainburg) besuchte. Damals lag die heutige Region Oberkrain zwischen der slowenischen Hauptstadt Ljubljana (Laibach) und den Alpen noch mitten in der österreichisch-ungarischen Monarchie. Immer wieder machte der Adel vom Wiener Hof Halt in der Gegend, bevor es über die Berge ans Meer ging.

Vom Kaiser hochgelobt

In dieser Zeit begann der Siegeszug der slowenischen Krainer rund um die Welt. Der Kaiser hatte nämlich auf seiner Reise stets Hunger und kehrte in der Nachbarortschaft Naklo in eine Gaststätte für Fuhrleute ein. Die Wirtsleute hätten nie im Leben mit so prominentem Besuch gerechnet und konnten dem Kaiser nur ein paar einfache Würste auf den Tisch stellen. Der Legende nach bemerkte der Kaiser die Scham der Wirte und lobte sie für ihre Fleischwaren. So soll seine Majestät gesagt haben: „Das sind keine gewöhnlichen Würste, das sind echte Krainer Würste!“ Und darauf sind die Slowenen noch heute stolz.

Kult und Kulturerbe

2012 wurde die sogenannte „Kranjska klobasa“ als geografisch geschützte Marke und immaterielles Kulturerbe eintragen. Manche werden sich vielleicht an den damaligen Disput mit Österreich erinnern. Die Käsekrainer ist nämlich eine Abwandlung der Krainer Wurst – aber anders als in Slowenien mit Käse gefüllt. Beim Namen gingen die Wogen hoch. Aber schließlich gab es eine Einigung: Die Slowenien durften ihre Krainer Wurst schützen lassen und die Österreicher dürfen weiterhin zu ihrer Wurst Käsekrainer sagen. Allein daran lässt sich erkennen, wie eng die Krainer Wurst mit kultureller Identität verbunden ist.

Vom Bauernhof in die Fleischereien

Ursprünglich waren die Würste ein Produkt der Bauern, ab dem 18. Jahrhundert boten aber nachgewiesen auch die Fleischereien diese Wurstwaren an – eng verbunden natürlich mit dem traditionellen Schlachtfest. Am Wiener Hof waren die Fleischer und die Krainer Würste sehr geschätzt für ihr Handwerk und die berühmte steirische Kochbuchautorin Katharina Prato erwähnte die Würste in ihrem berühmten Kochbuch.
Heute finden sich sogar in Übersee Ableger der Krainer Wurst, zum Beispiel in Australien und Neuseeland. In Ohio wird ein Krainer-Wurst-Festival gefeiert und auch die amerikanische Astronautin Sunita Williams mit slowenischen Wurzeln nahm sich ein paar Krainer Würste mit ins Weltall.

Wirtshausklassiker

In den traditionellen Gasthäusern in der Oberkrain ist die Krainer Wurst ein Fixstarter auf der Speisekarte. Als Vorspeise wird sie mit Brot, Senf und Kren serviert, als Hauptspeise mit Kartoffeln oder Sauerkraut. Manche Köche verzichten sogar bei der Nachspeise nicht auf die Wurst und kombinieren diese mit der Potica, einem süßen Hefeteiggebäck, ähnlich dem Kärntner Reindling.

Die Fleischerei der Familie Arvaj aus Kranj gehört zu den rund ein Dutzend Betrieben im Land, die die Krainer Wurst unter dem entsprechenden Namen herstellen dürfen. © Anita Arneitz

Fleischereien als Produzenten

Vor allem in der Oberkrain gibt es noch einige Fleischereien, die die Würste nach den alten Originalrezepten herstellen. Eine der größten und bekanntesten ist zum Beispiel Familie Arvaj aus Kranj. Sie gehört zu den rund ein Dutzend Betrieben im Land, die die Krainer Wurst unter dem entsprechenden Namen herstellen dürfen. Mit einher gehen strenge Regeln hinsichtlich Zutaten, Zubereitung und Marketing. Regelmäßig gewinnt die Fleischerfamilie Auszeichnungen für ihre Würste. Heute wird die Fleischerei in der zweiten Generation von Anton Arvaj junior geleitet. Aber seine Ivica und Anton senior sind trotzdem noch jeden Tag hinter der Wursttheke und kontrollieren, ob die Qualität passt.

Traditionelle Herstellung

Hergestellt werden die Brühwürste überwiegend aus Schweinefleisch. Besonders fein werden die Würste mit dem Fleisch der Krškopoljski. Das ist eine autochthone, typisch slowenische Schweinerasse. Karreestücke und Koteletts werden für die Würste gemeinsam mit Speck klein gehackt und mit Meersalz, Knoblauch sowie Pfeffer gewürzt. Sonst kommt nichts rein in die Masse, die traditionell in einen essbaren Naturdarm abgefüllt wird. Durch die Drehungen per Hand verteilt sich die Fleischmasse gut und das Ende wird mit einem Holzstäbchen fixiert. „Fehlt das Holzstäbchen, dann ist es keine echte Krainer Wurst“, sagt Ivica Arvaj streng. Jedes Paar ist mindestens zwölf Zentimeter lang.

Krainer Würstel haben strenge Regeln hinsichtlich Zutaten, Zubereitung & Marketing. © Arneitz

Richtige Zubereitung ist wichtig

Dann werden die Würste bei 72 Grad über Buchenholz geräuchert, bis sie eine rotbraune Farbe und ein rauchiges Aroma haben und wärmebehandelt. Wer die Krainer Würste in der Fleischerei oder im Supermarkt kauft, braucht sie zu Hause nur noch kurz warm zu machen. Bloß nicht im Topf kochen lassen! „Sind sie zu lange im heißen Wasser, verlieren sie an Geschmack“, erklärt Fachfrau Ivica Arvaj. Mit der richtigen Temperatur zergehen sie regelrecht auf der Zunge und entfalten eine feine Würze am Gaumen. Und sogar dem internationalen Fast Food machen sie Konkurrenz: Mitten im Zentrum von Ljubljana ist der Krainer-Wurst-Imbiss Klobasarna inzwischen bekannt für die langen Warteschlangen vor dem Eingang.

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