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Weiße Fahne in Tirol: Die Meisterprüfungen sind geschafft

Alle sieben Gesellen haben ihre Fleischermeisterprüfung mit Erfolg bestanden. Sehr erfreulich: Die Teilnehmerzahlen in Tirol sind und bleiben stabil.

Es ist ein regnerischer Junitag. Obwohl die aufgrund der Corona-Krise verhängte Maskenpflicht soeben aufgehoben wurde, sind die speziellen Verhaltensregeln in öffentlichen Gebäuden noch aufrecht. Die Eingänge an der Tiroler Fachberufsschule für Ernährung, Schönheit, Chemie und Medien, im Innsbrucker Stadtteil St. Nikolaus, sind für schulfremde Personen verschlossen. Auf Klingeln meldet sich die Direktion. Dann geht es mit freundlicher Begleitung ins Innere zu den Unterrichtsräumen für das Fleischergewerbe. Zum Zeitpunkt des Besuchs der Fleisch & Co-Redaktion am frühen Montagnachmittag wird im top ausgestatteten Praxisraum konzentriert und zielorientiert gearbeitet. Die Stimmung ist locker bis leicht nervös. Es ist der Tag eins der Fleischer-Meisterprüfung. Sieben Gesellen – zwischen 19 und 40 Jahre alt – sind in Innsbruck angetreten. „Eine stabile Zahl und vor allem eine gleichbleibend stabile Zahl“, wie uns Metzgermeister und Berufsschullehrer Karl Obermoser erfreut verrät. Das ganze Interview mit dem erfahrenen Metzger und Ausbildner lesen Sie hier

Die Jury-Bewertung

Gemeinsam mit dem Prüfungsvorsitzenden und Berufsschullehrer Herbert Schwaiger und Metzgermeister Klaus Brindlinger (Metzgerei Brindlinger in Rum bei Innsbruck) beurteilt Obermoser die Leistungen der Anwärter auf den Meisterbrief. „Wir haben jährlich in etwa sechs bis neun Teilnehmer bei den Meisterprüfungen. Das ist gleichbleibend und wird erfreulicherweise nicht weniger“, erklärt Obermoser. Bei den Prüfern gibt es mit Andreas Wimpissinger (Metzgerei Wimpissinger in Angath bei Wörgl) noch einen vierten (Ersatz-)Mann. „So ist die Jury immer besetzt, falls einer von uns ausfällt.“

Am Ende des ersten Prüfungstages zeigt sich die dreiköpfige Prüfungskom- mission zufrieden. Unterliegt der Ablauf der Meisterprüfung selbstverständlich klaren Regeln und Richtlinien, ist es doch immer wieder aufs Neue spannend, wel- che Leistungen die Teilnehmer abliefern werden. Fixer Programmpunkt des ersten Prüfungstages ist: Die Gesellen müssen ein Rinder-Vorderviertel und eine Schwei- nehälfte küchenfertig zerteilen und prä- sentieren. Zudem müssen die Prüflinge eine kalte Platte und eine Grillplatte legen sowie eine Fleischplatte/Braten zuberei- ten. Am Ende des Tages stehen noch die Vorbereitungen und das Wiegen für die Wurst- und Schinkenproduktion für den nächsten Morgen am Programm. Am zweiten Prüfungstag heißt es nämlich, vier Sorten Wurst und einen Schinken zu produzieren.

Die Aufregung steigt

Am dritten und letzten Prüfungstag wird den Kandidaten nochmals alles abverlangt. Jetzt kommt es darauf an, wie die Wurst- und Schinkenproduktion gelungen ist und wie diese präsentiert wird. Kann der Anschnitt überzeugen? Ist das Produkt gelungen? Wo sind Fehler passiert? Was kann man besser machen? Und vor allem, können die Kandidaten im abschließenden mündlichen Fachgespräch wirklich überzeugen?

Als Österreichs einziges Fachmedium für das Fleischergewerbe dürfen wir am ersten Tag live dabei sein, wenn die Kandidaten einzeln in den Praxis-Unterrichtsraum gebeten werden und ihre kalten Platten, Grillplatten und Fleischplatten präsentieren. Die Prüfer Klaus Brindlinger, Karl Obermoser und Vorsitzender Herbert Schwaiger nehmen sich kein Blatt vor den Mund. Beurteilen Handwerk, Arbeitsweise, Schnelligkeit, Optik, Wareneinsatz und Kalkulation mit Argus-Augen und fairer Strenge. Einige Kandidaten können sich am ersten Tag schon etwas zurücklehnen, aber natürlich noch nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen. Schließlich stehen noch zwei weitere Prüfungstage bevor.

Wir werden am ersten Prüfungstag nämlich Augenzeuge, wie die Arbeiten der Gesellen Matthias Knauer (Juniorchef der Metzgerei Knauer in Brixen im Thale) und Bernd Moosbrugger (arbeitet in der Metzgerei Wilhelm in Prutz) bei der dreiköpfigen Prüfungskommission ankommen. Es gibt für die beiden Kandidaten sehr viel Lob, aber auch kritisches Feedback.

Beispielsweise hätten sich die Prüfer bei einer der Fleischplatten filigranere Steaks gewünscht. Bei einer der Wurstplatten ist den Prüfern die Kalkulation des Arbeitsaufwandes im Verhältnis zu den Kosten für die Kundschaft zu hoch angesetzt. Auch weisen die Prüfer darauf hin, dass eine der Grillplatten optisch äußerst zufriedenstellend ist, die Kundschaft wohl aber hungrig vom Tisch aufstehen könnte, weil der Platteninhalt für die gedachte Anzahl an Personen nicht ausreichend sein würde.

Auf Augenhöhe

Wie wir sehr erfreut auch beobachten durften, werden die Prüflinge nicht bloß beurteilt. Die Gesellen können auch zu ihren Arbeiten Stellung nehmen – zudem setzten sich die Prüfer auch intensiv mit den einzelnen Arbeiten auseinander, erklären was ihnen gefällt und was nicht, geben Anregungen und Verbesserungsvorschläge. Wir haben die Arbeit der Prüfungskommission live festgehalten: Hier können Sie die Die Beurteilung sehen.

Am Ende der dreitägigen Meisterprüfung kann schließlich die weiße Fahne ge- hisst werden. Metzgermeister Klaus Brindlinger zieht erfreute Bilanz: „Alle Teilnehmer haben die Meisterprüfung geschafft. Die Leistungen waren wirklich gut. Besonders überrascht hat uns die Qualität der Fachgespräche. Aber auch die Wurst- und Schinkenproduktion ist sehr gut ausgefallen.“

Autorin: Barbara Egger

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