Fleischalternativen aus pflanzlichen Proteinen gewinnen auch in Österreich an Bedeutung. Doch wie gesund sind sie wirklich? Experten beleuchten die Vor- und Nachteile im Vergleich zu tierischen Lebensmitteln.
Vegane Burger und Co.: Eine Alternative mit Tücken?
Pflanzliche Fleischalternativen wie Burger-Patties aus Erbsenprotein oder Ackerbohnen erfreuen sich großer Beliebtheit. Besonders in urbanen Regionen Österreichs wächst die Nachfrage rasant. Doch wer sich überwiegend pflanzenbasiert ernährt, sollte auf eine ausgewogene Nährstoffversorgung achten. Eine rein vegane Ernährung kann, so die Ernährungsphysiologin Prof. Hannelore Daniel, eine Mangelernährung begünstigen. „Unser Körper benötigt Aminosäuren aus Proteinen für die körpereigene Proteinsynthese. Pflanzliche Proteine erfordern jedoch oft die doppelte Menge, um dieselbe Wirkung wie tierisches Protein zu erzielen“, erklärt sie. In Pflegeheimen oder Krankenhäusern, wo Bewohner häufig einen verminderten Appetit haben, kann das ein ernstzunehmendes Problem darstellen. Eine ausgewogene Ernährung mit leicht verwertbaren Proteinen sei hier essenziell, um einen Abbau von Körpersubstanz zu verhindern.
Anti-Nährstoffe in pflanzlichen Lebensmitteln: Ein Risiko?
Hülsenfrüchte wie Erbsen oder Sojabohnen enthalten sogenannte „Anti-Nährstoffe“. Diese antinutritiven Substanzen können die Aufnahme von Vitaminen und Mineralien hemmen oder die Proteinverdauung erschweren. Während gelegentlicher Konsum von pflanzlichen Alternativen unproblematisch bleibt, sollten Menschen mit überwiegend veganer Ernährung gezielt Nahrungsergänzungsmittel in Betracht ziehen. Ein Forschungsschwerpunkt ist derzeit, wie diese Anti-Nährstoffe bei der Verarbeitung entfernt werden können. In der Lebensmittelproduktion liegt der Fokus bislang eher auf Geschmack und Konsistenz.
Hochverarbeitet, aber gesundheitlich unbedenklich?
Die Herstellung von Protein-Isolaten aus Hülsenfrüchten ist technisch anspruchsvoll: Schälen, Zerkleinern, Filtern und Aufreinigen führen am Ende zu hochverarbeiteten Produkten. Dennoch gibt es laut der Lebensmitteltechnologin Prof. Ute Weisz keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass stark verarbeitete Lebensmittel automatisch gesundheitsschädlich sind. „Die Bewertung des Verarbeitungsgrads ist äußerst komplex und sollte nicht pauschal negativ ausfallen“, so Weisz.
Österreichs Blick auf die Zukunft pflanzlicher Alternativen
In Österreich spielen Fleischalternativen nicht nur eine Rolle für Konsumenten, sondern auch für die heimische Landwirtschaft. Hülsenfrüchte wie Ackerbohnen könnten heimische Landwirte dabei unterstützen, neue Märkte zu erschließen und die Abhängigkeit von importierten Sojabohnen zu verringern. Die Frage bleibt jedoch, ob sich pflanzliche Alternativen langfristig als Ergänzung oder Ersatz für Fleischprodukte etablieren werden. Fleischalternativen aus pflanzlichen Proteinen bieten zwar Chancen, erfordern jedoch fundierte Kenntnisse über Ernährung und Nährstoffe. Besonders in sensiblen Bevölkerungsgruppen wie Pflegeheimbewohnern sollten tierische Proteine nicht vollständig ersetzt werden. Österreichs Landwirte haben durch die Produktion von Hülsenfrüchten die Möglichkeit, diesen wachsenden Markt aktiv mitzugestalten.