Dass das Jahr 2024 nicht einfach war, ist uns allen klar. Unsere Branche stand vor massiven Herausforderungen: die anhaltend hohen Inflationsraten, explodierende Kosten und bürokratische Belastungen machten den Berufsalltag schwierig. Doch wie mein Großvater immer sagte: „Gegessen wird immer …“ – und das hat sich besonders im zweiten Halbjahr gezeigt.
Die Sommermonate mit Festen – von Feuerwehrfesten bis Grillereien – haben der gesamten Lebensmittelbranche gutgetan und für neuen Aufschwung gesorgt. Große Ausgaben werden zwar krisenbedingt mehr hinterfragt, aber die Menschen gönnen sich wieder Gutes, feiern das Leben und setzen auf Qualität. Gutes Essen ist ein wichtiger Teil davon. Auch das Weihnachtsgeschäft war sensationell – in meinem Betrieb konnten wir zum Beispiel mehr umsetzen als in den beiden Jahren zuvor und ich denke, dieser Boom war in der gesamten Branche zu spüren.
Und es geht anscheinend weiter: Auch die aktuelle Heringssalat-Saison zeigt einen starken Trend und ist besser als in den letzten Jahren. Die Menschen gönnen sich kleine Genüsse, auch wenn sie bei großen Investitionen zögern. So gesehen gehe ich mit Frohlocken in das Jahr 2025 – allerdings gepaart mit gemischten Gefühlen, denn die Situation bleibt trotzdem angespannt. Wir alle wissen, dass die Marge, also die Wertschöpfung als solche, in unserer Branche fehlt.
Auch der Personalmangel ist ein großes Thema, das uns weiterhin beschäftigen wird. Das Gehaltsniveau in Ländern wie Rumänien oder Bulgarien hat sich angeglichen, und viele Betriebe haben ihre Produktion dorthin verlagert. Für ausländische Arbeitskräfte lohnt sich der Weg nach Österreich oft nicht mehr. Mit der Innung arbeiten wir an Konzepten, um dem entgegenzusteuern – wir haben einige Projekte, deren Umsetzung derzeit konzipiert werden. Ich kann euch nur so viel sagen: Das wird spannend. Sehr spannend!
Um wieder mehr Lehrlinge auf unseren Beruf aufmerksam zu machen, haben wir in einem ersten Schritt VR-Brillen angeschafft. Mithilfe von Animationen wird die Produktion von Leberkäse sowie die Arbeit im Verkauf vorgestellt und so den Schüler:innen unser Beruf spielerisch nähergebracht. Das macht wirklich Spaß und zeigt, wie spannend unser Handwerk ist. Die politische Unsicherheit ist ein weiteres Problem. Aktuell fehlen klare Konzepte, wie die Wirtschaft zukunftsfähig gestaltet werden soll – und wenn es Vorschläge gibt, ist oft unklar, wie diese finanziert werden können.
Wir werden vonseiten der Innung auch 2025 alles daransetzen, dass unsere Branche international
wettbewerbsfähig bleibt bzw. wieder wird. Dafür werden wir auch heuer wieder in Brüssel vorstellig, versuchen, möglichst viele Informationen zu erhalten und EU-weite Kooperationen für das gemeinsame Ziel einzugehen. Dieses Wissen müssen wir anschließend in Österreich anwenden, um die Rahmenbedingungen für unsere Branche zu verbessern.
Es ist eine Sisyphus-Arbeit, dennoch konnten wir in der Vergangenheit immer wieder kleine und auch größere Erfolge feiern, wie etwa die Verschiebung der Entwaldungsverordnung. Doch der Druck durch den Green Deal und Lieferkettenregulierungen bleibt hoch. Trotz aller Hürden bin ich überzeugt: Unternehmertum wird sich immer durchsetzen. Unsere Branche hat großartige junge Talente, die mit neuen Ideen und einem klaren USP punkten. So hat unsere Branche eine sehr gute Chance.
Aber dazu gehört enormer Unternehmergeist – und mehr als „nur” eine gute Wurst zu machen. Das ist auch die große Herausforderung für all unsere Betriebe: Man muss ein kleiner Wunderwutzi sein und tagtäglich nicht nur gute Produkte herstellen, sondern auch modernes Marketing betreiben, das Personal bei Laune halten, die Online-Seite aktuell halten, kluge Investitionen planen und am besten auch noch die Buchhaltung kontrollieren. Aber ich denke, ich muss hier nicht weiter ausholen, denn jene Betriebe, die heute noch bestehen, wissen sehr genau, wie es geht.
Ich verstehe, warum viele junge Menschen überlegen, ob sie den Familienbetrieb übernehmen oder doch ein Angestelltenleben vorziehen. Die junge Generation hat andere Werte und Prioritäten, und einen Betrieb erfolgreich zu führen, ist mit dem aktuellen Work-Life-Balance-Trend nicht leicht vereinbar.
Abschließend möchte ich euch noch ein Highlight für 2025 besonders ans Herz legen: den Internationalen Fleisch- und Wurstwettbewerb im September in Klagenfurt. Die Teilnahme ist enorm wichtig für die Standortbestimmung. Wir haben eine hervorragende Jury unter der Leitung von Fleischermeister Wolfgang Seidl. Zudem versuchen wir, mit klugem Marketing und Kooperationen unsere vorzüglichen Produkte ins Rampenlicht zu rücken und den Konsumentinnen und Konsumenten zu zeigen, dass der Einkauf im Fleischfachgeschäft Qualität und Geschmack bietet, die ihresgleichen suchen.
Als Bundesinnungsmeister kann ich nur sagen: Ich bin stolz auf unsere Betriebe. Wir haben herausragende Fleischermeister*innen, die tagtäglich hervorragende Produkte herstellen und unseren Beruf sensationell präsentieren. Unser Handwerk verdient Anerkennung, und das sollte unser aller Motto für 2025 sein.
Mit kollegialen Grüßen
Euer Raimund Plautz