Bei der „Ab Hof“, der Messe für bäuerliche Direktvermarkter in Wieselburg, betonten Interessenvertreter des Lebensmittelgewerbes und der Landwirtschaft, dass sich Fleischer und Direktvermarkter als Partner und nicht als Konkurrenten sehen. Beide stünden für die Authentizität ihrer Produkte, so DI Anka Lorencz, Geschäftsführerin der Lebensmittelgewerbe, in vielen Fällen gebe es auch eine Zusammenarbeit in der Produktentwicklung.
Bei der niederösterreichischen Messe „Ab Hof“ werden unter dem Titel „Speckkaiser“ Fleischwaren sowohl aus landwirtschaftlicher als auch aus gewerblicher Produktion prämiert. Ob Rohpökelwaren, Würstel oder Aufstriche – hier handelt es sich um einzigartige Produkte, die Alleinstellung haben, Mehrwert generieren und damit auch das Prädikat „Regionale Spezialität“ verdient haben.
In Oberösterreich wird änhlich vorgegangen. Dort kooperieren der Lebensmittelcluster OÖ, die oberösterreichische Fleischerinnung und die Landwirtschaftskammer OÖ – gemeinsam vergeben sie den „Culinarix“ für Rohpökelwaren, und zwar ebenfalls an landwirtschaftliche und gewerbliche Produzenten.
Vielfältige Zusammenarbeit
Die Zusammenarbeit zwischen Bauern und Fleischern kann in in vielfältiger Weise erfolgen. Etwa im Bezug auf die Haltung spezieller Rassen, die Tierhaltung im Allgemeinen, Qualitätskriterien wie Bio etc.
Ein Beispiel sind die Turopolje-Schweine, die von 25 Waldviertler Bio-Landwirten gehalten und von der Waldviertler Bio-Wurstmanufaktur Schober (eine der wenigen 100-prozentigen Bio- Fleischereien in Österreich) verarbeitet werden. Im Rahmen dieser Kooperation zwischen Bauern und dem Fleischer entstehen – durch natürliche Tierhaltung, stressfreie Schlachtung und handwerkliches Können – hochwertige Lebensmittel, die im Einklang mit der Natur erzeugt werden und besonders gut schmecken.
Ein anderes Beispiel ist das Graue Steppenrind, das zu den selten gewordenen Haustierrassen des Pannonischen Raums gehört. Im Nationalpark Neusiedlersee/Seewinkel weidet heute wieder eine Herde von rund 500 Tieren. Um den Herdenbestand zu sichern, wird nur ein kleiner Teil (rund 70 Tiere pro Jahr) in der Fleischerei Karlo in Pamhagen geschlachtet und verarbeitet. Das Besondere an diesem Fleisch ist, dass es aus biologischer Tierhaltung stammt und somit von bester Qualität ist.
Immer mehr Bauern gehen neue Vertriebswege. Hintergrund ist, dass die Preise im Großhandel schwanken und teilweise sehr niedrig sind. Über die Direktvermarktung können hingegen höhere Erträge erzielt werden. „Bereits etwas mehr als ein Viertel der Bauern verkaufen ihre Produkte direkt an die Konsumenten“, erklärt Christine Zimmermann, Obfrau-Stellvertreterin der Direktvermarkter Niederösterreich. Aber auch auf Nachfrageseite tut sich einiges: Wo kommt mein Essen her und wie wurde es produziert? Diese Frage hat für viele Konsumentinnen und Konsumenten in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen.
Auch in Oberösterreich steigen immer mehr Bauern in den Erwerbszweig der Direktvermarktung ein: Gab es 2015 2.086 bäuerliche Direktvermarkter im Bundesland, so sind es aktuell bereits 2.211 (+6%). Fast die Hälfte der oberösterreichischen Direktvermarkter (1.222) bietet seinen Kunden Fleisch, Fleischprodukte und Geflügel an, gefolgt von Most, Wein und Edelbränden, Milch sowie Milchprodukten, Eiern, Säften, Obst und Marmeladen wie auch Gemüse und Pilzen. Die meisten Selbstvermarkter haben ein breites Produktangebot, das in den vergangenen fünf Jahren überdurchschnittlich stark ausgeweitet wurde.
Gutes vom Bauernhof
Das Qualitätsprogramm „Gutes vom Bauernhof“ (www.gutesvombauernhof.at), eine Marke der Landwirtschaftskammer Österreich, steht für bäuerliche Lebensmittelerzeugung auf höchstem Niveau. Bundesweit sind derzeit 1.647 Betriebe dort Mitglied. Die Marke wird nur an gute und streng kontrollierte Betriebe vergeben, die selbst hergestellte Rohstoffe mit größter Sorgfalt verarbeiten. Konsumenten können damit bezüglich Herkunft, Herstellungsart und Qualität der Lebensmittel absolut sicher sein. Umfragen zeigen, dass die Kunden der Direktvermarkter aus allen Altersgruppen kommen. Sie schätzen den direkten Kontakt, die handwerklich verarbeiteten Produkte ohne Zusatzstoffe, das Erlebnis beim Einkauf am Hof oder am Bauernmarkt und das saisonale Angebot. Zielgruppen sind vor allem Ernährungs-, Umwelt- und Traditionsbewusste sowie junge Familien mit Kindern.
In der Regel haben die Direktvermarkter mehrere Vertriebswege. 80% vermarkten ihre Waren direkt am Hof, gefolgt von der Zustellung (25%) und dem Bauernmarkt (18%). Weitere Vermarktungsformen sind der Hofladen, der Bauernladen, die Bauernecke, die Belieferung des Einzelhandels, der Gastronomie und schließlich der Versand. 10% der bäuerlichen Erzeuger erhalten ihre Bestellungen bereits über das Internet.