
von Pia Moik
Dass ihm der Abschied nicht leicht fällt, ist Prof. Dr. Reinhard Kainz anzusehen. Denn immerhin hat der bisherige Bundesinnungsgeschäftsführer der Lebensmittelgewerbe die Fleischbranche beinahe 25 Jahre beruflich begleitet. Auch wenn freilich auf den nunmehrigen Bundesspartengeschäftsführer für Gewerbe und Handwerk bereits jede Menge Arbeit wartet lässt sich diese Zeit nicht ganz ausblenden. Immerhin war dies eine Ära, in der sich die Branche massiv gewandelt hat.
Herr Prof. Dr. Kainz, wie geht man nach so einer langen und auch wichtigen Zeit aus so einer Funktion?
Reinhard Kainz: Wehmütig. Das war mein Leben, und es hat mir sehr viel Freude bereitet. Ich möchte auch die Möglichkeit nutzen, um mich zu bedanken. Zum einen bei der ÖFZ – als Organ der Innungen und damit auch als Organ der gesamten Branche. Zum anderen auch bei allen Spitzenfunktionären und damit auch stellvertretend bei allen Betrieben. Ein herzliches Dankeschön richte ich an KR Franz Laus und seinem Nachfolger Rudolf Menzl für die erfolgreiche und freundschaftliche Zusammenarbeit. Im Bereich der Fleischwirtschaft gilt mein besonderer Dank allen fünf Präsidenten, die ich begleiten durfte: KR Anton Freudensprung, KR Hans Trünkel, Herrn KR Ernst Pollak, Dir. Helmut Schmerker und KR Karl Schmiedbauer!
Welche waren die besonders wichtigen Highlights?
Es war eine lange berufliche Zeit für die Fleischer und mit den Fleischern, und es ist eine sehr schöne Zeit gewesen. Auch mit großen Sorgen, schon allein wenn man an den EU-Beitritt denkt. Da haben wir 1993 schon Arbeitsgruppen gegründet, wo wir Auswirkungen auf die Fleischwarenqualität nach dem EU-Beitritt im Vorfeld überprüften. 2001 folgte der größtmögliche Super-GAU, die BSE-Krise, gleich zum Start des Koordinationsbüros Fleischwirtschaft.
Hier haben wir gesehen, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen der Fleischwarenindustrie und dem Gewerbe ist. Das war der schlimmstmögliche Fall – nämlich, dass das Lebensmittel möglicherweise wahnsinnig macht –, gefolgt von einem riesigen Einbruch der Schlachtzahlen. Es ist uns gelungen, dass Industrie und Gewerbe hier mit einer Zunge sprachen.
Das gemeinsame Profilieren gelang damit viel besser als in anderen Ländern, wo nach wie vor ein rigider Kampf gegeneinander herrscht. Es ist uns gelungen, hier eine gemeinsame Plattform zu schaffen und gemeinsame Interessen umzusetzen. Damit war dies meiner Meinung nach eine sehr wichtige, strukturelle Änderung zum Wohle der Branche. Und da schaue ich gerne darauf zurück.
Auf welche anderen Dinge werden Sie gerne zurückblicken?
Ein weiteres wichtiges Thema ist natürlich das Österreichische Lebensmittelbuch, der Codex und damit das Kapitel B14. Ich habe hier gemeinsam mit den anderen Mitgliedern der Codex-Unterkommission dieses Kapitel grundlegend weiterentwickelt und modernisiert. Dass uns das gemeinsam gelungen ist, darauf bin ich stolz.
Es gelang uns, das auch in gutem Einvernehmen mit der Lebensmittelkontrolle und -aufsicht zu lösen. So wie es sich gehört, denn dieses Buch ist nichts Steinernes – sondern etwas, das sich weiterentwickelt. Das war die Basis, um die hohe Qualität der Fleisch- und Wurstwaren in Österreich aufrechtzuerhalten. Das ist insofern bedeutsam, denn wir können in Österreich nicht auf Menge setzen. Wir können nur den Qualitätswettbewerb gewinnen.
Ein anderer, wichtiger Punkt ist das AMA-Handwerksiegel. Als Bundesspartengeschäftsführer sehe ich es nun auch in einem größeren Zusammenhang und schätze umso mehr die Wichtigkeit dieses Projektes. Ich würde mir wünschen, dass das, was hier im Lebensmittelbereich gemacht wurde, sich auch in anderen Bereichen fortsetzt. Es geht darum, den Meister und das, was er leistet, hervorzuheben, ihm eine Bühne zu geben. Das haben wir mit dem AMA-Handwerksiegel geschafft. Auch hat die Kooperation mit der AMA sehr gut funktioniert – was nicht selbstverständlich ist.
Gibt’s auch Dinge, die Sie im Nachhinein anders gemacht hätten?
Natürlich. Wir hatten viele Erfolge, aber auch Misserfolge. Ich hätte zum Beispiel gerne schon sehr viel früher eine Imagekampagne für die Fleischer gehabt.
Der „rote Sack“ war zwar da, aber wir haben erst zu spät gemerkt, dass hier die Personifizierung, also die Person dahinter, fehlt. Da ist leider viel Zeit vertan worden. Es war auch nicht möglich, sich über alle Bundesländer hinweg auf ein Nachfolgekonzept zu einigen. Dabei hatten wir die Konzepte schon in der Tasche.
Auch was die EU-Verordnungen betrifft, haben wir vieles abwenden können. Einiges aber auch leider nicht. Ich hätte mir gewünscht, dass es hier anders gelaufen wäre und man den Strukturwandel hätte besser aufhalten können. Denn Strukturwandel ist nur ein anderes Wort für Schicksale, und um jeden einzelnen Betrieb ist es mir leid. Es waren auch einige namhafte Unternehmer darunter, aber auch welche, die man nicht kannte. Und um jeden Einzelnen ist es schade.
Sie sind Vize-Präsident des Internationalen Metzgermeisterverbandes (IMV). Wie wird es hier weitergehen?
Ich muss nun im Laufe des Jahres aus dem IMV ausscheiden. Die fachliche Nachfolge wird als Delegierte auch hier Frau DI Anka Lorencz antreten. Die Chancen stehen sehr gut, dass wir auch darüber hinaus die Nachfolge der Vize-Präsidentschaft des IMV in österreichischer Hand behalten.
Damit stehen die Chancen sehr gut, dass Österreich im Präsidium des IMV gut vertreten sein wird. Diese Entscheidung wird im Herbst fallen.