In den letzten 10 Jahren haben über 100 Österreicher in Landshut die Meisterprüfung abgelegt. Was macht die 1. BFS so attraktiv für Österreicherinnen und Österreicher?
Georg Zinkl: In den letzten Jahren ist in Deutschland, ebenso wie in Österreich, die Zahl der Gesellen, die die Meisterprüfung anstreben, stark gesunken. Aus diesem Grund wird es also immer schwieriger, „branchenreine“ Meisterkurse zu organisieren, da die Mindestteilnehmerzahl nicht erreicht wird. Also werden verschiedene Berufsgruppen zusammengefasst. Doch was bringt es den künftigen Führungskräften, wenn Marketing oder betriebswirtschaftliches Management gemeinsam mit Tischlern und Elektriker vermittelt wird? Die Inhalte sind dann sehr allgemein gehalten und kaum 1:1 in der Praxis anwendbar. An unserer Schule sind alle Inhalte auf die Metzgerbranche zugeschnitten, Wissen, das sie nach Bestehen 1:1 im Betrieb anwenden können.
Barbara Zinkl: Darüber hinaus bieten wir viele Kurse auch mehrmals pro Jahr an. Gerade in Österreich spielt der Saisonbetrieb eine große Rolle – bei uns können die Teilnehmer den für sich optimalen Termin wählen. Vielen kommt auch entgegen, dass die Kurse in Vollzeit-Unterricht abgehalten werden. Zugegebenermaßen ist das Programm sehr straff, aber dadurch wird eine kürzere Lehrgangszeit garantiert – natürlich bei vollen Lerninhalten. Als Mehrwert empfinden viele auch, dass sie die Möglichkeit haben, sich mit Berufskollegen aus Deutschland, Österreich und Südtirol austauschen zu können.
Verfolgen Sie die Karrieren Ihrer Absolventen? Was ist aus den Österreicherinnen und Österreichern geworden?
Georg Zinkl: Wir haben zu mindestens der Hälfte unserer österreichischen Absolventen nach wie vor guten Kontakt – räumlich bedingt natürlich vor allem zu den Salzburgern und Oberösterreichern. Bewusst möchte ich aber keine Namen nennen. Ob kleiner Familienbetrieb oder überregionaler Produzent – sie bestechen durch eine besondere Innovationskraft.
Welche Fortbildungsmaßnahmen bieten Sie noch an und wodurch zeichnen sich diese aus?
Barbara Zinkl: Neben unserem Klassiker, der Meisterprüfung im Metzgerhandwerk, gibt es vielerlei Möglichkeiten, sich fortzubilden. Vertieftes betriebliches Management, zugeschnitten auf die Fleischbranche, erlernt man im geprüften Betriebswirt oder im akademischen Master. Die Profis im Verkauf werden Verkaufsleiter und wer als Experte seines Fachs punkten möchte, besucht den Kurs zum Fleisch- oder Wurstsommelier. Seminare zu aktuellen Themen, wie z.B. „Cuts & Grill“ oder „Verkauf für Quereinsteiger“ runden unser Sortiment ab.
Haben Sie weitere Projekte in der Pipeline?
Barbara Zinkl: Während der Fortbildungen entsteht zu vielen Teilnehmern ein besonderes Vertrauensverhältnis. Überzeugt von unserer Bildungsqualität, erhalten wir viele Anfragen in den Bereichen Unternehmensberatung und Vor-Ort-Seminare. Durch unsere qualitative und quantitative Teamerweiterung können wir diese Anfragen nicht nur in Deutschland, sondern auch für Österreich und Südtirol beantworten.
Die 1. BFS feiert heuer das das 90-jährige Firmenjubiläum. Können Sie uns ein paar Meilensteine in der Entwicklung nennen?
Georg Zinkl: Es gab tatsächlich Zeiten, in denen es mehr Metzgergesellen gab als Ausbildungsplätze an Meisterschulen. Natürlich hat sich diese Situation gewaltig geändert und diese Entwicklung hat auch für die 1. BFS eine große Bedeutung. Aller gutgemeinten Warnungen von Kollegen zum Trotz war der entscheidende Schritt dennoch die Investition in den Neubau der Schule im Jahr 1997. Aber nicht nur Gebäude und Ausstattung sind entscheidend – es sind die Menschen! Dozenten, allesamt Spezialisten ihres Fachs und unser Team engagieren sich mit viel Herzblut, für Bildungshungrige den optimalen Mehrwert zu schaffen.
Weiters die konsequente Ausrichtung an die Bedürfnisse unserer Teilnehmer, z.B. durch die Übernahme der Meistervorbereitung in Teil III Betriebswirtschaft und Teil IV Ausbildereignung in Eigenregie, der Erweiterung unserer Serviceangebote usw. Durch die Zertifizierung unserer Fortbildungen nach der DIN ISO 8001:2015 messen wir regelmäßig die Qualität unserer Dienstleistung. Nicht nur beim Audit schneiden wir jährlich mit Bestnoten ab, auch die Weiterempfehlungsquote von 97% spricht für sich.
Darüber hinaus entwickeln wir immer wieder innovative neue Bildungsangebote, wie z.B. zuletzt den Fleischsommelier oder die Fortbildung zum akademischen Master. Heute sind wir die einzige Privatschule dieser Art. Wir werden weder staatlich noch von Verbandsseite bezuschusst und müssen durch Leistung und Innovation überzeugen, um zukunftsfähig zu sein.
Besonders stolz bin ich, dass der Generationswechsel, der sich vor allem bei Familienbetrieben oft schwer gestaltet, reibungslos vollzogen wurde. Unser Team, heute geführt von meiner Tochter Barbara als Geschäftsführerin, ist bestens für die Zukunft gerüstet.
Wie würden Sie Ihre Beziehungen zur HTL Hollabrunn, der ASAS in Wels, der Fachhochschule Burgenland und der AMA beschreiben? Gibt es da auch Kooperationen?
Barbara Zinkl: Uns war es schon immer wichtig, über den Tellerrand hinauszublicken und wir befinden uns hier in bester handwerklicher Tradition. Bereits unser Schulgründer Max Schöner hat sich vor über 100 Jahren „auf die Walz“ begeben und in Dresden seine Meisterprüfung absolviert. So ist es wichtig, Kontakte zu Lehrinstitutionen und Fachverbänden auf nationaler, aber auch internationaler Ebene zu pflegen. Oft bildet allerdings die Sprachbarriere eine große Hürde. Zu denen von Ihnen angesprochen Institutionen haben sich gute Beziehungen entwickelt, zum Teil pflegen wir bereits jahrelange Kontakte. Schließlich möchten wir nicht „angestaubtes“ Schulwissen vermitteln, sondern zeitgemäße Inhalte in frischen Angeboten vermitteln. Neben Österreich haben wir aber auch beinahe schon freundschaftliche Kontakte zum Landwirtschaftsministerium in Schweden oder zur Metzgerinnung in Südtirol. Derzeit erarbeiten wir eine dem Meistertitel entsprechende Qualifikation in Asien.
Wo sehen Sie die größten Chancen für Fleischer bzw. wo gibt es den größten Nachholbedarf?
Georg Zinkl: Das Fleischerhandwerk hat sich, wie andere Berufsgruppen auch, total verändert. Viele Kollegen mussten aus unterschiedlichsten Gründen ihre Geschäfte aufgeben, allerdings ist für die Verbliebenen somit „mehr Platz“. Metzger sind heute keine Versorger mehr – diesen Auftrag übernehmen andere. Vielmehr gilt es, Marktnischen zu finden und alte Denkmuster zu verlassen: sich aufgrund seines Standorts, seiner Fähigkeiten und des vorhandenen Kapitals ein Alleinstellungsmerkmal zu erarbeiten und damit gezielt „seine“ Stammkunden anzusprechen. Gerade in Österreich gibt es genügend positive Beispiele, wo dies hervorragend gelungen ist. Wenn zudem Alt und Jung harmonisch zusammenarbeiten, wird die Entwicklung beflügelt. Um dies zu stemmen, braucht man auch eine hervorragende Ausbildung. Dazu leisten wir als 1. BFS gerne unseren Beitrag.