In den vergangenen 30 Jahren gab es einige große Themen, die vom LEH aufgegriffen wurden. Dazu gehört etwa das seit Mitte der 1990er Jahre wachsende Angebot an Convenience-Produkten im Frischebereich, aber auch die Einführung eines Angebots an Lebensmitteln mit gesundheitlichem Zusatznutzen – sogenanntem Functional Food. Im stetigen Prozess der Marktkonzentration wurden nicht nur Aktionen und Rabatte, sondern auch die Eigenmarken der Handelsketten ein Differenzierungsinstrument vom Preiseinstieg bis zum Premiumprodukt. Insbesondere im Bio-Segment setzten sich die Eigenmarken erfolgreich durch, nicht zuletzt dank einer ganzjährigen medialen Bewerbung.
„Zum Leitthema der Kommunikation entwickelte sich auch Regionalität, da Konsumentinnen und Konsumenten das Gute, das so nah liegt, zu schätzen wissen. Aktuell finden sowohl Bio als auch Regionalität einen neuen Nährboden unter dem Generalthema der Nachhaltigkeit, das in Zeiten des Klimawandels immer bedeutender wird“, so Christina Mutenthaler-Sipek, Geschäftsführerin der AMA-Marketing. Nachhaltigkeit wird mit Nähe, kurzen Transportwegen und Kreislaufwirtschaft assoziiert. Pflanzenbasierte Ernährung spielt dabei ebenfalls eine Rolle, weshalb das Angebot und die Aktivitäten in diesem Bereich zunehmen. Einige dieser Entwicklungen haben das Konsumverhalten der Konsumentinnen und Konsumenten auch heute fest im Griff, wie die nachfolgenden Zahlen zeigen.
Neuer Meilenstein: Frische inkl. Brot und Gebäck
Erstmals sind in den RollAMA-Auswertungen auch Daten zu Brot, Backwaren und Mehl inkludiert. Die Ausgaben der heimischen Haushalte für Frischeprodukte, Fertiggerichte und Mehl beliefen sich auf 220,6 Euro monatlich. Wurst und Schinken beanspruchten mit 15 Prozent den höchsten Anteil an den Haushaltsausgaben, gefolgt von Milch, Joghurt und Butter mit 13,4 Prozent. Auf Fleisch und Geflügel entfielen knapp 11 Prozent der Frischeausgaben bzw. 24 Euro im Monat. Brot, Gebäck und Feinbackwaren machten rund 16 Prozent der Ausgaben und 35 Euro im Monat aus (Chart 1). Laut den aktuellen RollAMA-Daten erreichten die Einkäufe in den erfassten Warengruppen im Gesamtjahr 2023 einen Umsatz von rund 9,48 Milliarden Euro (+10,2 % gegenüber 2022), während die eingekauften Mengen stabil zum Vorjahreszeitraum blieben und im längerfristigen Vergleich mit 2019 leicht anstiegen (Charts 2 + Charts 3).
Ein langfristiger Trend nach oben zeigt sich bei der Entwicklung der Aktionsanteile, die sich seit 2005 auf aktuell 30 Prozent verdoppelt haben (Chart 4). Ein Blick auf die Top RollAMA-Warengruppen in Bezug auf Aktionen lässt erkennen, dass mehr als die Hälfte des Rind- und Schweinefleisches rabattiert gekauft wurden, gefolgt von Butter mit einem Aktionsanteil von 46 Prozent – zum Vergleich: 2003 lag er noch bei 11 Prozent (Chart 5).
Milch und Fleisch: Menge stabil, Ausgaben steigen
Insgesamt blieben die Lebensmittel tierischen Ursprungs im Vorjahr absatzmäßig durchwegs stabil. Wertmäßig entwickelten sich alle tierischen RollAMA-Warengruppen positiv, mit Ausnahme der gelben Fette, die aufgrund von Preissenkungen einen Umsatzrückgang von 5,5 Prozent verzeichneten. Bei den restlichen Milchprodukten stiegen die Preise im Vergleich zum Vorjahr und bewirkten Umsatzzuwächse sowohl bei Käse (+16,2 %) als auch in der Bunten Palette (Fruchtjoghurt, Milchmischgetränke, Mopro-Desserts; 14,3 %). Auch Fleisch, Wurst und Geflügel sowie Eier und Fertiggerichte legten im Wert zu (Chart 6). Unter den verschiedenen Fleischarten konnte vor allem vorbereitetes Fleisch und Geflügel (+6,9 %) sowie Putenfleisch (+5,8 %) mengenmäßig zulegen. Rind- und Kalbfleisch hatten als hochpreisige Fleischsorten dagegen Absatzschwierigkeiten (-5,7 %) (Chart 7).
Obst und Gemüse: Die Krise liegt hinter uns
„An der Entwicklung der RollAMA-Warengruppen pflanzlichen Ursprungs kann man ablesen, dass wir die Krisen langsam hinter uns lassen. Obst und Gemüse mit längerer Haltbarkeit in Konserven wurden 2023 weniger nachgefragt und Vorräte aus Zeiten der Corona-Krise aufgebraucht“, weiß Micaela Schantl, Leiterin der Marktforschung in der AMA-Marketing. Leichte Mengensteigerungen gab es im Bereich Frischobst und den pflanzlichen Alternativen. Wertsteigerungen wurden bei nahezu allen pflanzlichen RollAMA-Warengruppen beobachtet: Kartoffeln legten mit 22,5 Prozent am stärksten zu, gefolgt von Tiefkühl-Obst und -Gemüse (+15 %). Ein Umsatzplus von 8,3 Prozent erreichte Frischobst (Chart 8).
Wachsendes Produktangebot an pflanzliche Alternativen
Das Angebot an pflanzlichen Alternativen zu Fleisch- und Milchprodukten stieg zwischen 2018 und 2023 um 47 Prozent auf 1.247 Artikel (Chart 9). Doch nicht alle neuen Produkte können von sich überzeugen und bestehen bleiben. Der Marktanteil ist insgesamt betrachtet weiterhin sehr gering und liegt bei pflanzlichen Alternativen zu Milch und Milchprodukten bei rund drei Prozent, bei Fleisch- und Wurstalternativen bei nur einem Prozent (Chart 10). Im Vorjahr wuchsen die Umsätze mit pflanzlichen Fleisch- und Milchalternativen um 11,2 Prozent, wobei hier auch die Preissteigerungen zu berücksichtigen sind. Das Absatzplus betrug lediglich 2,2 Prozent (Chart 11).
Bio ist längst im Mainstream angekommen
Der Anteil von Bio an den Gesamtausgaben nahm quer über alle Frischewarengruppen in den letzten 20 Jahren von 3,8 auf 11,5 Prozent zu und ging 2023 leicht auf 11 Prozent zurück (Chart 12). Dass Bio mit der Zeit immer mehr zum Mainstream wurde, zeigt sich auch anhand der Käuferanteile nach Alter der haushaltsführenden Person. Während der Anteil der Käuferinnen und Käufer im jüngsten Alterssegment 2003 noch bei über 30 Prozent lag, sind nun die älteren Haushalte gemäß der vorherrschenden Altersstruktur die größte Käufergruppe (Chart 13).
Mehr Brot und Gebäck, weniger Mehl
Bei den Neuzugängen unter den RollAMA-Produkten, Brot, Gebäck, Backwaren und Mehl, fiel die Entwicklung im Vorjahr ebenfalls positiv aus – die Umsätze stiegen um knapp 11 Prozent (Chart 14). Verglichen mit der Vor-Corona-Periode entwickelten sich alle Warengruppen stabil. Im Vergleich zu 2022 verzeichnete Mehl ein Mengenminus von 10,6 Prozent auf das Vor-Corona-Niveau von rund 40.000 Tonnen (Chart 15). Das ist darauf zurückzuführen, dass sich viele Haushalte während der Krisenzeiten (Corona, Beginn Ukrainekrieg) mit Mehl eingedeckt haben, und diese Vorräte 2023 noch nicht verbraucht waren. In der Warengruppe Brot und Gebäck fiel die Entwicklung positiv aus: Der Umsatz wuchs um 12,8 Prozent auf 905 Millionen Euro (Chart 16). Feinbackwaren erreichten ein Umsatzplus von knapp 9 Prozent, bei leichtem Absatzrückgang (Chart 17). Brot, Gebäck und Feinbackwaren werden vorwiegend im klassischen LEH (59 %) sowie im Diskont (24 %) gekauft (Chart 18). Bei Gebäck greifen die österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten neben Semmeln (Anteil rund 20 Prozent an den Ausgaben) gerne zu diversem Kleingebäck (Chart 19). Auch Bio spielt in diesem Bereich eine relevante Rolle: Die Bioanteile lagen bei Brot bei rund 14 Prozent, bei Gebäck sogar bei 20 Prozent und sind damit höher als im durchschnittlichen RollAMA-Frischewarenkorb (Chart 20).
30 Jahre RollAMA
Seit 30 Jahren liefert die RollAMA wertvolle Daten zu den Marktentwicklungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen in Österreich und informiert über das Einkaufsverhalten der Bevölkerung. Für die „Rollierende Agrarmarktanalyse“ auf Basis des GfK-CPS Consumer Panels dokumentieren 2.800 repräsentativ für die österreichische Bevölkerung ausgewählten Haushalte jeden Lebensmitteleinkauf, den sie für ihren Haushalt tätigen mittels Inhome-Scanning. In einem umfangreichen Verarbeitungsprozess werden die Daten klassifiziert, geprüft, ausgewertet und in einem letzten Schritt zu Charts aufbereitet.