Mit einem gemeinsamen Appell an EU-Kommission und EU-Parlamentarier aller Fraktionen ersuchen führende Vertreter des europäischen Lebensmittelhandels in aller Dringlichkeit, bei der angekündigten europäischen Entscheidung zum neuen Rechtsrahmen für die Verfahren der Neuen Gentechnik (NGT) dafür zu sorgen, dass Wahlfreiheit, Bio-Landwirtschaft und die in weiten Teilen Europas stark nachgefragten “Ohne Gentechnik”-Lebensmittel durch die Politik nicht gefährdet werden.
Es braucht wie bisher praxistaugliche Regelungen für durchgehende Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit, vom Feld bis zum Regal, damit Lebensmittel ohne Gentechnik auch in Zukunft als solche produziert, gekennzeichnet und glaubwürdig vertrieben werden können. “Die Gesundheit der Konsumentinnen und Konsumenten hat für den Handel oberste Priorität. Daher sprechen wir uns ebenso wie 90 Prozent der Bevölkerung für die Einhaltung des Vorsorgeprinzips aus. Und wir alle haben ein Recht darauf zu erfahren, woher das Essen auf unseren Tellern kommt und wie es produziert wurde. Die Menschen sollen wissen, was sie essen”, sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.
Gemeinsames Schreiben führender Lebensmittelhändler
Das gemeinsame Schreiben wird von einer großen Bandbreite führender Lebensmittelhändler getragen: Denn‘s BioMarkt, HOFER KG, REWE Group, SPAR Österreich, Sutterlüty Ländlemarkt, die UniGruppe, die deutsche tegut-Kette und der Österreichische Handelsverband den Appell für eine lückenlose Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von NGT in der gesamten Warenkette sowie für die Verankerung verbindlicher, europaweit einheitlicher Koexistenz-Maßnahmen, etwa Abstandsregelungen und Mitteilungspflichten gegenüber Nachbarn in der Landwirtschaft.
Erfolgsmärkte “Ohne Gentechnik” und “Bio” nicht gefährden
„Der Lebensmittelhandel steht in unmittelbarer Beziehung mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Laut zahlreichen nationalen und pan-europäischen Marktforschungen steht eine beträchtliche Anzahl der Verbraucherinnen und Verbraucher gentechnisch veränderten Pflanzen in ihren Lebensmitteln sehr ablehnend gegenüber“, so das zutiefst besorgte Schreiben des Lebensmittelhandels angesichts der aktuell in Brüssel laufenden Verhandlungen zu NGT.
Die “Ohne Gentechnik”- und die Bio-Produktion sind europaweit boomende Erfolgsmodelle und dürfen durch eine Deregulierung des bewährten Rechtsrahmens nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Allein in Deutschland stehen Lebensmittel ohne Gentechnik bei einem Jahresumsatz von rund 30 Mrd. Euro, in Österreich sind es rund 4,5 Mrd. Euro.
Befürchtung von Preissteigerungen durch Deregulierung
Darüber hinaus befürchtet der Lebensmittelhandel, dass die seitens der EU-Kommission geplante Aufhebung von wissenschaftlicher Risikobewertung, Vorsorgeprinzip, Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung für NGT zu erheblichenKostensteigerungen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg führen könnte, die ausschließlich der Gentechnik-freien und biologischen Lebensmittelkette und nicht den Verursachern aufgebürdet würden. Die mit hoher Wahrscheinlichkeit folgenden signifikanten Preissteigerungen speziell bei Qualitätsprodukten wie “Bio” und “Ohne Gentechnik” müssten letztendlich auch von den Verbraucher:innen getragen werden – eine Belastung, die gerade in Zeiten hoher Inflation nicht in Kauf genommen werden sollte.
Offene Fragen zu Patenten VOR Entscheidung über Regulierung klären!
Völlig ungeklärt sei im Gesetzesvorschlag, welche Auswirkungen die seitens der NGT-Hersteller angestrebten Patente auf NGT-Pflanzen haben. Patente auf Pflanzen seien höchst bedenklich und könnten massive Auswirkungen auf den Saatgutmarkt und damit auf die gesamte Wertschöpfungskette haben. Das Potenzial von Patenten als Preistreiber bei Lebensmitteln sei sehr ernst zu nehmen.
Die unterzeichnenden Unternehmen ersuchen daher, die monetären Folgen einer Neuregulierung des Gentechnikrechts generell, speziell allerdings in Bezug auf Patente auf NGT-Saatgut und -Pflanzen, VOR einer Entscheidung über die Gesetzesvorlage im Zuge eines Impact Assessments zu klären.
ARGE Gentechnik-frei: „EU-Kommission droht, nachhaltige Unternehmenswerte zu vernichten!“
„Die EU-Kommission will für den überwiegenden Teil der ‚Neue Gentechnik‘-Pflanzen die bewährten Regeln für Risikobewertung, Zulassungsverfahren und Kennzeichnungspflicht abschaffen. Das wäre das Ende für Transparenz und Wahlfreiheit im Lebensmittelsektor,“ erklärte Florian Faber, Geschäftsführer des Wirtschaftsverbands ARGE Gentechnik-frei.
„Die EU-Kommission steht kurz davor, nachhaltige Unternehmenswerte zu zerstören. Denn die Gesetzesvorlage, massiv beeinflusst von der Saatgut- und Biotech-Lobby, ist ein klarer Angriff auf die ‚Ohne Gentechnik‘- und die Bio-Wirtschaft, zwei der am stärksten boomenden Qualitätssegmente im Lebensmittelsegment auf dem europäischen Markt. Da gibt es nur eine mögliche, glasklare Botschaft an EU-Parlament und Mitgliedsstaaten: Dieser Gesetzesvorschlag auf Kosten von Konsument:innen und nachhaltiger Lebensmittelproduktion ist inakzeptabel und darf in dieser Form nicht umgesetzt werden!“
Das gemeinsame Schreiben an die EU-Kommission finden Sie hier.