Die Vorträge und Diskussionen mit vielen renommierten Vortragenden und Diskussionsgästen entlang der Wertschöpfungskette thematisieren die brisantesten Fragen der Zeit rund um die Themen Versorgungssicherheit in Krisenzeiten und Kreislaufwirtschaft.
„Selber produzieren, statt Krisen importieren“
Heimische Bäuerinnen und Bauern seien bei den Themen Klima- und Naturschutz vorbildlich. Die Rigiden EU-Regeln würden die Wirtschaftlichkeit der Produktion allerdings gefährden. Auch der Import würde Probleme in Drittländer verlagern.
„Österreichs Bäuerinnen und Bauern haben die richtigen Antworten auf aktuelle Herausforderungen, seien es die Verwerfungen am internationalen Markt durch den Ukraine- Krieg, der Kampf gegen den Klimawandel oder eine ausreichende Produktion qualitativ hochwertiger Lebensmittel und Rohstoffe. Wir müssen ihnen nur die richtigen Rahmenbedingungen bieten und sie produzieren lassen. Die EU-Agrar- und Umweltziele sowie die geplante Bürokratieflut werden sie jedoch überfordern. Zahlreiche familienbasierte Betriebe in Österreich werden das nicht stemmen können“, so Hans Mayrhofer, Generalsekretär des Ökosozialen Forums Österreich & Europa.
Diese Sorge äußerten auch zahlreiche Expertinnen und Experten bei der 70. Wintertagung zum Thema „Selber produzieren, statt Krisen importieren“. Mayrhofer fordert daher eine Transformation hin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft im Sinne der ökosozialen Idee:
Bäuerinnen und Bauern müssen eingebunden werden
„Die Bäuerinnen und Bauern können ökologische Ziele nur erreichen, wenn sie trotzdem wirtschaftlich produzieren können. Ist das nicht der Fall, werden sie ihre Tore für immer schließen. Ökonomische Aspekte müssen daher stärker berücksichtigt, die Bäuerinnen und Bauern eingebunden sowie Anreize gesetzt werden. Sonst drohen Ertragsrückgänge, steigende Importe und eine zunehmende Abhängigkeit, während Krisen und ein größerer CO2-Rucksack nach Europa eingeführt werden. Es wird Zeit, vorwärts und nicht rückwärts zu denken.“
Wie das aussehen kann, präsentierten über 120 renommierte Expertinnen und Experten bei der Wintertagung. Einigkeit herrschte darüber, dass die Unternehmen der Wertschöpfungskette enger und kontinuierlich zusammenarbeiten müssen.
Das ist auch die Voraussetzung für eine echte und nachhaltige Kreislaufwirtschaft, die Ernährungssicherheit gewährleistet, zu einer nachhaltigen Energieversorgung beiträgt sowie Wertschöpfung und Arbeitsplätze in den Regionen schafft. Vor Ort und online waren insgesamt über 3.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer dabei.
Menschen von der Qualität und Nachhaltigkeit der heimischen Produktion überzeugen
Europa müsse die Produktion wichtiger und kritischer Produkte erhalten oder zurückholen, um die Abhängigkeit zu verringern, eine Versorgungssicherheit vor allem in Krisenzeiten aufrechtzuerhalten und die Klimabilanz weiter zu verbessern.
WIFO-Zahlen würden die hohe Klimaeffizienz der heimischen Produktion belegen: Demnach kommt Österreich im Bereich der CO2-Äquivalente auf 1,68 kg pro Euro Wertschöpfung – in Deutschland sind es um 20 Prozent mehr.
„Um diese weiter zu verringern, müsse man geschlossene, regionale Kreisläufe schaffen. Denn Studien würden zeigen, so Mayrhofer, dass eine Kreislaufwirtschaft nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll ist. udem bräuchte es ein Umdenken beim Konsum und bei der Verschwendung von Lebensmitteln, sowie ein Bekenntnis zu Produktion in Österreich:
„Dazu müssen wir den Menschen kommunizieren, dass unsere kleinstrukturierte Land- und Forstwirtschaft ein Erfolgskonzept ist und unsere Bäuerinnen und Bauern kreativ, innovativ, bestens ausgebildet sowie zunehmend digitaler sind. So können wir eine nachhaltige Versorgung erreichen“, unterstreicht Mayrhofer.
Land- und Forstwirtschaft liefern Antworten für Energiefragen
Auch in der Forstwirtschaft müssten die Potenziale des Waldes als Kohlenstoffsenke und -speicher, als Energiequelle und zur Substituierung von fossilen Brennstoffen sowie als wichtiges Element der Kreislaufwirtschaft stärker genützt werden. Gleichzeitig müssten alle Funktionen des Waldes berücksichtigt und erhalten werden.
Grundlage ist eine nachhaltige und klimafitte Waldbewirtschaftung. Dazu sehen die Expertinnen und Experten – analog zur Landwirtschaft – die EU in der Pflicht, ganzheitliche Strategien zu entwickeln, die die Heterogenität der Länder berücksichtigen und Innovation fördern. Herausforderungen gäbet es zudem bei der Schließung von Materialkreisläufen, im logistischen Bereich und bei der branchenübergreifenden Kooperation, um alle Potenziale zu nützen.
Die Vorträge hätten gezeigt, dass die Wälder besser als Kohlenstoffsenke genutzt werden könnten, wenn sie bewirtschaftet wären. Sie würden bei einer Durchforstung und schrittweisen Verjüngung ohne Kahlschlag auch eine vergleichbare oder höhere Biodiversität aufweisen.
Unbewirtschaftete Wälder würden spätestens zwischen 2050 und 2060 gesättigt sein. Man müsse bei dem Umbau der Wälder hin zu ganzheitlich und nachhaltig bewirtschafteten Beständen schneller werden.
Dazu bräuchte es Anpassungen der Strategien der EU im Bereich Wälder und Holzwirtschaft sowie eine stärkere Einbindung der Forschung und Praxis für die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaftsstrategie in Österreich.
Mayrhofer weiter: „Um die Netto-Null bei CO2-Emissionen zu erreichen, müssen wir innovative Technologien nutzen und entwickeln. Für Österreichs Technologiesektor bieten sich dabei enorme Chancen.“
Innovation fördern, Fortschritt ermöglichen
Wie Innovation aussehen kann, zeigten u.a. Michael Obersteiner, Direktor des Environmental Change Institutes der Oxford Universität, und Andreas Holzinger vom Human-Centered-Lab am Institut für Forsttechnik der Universität für Bodenkultur. Obersteiner hebt die Potenziale der zirkulären Bioökonomie hervor:
„Das fängt bei Biogas an, aber im Verbund mit der Materialwirtschaft und den erneuerbaren Energien. Dabei wird Kohlenstoff aus pflanzlicher Biomasse dazu verwendet, den Wasserstoff zu tragen, der aus den erneuerbaren Energien kommt. Den Wasserstoff nur aus der Biomasse zu holen, wird nicht ausreichen. Zudem müssen wir CO2 aus der Atmosphäre holen und in die Böden und geologischen Formationen bringen.“
Prof. Holzinger von der BOKU Wien betont, dass man vor allem in der Forstwirtschaft Künstliche Intelligenz und die Möglichkeiten der „Human-Robot-Collaboration“ stärker einsetzen muss, um die Forstarbeiterinnen und Forstarbeiter zu unterstützen und die Sicherheit zu erhöhen.
„Man kann damit mehr erreichen und Herausforderungen besser lösen, die einer allein nicht lösen kann. Wir verbinden dazu das Wissen und die Daten der Maschinen mit dem Hausverstand der Menschen und lassen sie interagieren. Dazu entwickeln wir Algorithmen, die robust, nachvollziehbar, erklärbar und interpretierbar sind. Und wir können Waldflächen digitalisieren und eine digitale Abbildung des Waldes erstellen. Mit diesen Daten können die Forsttechnik trainiert sowie die Forstwirtschaft optimiert werden.“