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Die Glückspute – und wie es dazu kam

In der steirischen Gemeinde Rohrbach haben Theresa & Patrick Krautgartner einen innovativen Biohof eröffnet und unter anderem die „Glückspute“ geschaffen.

Der Biohof Krautgartner im Jahre 2016 war, wie so viele landwirtschaftliche Betriebe in Österreich ein Durchschnittsbetrieb. „Was können wir aus einem kleinen Hof machen?”, stellten sich Theresa und Patrick damals selbst die Frage. Zu wenig Fläche für große Tiere, keine kaufkräftige Kundenschicht vor der Haustür und große Investitionen standen auch an. Der klassische Nebenerwerbsbetrieb eben. Der Betrieb hatte jedoch zum ersten Mal Glück, so wie viele Tiere es jetzt haben.

Mit Theresa und Patrick Krautgartner hat der Hof ein Paar gefunden, dass den Traum hatte, ihren Ver- dienst in der Landwirtschaft zu verdienen. Und so sind es jetzt nicht nur die beiden, sondern bis zu acht MitarbeiterInnen und die Schwiegereltern, die einen festen Arbeitsplatz gefunden haben. Und mittlerweile sind es auch Partnerbetriebe in der Region, die nach den Produktionsvorgaben der beiden arbeiten und so auch für Wertschöpfung in der Region sorgen und ihre Höfe weiterentwickeln können.

Aller Anfang ist schwer: 2017

Die Idee reifte und es wurden mehrere richtungsweisende Entscheidungen getroffen. „Das Tier im Vordergrund!“, stellte Patrick, von Anfang ihrer Betriebsentwicklung an als oberste Prämisse voran. So wurde die erste Entscheidung für die Biohaltung getroffen.

Die Ausweitung der Lämmerproduktion wurde aufgrund fehlender Flächen bald aufgegeben. Es mussten aber Tiere sein. Die Bioputenhaltung schien die passende Lösung zu sein. Der Josephinum-Absolvent verfolgt von Beginn an eine integrierte Strategie und wollte möglichst viel in den eigenen Händen belassen. Die Entscheidung für die eigene Schlachtung, Zerlegung und Verarbeitung wurde getroffen – und bis heute nie bereut. Die Idee war geboren und wie so oft werden die engsten Verwandten und Freunde befragt und um Rat gebeten. Patrick erinnert sich: „Wir erzählten von unserem Vorhaben und neun von zehn Leute gaben uns keine Empfehlung, das zu machen.“ Aller Anfang ist schwer und trotzdem startete die innovative Familie mit zwei Stalleinheiten mit rund 400 Putenmastplätzen und der eigenen Fleischerei.

Die Glückspute entsteht

Die biozertifizierte Rasse hat in ihrem Stall mit 21 kg/m2 eine geringere Besatzdichte als viele Artgenossen, der Auslauf ist mit mehr als 10m2/Tier großzügig und speziell das Tageslicht war in der Planung der Stalleinheiten wichtig. Ein griffiger Name war den beiden von Anfang an wichtig und sie stellten sich die Frage: „Wie kann man ein Tier benennen, das glücklich ist?“ Oft ist es die Einfachheit einer Idee und so war die Glückspute geboren.

Die Glückspute ist mittlerweile zur kleinen Marke geworden und wer über die verschiedenen Plattformen wie nahgenuss.at, markta.at oder myproduct.at fliegt, wird Produkte vom Biohof Krautgartner finden. Diese Partner sind wichtig und der eigene Shop ist das Herzstück der Vermarktung.

„Wir machen rund 70 Prozent unseres Umsatzes online“, stellt Patrick stolz fest. Die Strategie der digitalen Vermarktung und der Aufbau einer Kühlversandlogistik war von Beginn an eine Erfolgsgeschichte. Bereits 2017 wurden Kühlpakete der ersten Schlachttiere versendet. Mittlerweile wurden die Styroporkisten gegen Strohverpackung getauscht und wöchentlich wird aus der Produktion versendet.

Zu den rund 60 Produkten der Glückspute gesellen sich mittlerweile auch Produkte der vielen Partnerbetriebe wie Geflügel-, Schweine- und Lammfleisch.

Die Fleischerei

Der Quereinsteiger in die Schlachtung und Verarbeitung hat viele Dinge umgedreht, verändert und viel Lehrgeld gezahlt. An seiner Seite stand mit dem Schwiegervater, ein erfahrener Fleischhacker und gemeinsam ha- ben sie speziell die Wurstherstellung an ihre Vorstellungen angepasst. Kein Pökelsalz, Aroniasaft und rote Rüben zum Färben sind Voraussetzungen. „… das Räuchern und Brühen bleibt natürlich Betriebsgeheimnis!“, lacht der junge, erfolgreiche Bauer.

Die Fleischerei ist auch der Ort, wo die Glückspute ihr Lebensende findet, und speziell dieser Vorgang wird sehr ernst genommen. „Die Produktion und Haltung passt oft, aber der Tiertransport und die Schlachtung nicht“, ist sich das Paar einig. Genau hier setzten sie von Anfang an und bis heute die Prämisse ihrer Philosophie. Die bestehenden Räumlichkeiten sind in den wenigen Jahren allerdings bereits zu klein geworden und eine Erweiterung steht an – auch eine mobile Lösung steht im Raum und soll speziell auch für die Partnerbetriebe eine Verbesserung bringen.

Viele Pläne, viele Baustellen

Die Pläne sind vielseitig und betreffen so ziemlich jeden Bereich im Betrieb. Das schnelle Wachstum haben die beiden in keiner Weise erwartet. Die Nachfrage will bedient werden, aber sie stürzen sich trotzdem nicht unvorbereitet in diese Fluten.

Besonderes Augenmerk liegt auf der Partnerschaft mit anderen Höfen. So soll zu den bestehenden Partnerbetrieben für Pute, Schwein, Lamm und Geflügel noch ein eigenes Siegel kreiert werden und die Produktionsrichtlinien in einem Katalog zusammengefasst werden. Kleine, benachbarte Nebenerwerbsbetriebe können so auch mit dem Zugpferd Biohof Krautgartner ihre Höfe entwickeln. Ein positives und wichtiges Signal für die Region mit gesteigerter Wertschöpfung und regionalen Arbeitsplätzen.

Und trotzdem muss natürlich gebaut werden. Im April dieses Jahres soll der neue Putenstall mit insgesamt 2.400 Mastplätzen eingeweiht werden. Das ist nur das erste Projekt in diesem Jahr. Die Produktion muss erweitert werden und stößt nach nur vier Jahren bereits an ihre Grenzen. Im letzten Jahr hat man auch mit einem kleinen Maststall für 60 Schweine begonnen und weitere Produkte im Sortiment ergänzt und erweitert.

Mit dem schnellen Wachstum sind auch viele Herausforderungen einhergegangen. Viele Prozesse müssen neu durchdacht werden, strenger gesetzt und klarer kommuniziert werden. Mit mehr als zehn involvierten Personen in der Landwirtschaft, Produktion und Versand braucht es viel Information und Schulung. Bei allem Erfolg hält aber Patrick nochmals fest, „Härte zur Preiskalkulation“ und meint damit die Produkte zu hinterfragen, neu zu berechnen und im Falle auch wieder auszuscheiden.

Der Freitag ist bereits halbtägig ein Verkaufstag am Hof. Die Kunden mittlerweile weit verstreut und die Anfragen nach Hofbesuchen und Exkursionen nehmen zu. „Für uns steht das Tier im Vordergrund und das wollen wir zeigen“, gibt Theresa die Marschrichtung in der Transparenz vor. Der Freitag soll ein Tag der offenen Stalltür werden. „Hier dürfen unsere Kunden sich ihr eigenes Bild machen und wir wollen es ihnen zeigen – Fleischgenuss auf echt g’sund“, stellt Theresa die Philosophie nochmals in den Vordergrund und lädt direkt zum Hof.

Nie den roten Faden verlieren

Angesprochen auf die wichtigsten Dinge in dieser turbulenten Entwicklungszeit, meint Patrick sehr gefestigt: „Nie den Faden verlieren, für was man steht.“ Zu jedem Erfolg gehört ein Misserfolg, Neid und viele Hürden im Weg. Theresa und Patrick haben viele da- von gemeistert und viele weitere sind noch vor ihnen. Die Glückspute, der Biohof Krautgartner und die junge Familie können stolz sein.

Autor: Matthias Mayr

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