„Die Pute ist, nach Huhn und Schwein, das am dritthäufigsten geschlachtete Tier in der EU. In Deutschland werden jährlich rund 35 Millionen Puten für den menschlichen Verzehr getötet. Trotz dieser hohen Zahl gibt es keine rechtlichen Mindeststandards für die Putenhaltung – weder in der EU noch in Deutschland“, ist die EU-Abgeordnete und TV-Köchin Sarah Wiener empört. Auch in Deutschland gibt es bisher lediglich Branchenvereinbarungen. Laut dem heutigen Beschluss der Landes-Agrarminister und Agrarministerinnen soll sich dies allerdings ändern. Die Bundesregierung wird darin aufgefordert, verbindliche Mindeststandards in der Putenhaltung zu schaffen, die dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung entsprechen.
Mindeststandards in der Putenhaltung
Bereits seit Monaten kämpft Sarah Wiener für EU-weit verbindliche Mindeststandards in der Putenhaltung. „Deutschland ist in der EU einer der fünf großen Player in der Putenhaltung und entscheidet nicht nur über das Wohlergehen von Millionen Puten in Deutschland, sondern wird auch eine künftige EU-weite Regelung maßgeblich beeinflussen. Gerade deshalb braucht es jetzt tierschutzkonforme Standards, die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen folgen“, begrüßt Sarah Wiener den Beschluss und dankt den Ländern, insbesondere den Initianten Brandenburg und Hessen.
Anfang 2021 wurde in diesem Zusammenhang von der österreichischen Regierung eine Studie veröffentlicht, die sich mit tierschutzkonformer Haltung von Mastputen beschäftigt. Darin wird aufgezeigt, dass die wichtigsten Stellschrauben eine niedrige Besatzdichte, eine abwechslungsreiche Stallstruktur (erhöhte Ebenen, Beschäftigungsmöglichkeiten), ein Außenklimabereich und mehrmals tägliche Kontrollen der gehaltenen Tiere sind.
Deutschland hat die Hebel in der Hand
Zurzeit gelten in Österreich die besten Mindeststandards in der EU-Putenhaltung. Dort dürfen seit 2005 maximal vier ausgewachsene Puten auf einem Quadratmeter gehalten werden. „In anderen Teilen der EU sind es bis zu sieben Tiere. Das kann zu aggressivem Verhalten der Tiere führen, sie können sich kaum bewegen und erkranken häufig“, sagt die EU-Abgeordnete und führt fort: „Am armen Truthuhn sieht man, wie sehr unser Agrarsystem aus dem Ruder gelaufen ist: auf extremes Wachstum, insbesondere der Brust, gezüchtete Tiere, Haltung in hoher Dichte ohne Tageslicht und Beschäftigungsmöglichkeiten, qualvolles Schnabelkürzen und ein hoher Antibiotika-Einsatz. Das muss sich schleunigst ändern. Deutschland hat hier einen wichtigen Hebel in der Hand.“
Österreich zeige, so Wiener, dass höhere Standards eine Win-Win-Situation darstellen: „Am Beispiel Österreich sieht man, dass alle – Tiere, Bauern und Konsumenten – von besseren Haltungs-Bedingungen profitieren: Die Puten haben mehr Platz, die Konsumenten bekommen ein gesünderes Fleisch und die Bauern mehr Ertrag, denn die Nachfrage nach regional gemästeten Puten, die unter besseren Bedingungen aufwachsen, steigt in Österreich stetig.“