Die heute (29.6.2023) von MEP Thomas Waitz vorgestellte neue Studie des Instituts de l’Elevage zu den Auswirkungen des geplanten EU-Mercosur-Abkommens enthält politischen Sprengstoff. Für die Bürgerinitiative oekoreich, Nachfolgerin des österreichischen Tierschutzvolksbegehrens, sind nun drei konkrete Beweise dafür erbracht worden, dass das Abkommen einen Frontalangriff gleichermaßen auf Konsument*innen wie Bäuer*innen darstellen würde:
- Rindfleisch-Importe in EU würden bis zum Jahr 2030 um 50 Prozent ansteigen
- Künftig über 180 Millionen Kilogramm gefrorenes Huhn aus Brasilien jährlich
- Über 1,35 Millionen Hektar Regenwald würden zusätzlich abgeholzt
Der Schutz von Biodiversität, Klima und Tieren ist nicht verbindlich festgelegt, sondern nur als Empfehlungen formuliert. Dabei werden schon jetzt bestehende nationale Gesetze und internationale Abkommen kaum eingehalten, wie sich an den intransparenten Lieferketten in der Fleischproduktion zeigt. Diese ist einer der Motoren der Regenwaldabholzung, gleichzeitig aber auch eine Profitmaschinerie für Chemie- und Pharmakonzerne aus der EU.
oekoreich: Importverbote statt Importförderung
„Es ist ein kranker Kreislauf: Bei uns verbotene Pestizide, Antibiotika & Hormone werden von Europa nach Südamerika verkauft und dort massenhaft in der Landwirtschaft eingesetzt. Dann wird das Fleisch vom Rind oder Huhn wieder tiefgekühlt über den Ozean gebracht und uns auf die Teller gelegt. Einige Konzerne auf beiden Seiten des Atlantiks verdienen prächtig daran, alle anderen zahlen drauf“, so oekoreich-Sprecher Sebastian Bohrn Mena.
Das Mercosur-Abkommen würde die europäische Mitschuld an Verbrechen gegen Menschen, Tiere & Umwelt in eine vertragliche Form bringen. Das sei die falsche Richtung. Bohrn Mena: „Wir brauchen vielmehr neue Abkommen und Gesetze, die dafür sorgen, dass unter Missachtung von Menschenrechten und Umweltstandards erzeugte Produkte und Rohstoffe nicht mehr in die EU importiert werden dürfen.“
Die Pro-Mercosur-Lobby, bestehend aus Industriellenvereinigung, Wirtschaftskammer, ÖVP-Wirtschaftsbund und NEOS, sei aufgefordert nicht länger den schnellen Profit über die Interessen der Menschen zu stellen. „Wir können die Zerstörung und Ausbeutung der Welt nicht nach Südamerika auslagern und glauben, dass das keine Folgen für uns hier in Europa hat“ so Sebastian Bohrn Mena abschließend.
Waitz/Voglauer zu EU-Mercosur-Freihandelsabkommen: Neuverhandlungen sind unabdingbar
Die mit Juli beginnende Ratspräsidentschaft Spaniens hat die Fertigstellung des EU-Mercosur-Freihandelsabkommens als oberste Priorität eingestuft. Das Freihandelsabkommen wird seit Jahrzehnten verhandelt und könnte Klimaschutzbemühungen der EU konterkarieren.
Massive Abholzung bedroht Amazonas-Regenwald und Klima
Laut den Studienergebnissen würde das Freihandelsabkommen die Importe von Rindfleisch aus den Mercosur-Staaten in die EU zwischen 46.200 Tonnen (23%) und 103.200 Tonnen (52%) pro Jahr und gefrorenem Hühnerfleisch auf mindestens 180.000 Tonnen pro Jahr zusätzlich steigern, was europäische Bäuer*innen bedrohen könnte. Gleichzeitig wird ein Anstieg des Exports von Käse, Säuglingsmilch, Butter und Milchpulver aus der EU vorausgesagt, zum Nachteil der Bäuer*innen in den Mercosur-Staaten. Außerdem würde das Abkommen einen massiven Anstieg der Entwaldung in Südamerika um 620.000 ha bis 1,35 Millionen ha in fünf Jahren zusätzlich bedeuten.
EU-Mercosur-Freihandelsabkommen veraltet und klimaschädlich
Thomas Waitz, EU-Abgeordneter der Grünen und Ko-Vorsitzender der Europäischen Grünen Partei, sagt: „Das EU-Mercosur-Freihandelsabkomen ist völlig veraltet, klimaschädlich und in dieser Form ein Angriff auf Konsument*innen und Landwirt*innen. Die Studie zeigt, dass ein Freihandelsabkommen eine zusätzliche Entwaldung von 1,35 Millionen Hektar, eine Fläche beinahe so groß wie die Steiermark, verursachen könnte. Zollliberalisierungen bei Rindfleisch, Geflügel, Molkereiprodukten, Zucker und Ethanol werden den Handel, auf Kosten von Umwelt und Klima, ausweiten.”
„Auch Kleinbäuer*innen und indigenen Gruppen in Südamerika und die Landwirtschaft in der EU würden unter dieser Liberalisierung leiden. Die spanische Ratspräsidentschaft möchte das Abkommen noch dieses Jahr durchdrücken. Doch das Abkommen ist inkompatibel mit aktueller EU-Klima- und Umweltgesetzgebung. In Neuverhandlungen muss das Abkommen klimafit gemacht werden. Hohe EU-Produktionsstandards sollten auch für die Produktion in Südamerika gelten, denn sonst entsteht Wettbewerbsverzerrung zum Nachteil europäischer Bäuer*innen und Verbraucher*innen.“
Mercosur setzt heimische Landwirtschaft unter Druck
Olga Voglauer, Nationalratsabgeordnete und Generalsekretärin der Grünen, sagt: „Bereits 2019 hat der österreichische Nationalrat einen bindenden Beschluss zur Ablehnung des Mercosur-Abkommens durch Österreich gefasst. Dieser Beschluss ist bindend und daran wird nicht gerüttelt. Es gilt nun darauf zu achten, dass die Mitbestimmungsrechte der nationalen Parlamente nicht übergangen werden und das Nein zum EU-Mercosur-Abkommen nicht durch vertragstechnische und politische Tricks ausgehebelt wird. Mit unserem klaren Nein zum Abkommen kämpfen wir für Klima- und Umweltschutz, für die Bäuerinnen und Bauern, für die Menschenrechte, für den Regenwald und letztendlich für gesunde Lebensmittel. Das Freihandelsabkommen wäre ein enormer Rückschlag für den European Green Deal und würde die Vorreiterrolle Österreichs innerhalb der EU mit unseren hohen Produktionsstandards gefährden.”
„Es setzt unsere heimische kleinstrukturierte Landwirtschaft unnötig unter Druck und treibt den Strukturwandel weiter voran. Mit dem EU-Mercosur-Freihandelsabkommen verliert die österreichische Landwirtschaft und es verlieren die lokalen Bäuerinnen und Bauern der Mercosur-Länder. Die wahren ökologischen Kosten für Klima und Umwelt sind nach wie vor nicht abgebildet. Es gilt die Klimakatastrophe zu verhindern und daraus folgt, dass die gravierenden Folgen des Abkommens für die Artenvielfalt und die natürlichen Ressourcen in jedem Fall zu beachten sind.“
“EU-Mercosur-Abkommen und Auswirkungen auf die Landwirtschaft”
Studie auf Englisch.
Zusammenfassung auf Deutsch.