Markus Lukas ist leidenschaftlicher Bauer, Netzwerker und Kritiker. Der landwirtschaftliche Quereinsteiger hat als bäuerlicher Unternehmer bereits mehrere Standbeine umgesetzt und erfolgreich betrieben. Dazu zählt neben der Geflügelwirtschaft auch die Schafhaltung, Gemüseproduktion oder auch die Biogas-Erzeugung.
Mit dem EU-Beitritt hat sich der Steirer und gelernte Tischler und Meister für die Geflügelwirtschaft als Hauptstandbein entschieden und im Jahr 2016 einen neuen und modernen Stall für die Hühnermast gebaut. Somit stehen dem Obmann der GGÖ (Geflügelmastgenossenschaft Österreich) aktuell 52.000 Stück Mastplätze zur Verfügung. Seit Beginn seiner Tätigkeit setzt er auf das Prinzip der kurzen Wege und hat mit 40 Minuten zur Brüterei, 35 Minuten zum Schlachthof und 30 Minuten zum Futtermittelwerk eine schnelle und nahe Versorgung an vor- und nachgelagerten Produktionsschritten.
Markus Lukas: Leidenschaftlicher Netzwerker
Mittlerweile erfüllt der gebürtige Murecker mehrere Funktionärsaufgaben sowohl im Mastbereich als auch in der ZAG (Zentrale Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Geflügelwirtschaft) und ist im Landesbauernvorstand der Steiermark bzw. auf Ortsebene auch Gemeindebauernbundobmann.
Ein Multifunktionär oder Tausendsassa? Den Anschein könnte es haben, dass Markus Lukas ein Sammler von Ämtern und Einfluss ist. Er gilt in der Branche als motivierter Netzwerker, einer, der den Dialog sucht, Ehrlichkeit schätzt und mit Ruhe Dinge angeht. Er ist kein Polterer, aber kämpft bestimmt für die Geflügelwirtschaft. So ist es ihm und seinen Vorgängern zu verdanken, dass es regelmäßige Dialoge zwischen Schlachtbetrieben, Futtermittelfirmen und allen Handelsvertretern gibt. NGOs sind hier zudem kein „Gegner“, sondern wichtiger Partner etwa bei Tierwohl-Programmen.
Gefügel-Wirtschaft: Österreich als Vorreiter
Die Stärke der österreichischen Geflügelwirtschaft ist deren Zusammenhalt und die Abbildung der Produktionskette vom Elterntier zu den Mästern. Dieser Grund ist auch ausschlaggebend für die Stärke gegenüber dem Handel und der Schlachtbetriebe. Das österreichische Geflügelfleisch wird auf höchstem, internationalem Standard produziert und zählt mit dem Mehrwert-Paket (mehr Platz, mehr Licht, mehr Luft) zu den Paradebeispielen proaktiver Geflügelhaltung.
So werden keine Stallungen ohne Wintergarten und Bodenheizung gebaut und eine gentechnikfreie Fütterung ist flächendeckend umgesetzt. Das ist jedoch auch kein Zufall. Die Österreichische Regierung und der Handel haben vor Jahren einen maßgeblichen Schritt gesetzt und die Besatzdichte auf 30 kg/m2 begrenzt. Eine politische Entscheidung mit einem folgenden Erdbeben in der Branche. Die Reaktion war jedoch kein Zerfall der Branche, sondern ein Zusammenrücken der gesamten Produktionskette. Mittlerweile kann Markus Lukas sagen, dass es nach einer langen Talsohle, ein Goldgriff war und sowohl die Tiergesundheit als auch das Tierwohl gegenüber den Nachbarländern stark gestiegen ist und Österreich eine Vorreiterrolle einnimmt. So hat das österreichische Masthuhn 40 Prozent (!) mehr Platz als die Kollegen in den Nachbarländern. Ein Umstand, der auch gezahlt werden muss und in der Kalkulation gerechnet wird.
Corona: Motor oder Stopp-Schild?
Die mittlerweile zweijährige Pandemie hat für die österreichische Geflügelmast durchaus positive Effekte erzielt. Der Kunde greift im Handel vermehrt auf österreichische Qualität und aufgrund des fehlenden Außer-Haus-Verzehrs konnte im Jahr 2020 eine Steigerung von 8 % und im Jahr 2021 von 1,7% verzeichnet werden. Dabei hilft auch, dass Geflügelfleisch ein gesundes Image hat, leicht zuzubereiten ist und dass ganze Tiere verwendet werden. Jedoch wurde in dieser Zeit ein Umstand aufgedeckt, der mittlerweile als Steckenpferd von Markus Lukas gilt. Die öffentliche Beschaffung kauft beinahe kein österreichisches Geflügelfleisch! Eine kleine Finte – der Knochentrick – führt dazu, dass ukrainisches Geflügelfleisch aus dem Unternehmen russischer Oligarchen als EU-Fleisch eingeführt werden kann.
Markus Lukas selbst hat es in einer Ministeriums-Kantine in Wien erlebt und deshalb „Feuer gefangen“. Am Traktor kommen ihm die besten Ideen und so hat er das Projekt SNEG aus dem Boden gestampft. Das zweijährige Unterfangen ist eine Serviceeinrichtung für Großküchen, Gastrozusteller und Großhändler und informiert und berichtet zum Mehrwert österreichischen Geflügelfleisches. Neben Kaltakquise auch mit aufbereiteten Informationen, Veranstaltungen, Online-Seminaren und natürlich Exkursionen in die Praxis. Die Zielgruppe ist klar der Entscheider und sitzt somit direkt in der Küche und es sind meist die Küchenchefs. Der „Knochen-Trick“ wurde politisch ausgehebelt und so konnten auch bereits große Erfolge erzielt werden. Der wirtschaftliche Aufwand bewegt sich bei rund EUR 0,40 bis EUR 0,70 pro Portion. Der nächste Call für Projekte steht 2023 an und so ist es nicht verwunderlich, dass auch andere Branchen durch diese Serviceeinrichtung abgedeckt werden sollen.
Herkunftskennzeichnung, Hindernisse und Herausforderungen!
Der motivierte Steirer hat mit dem Handel einen ständigen Dialog und lobt diesen auch für die Herkunftskennzeichnung des Geflügelfleisches. Ein Umstand, der nicht überall gegeben ist und hier aber als ungeschriebenes Gesetz gilt. So ist es auch interessant, dass der österreichische Handel nur österreichische Konsumeier (Schaleneier) anbietet und keine ausländische Ware. Ein Gentlemen’s Agreement vor vielen Jahren, ungeschrieben und wünschenswert für so viele weitere Produkte in den Regalen.
Die größte „Baustelle“ ist das Budget für die öffentliche Beschaffung. Einige Länder zahlen besonders in Landeskrankenhäusern und Krankenanstalten den finanziellen Mehraufwand für regionale bzw. österreichi- sche Qualität mit – nicht überall ist das der Fall. So muss speziell das Budget für diese Einrichtungen ins Ziel genommen werden, um hier Fuß zu fassen. So lässt sich sagen, dass rund 80 % der österreichischen Produktion über den Handel abgesetzt und ein Fünftel teilen sich öffentliche Beschaffung und Tourismus. Hier kommt auch wieder die Serviceeinrichtung SNEG ins Spiel und tritt als Vernetzer auf. Kurzum: Die Logistik in Österreich ist kein Problem – es gibt kein Gasthaus, wo es nicht möglich ist, österreichisches Geflügel hinzubringen, hält Markus Lukas unumwunden fest!
Ukraine: Agrarnation im Krieg!
Der Artikel wurde am 19.3.2022 geschrieben und bei einem so dynamischen Ereignis können viele Geschehnisse die Situation verändern. Deshalb der aktuelle Blick auf die Lage. Die Ukraine gilt als Agrarnation in vielen Bereichen – so zählt das Land am Schwarzmeer nicht nur zu den größten Fut-termittelproduzenten, sondern hat auch eine schlagkräftige Geflügelproduktion. Ein ukrainischer Konzern schlachtet rund eine Mio. Tiere pro Tag und zählt so gleich zu den sechs größten in ganz Europa, um nur eine Dimension zu beleuchten. Die Einfuhr von rund 100.000 bis 120.000 Tonnen Geflügelfleisch und davon die Hälfte Hühnerbrust, fehlen aktuell. Deshalb hat sich der größte, deutsche Verarbeiter, Tönnies, bereits berufen gefühlt, auf die angespannte Versorgungslage hinzuweisen und spricht von fehlenden 3.000 Tonnen pro Woche. So ist die Ukraine nicht nur Lieferant in die EU, sondern vor allem nach Nordafrika und hier sind große Versorgungsengpässe zu befürchten. Die EU kann mit Weizen und Mais viele Dinge ausgleichen, jedoch fehlen der Raps- und Sonnenblumenschrot bzw. das europäische Soja. Die nächsten Wochen wer- den zeigen, was angebaut wird und werden kann. Zudem zählt das Land als großer Saatgutvermehrer und diese Auswirkungen werden wir erst nächstes Jahr bei unserer Feldbestellung merken. Das Nachbarland Polen könnte hier ein wichtiger Lückenschließer sein, jedoch fehlen hier die ukrainischen Arbeitskräfte, die zuletzt mit 1,2 Millionen einen Großteil der Produktion aufrechterhielten. Zu erwarten ist eine geringere Versorgung mit Geflügelfleisch. Die Logistik spielt auch hier eine zentrale Rolle und der routinemäßige Schiffsverkehr ist mit den Minenfeldern in den Schwarzmeerhäfen zum Erliegen gekommen und braucht Monate, um wieder hergestellt werden zu können. Der Lkw ist hier nur eine minimale Abhilfe, angesichts der prekären Lage und fehlender Fahrer.
So wäre es nicht die österreichische Geflügelwirtschaft, die auch hier eine Roadmap im Blick hat. Neben der ersten Versorgung für dieses Jahr mit Rohstoffen und einem Lager für die Ernte 2023, wird man auch sicher über alternative Eiweißquellen kurzfristig diskutieren müssen. Die Folge wird aber auch hier vermutlich sein – Reduktion der Produktion und ein folgender, höherer Preis.
Stolz Geflügelbauer zu sein
Die Zukunft sieht Markus Lukas, trotz der aktuellen Pandemie und dem Ukraine-Krieg als gut für die österreichische Geflügelwirtschaft an. Die Produktqualität braucht keinen Vergleich in der Welt zu scheuen und das Huhn als solches ist ein sehr guter Futterverwerter mit geringem Futterverbrauch im Vergleich. Der Kopf der Geflügelmäster ist stolz auf das qualitative Produkt, seine Berufskollegen und der Mehrwert muss weiter transportiert und besser kommuniziert werden.
Autor: Matthias Mayr
SNEG: Servicestelle für nachhaltige Beschaffung von Ei & Geflügel: www.sneg-online.at
GGÖ: Geflügelmastgenossenschaft
Österreich: www.gefluegelmast.at