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Debatte um nationale Herkunftskennzeichnung

Laut jüngster Medienberichte wird die Bundesregierung, noch dieses Jahr auf Betrieben des Landwirtschaftsressorts eine rein nationale Herkunftskennzeichnung nur für die österreichischen Lebensmittelhersteller einführen. Angesichts dieses Vorhabens gibt es nun Gegenreaktionen. Mag. Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie meint die Herkunftskennzeichnung bei verpackten Lebensmitteln sei längst Realität. Das unerwähnt zu lassen sei ein Polit-Manöver das den Standort Österreich gefährde.

Mag. Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie spricht sich gegen die geplante nationale Herkunftskennzeichnung für verpackte Lebensmittel aus: Das Landwirtschaftsministerium ließe in der öffentlichen Debatte die bereits gültige EU-Regelung unter den Tisch fallen.

Auch dass die EU bereits in wenigen Monaten zusätzlich Vorschriften zur Herkunftskennzeichnung vorlegen wird, bleibt unerwähnt. Damit wird der Eindruck erzeugt, es bestünde eine veritable Rechtslücke. Das sei allerdings nicht richtig meint Koßdorff und stellt so die geltende Rechtslage klar.

Nationale Herkunftskennzeichnung führe zu Preissteigerungen

Tatsache ist: Es gibt längst EU-weit einheitliche verpflichtende Regelungen zur Angabe der Herkunft bei verpackten Lebensmitteln und weitere werden im Herbst folgen. Dass die Bundesregierung auf Betreiben des Landwirtschaftsressorts meint, jetzt noch vorpreschen zu müssen und eine nationale Herkunftskennzeichnung einzuführen, wo die EU in wenigen Monaten ihre Regelungen erweitern wird, ist mehr als unverständlich und wohl bloßer Klientelpolitik geschuldet.

Damit sollen die Preise für österreichische Agrarwaren und Lebensmittel in die Höhe getrieben werden. In Zeiten der Kostenexplosion auf allen Ebenen und steigender Inflation ist das schlicht der falsche Weg. Dadurch werden die österreichischen Hersteller und ihre Lebensmittel ‚Made in Austria‘ gegenüber ihren internationalen Mitbewerbern bewusst geschwächt, welche diese rein nationalen Auflagen und die damit verbundenen Kosten nicht tragen müssen.

Auch für Konsumentinnen und Konsumenten bringt der nationale Alleingang für eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung bei gleichzeitiger Verteuerung der Produkte keinen Vorteil, weil Kennzeichnungen auf verpackten Lebensmitteln dann nicht mehr vergleichbar sein werden. Im Supermarktregal würden importierte, nach EU-Vorgaben gekennzeichnete Waren neben Produkten liegen, die nach den österreichischen Vorgaben deklariert sind. Das führt zu unterschiedlichen Standards an Information für die Verbraucherinnen und Verbraucher.

Und zuletzt: Das AMA-Gütesiegel bietet seit mehr als 20 Jahren alles, was politisch gewünscht wird. Wer „österreichisch“ kaufen will, findet bereits ein überwältigendes und sichtbares Lebensmittelangebot vor.„Statt unsere Lebensmittelindustrie gerade jetzt, in der andauernden Wirtschaftskrise, zu stärken, werden ihr mit Gold Plating bewusst Hürden und Bürokratie in den Weg gelegt. Kluge Agrarpolitik schaut anders aus“, so Koßdorff.

Irreführung bei Herkunft verboten

Die Kennzeichnung der Herkunft von Lebensmitteln ist bereits umfassend in der EU geregelt. Sie ist bei einer Vielzahl von Lebensmitteln zwingend zu deklarieren, etwa für verpacktes frisches Fleisch von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen und Geflügel. „Ein Blick auf das Etikett von frischem Rindfleisch gibt Auskunft über Ort der Geburt, Mast und Schlachtung des Tieres“, so Koßdorff.

Auch bei frischem Obst und Gemüse, Olivenöl, Fisch, Honig, Eiern und bei allen Bio-Lebensmitteln ist deren Herkunft auf der Verpackung seit vielen Jahren verbindlich zu kennzeichnen. Unabhängig davon ist nach dem Grundsatz des Irreführungsschutzes die Herkunft von Lebensmitteln immer anzugeben, wenn andernfalls die Verbraucher über die tatsächliche Herkunft des Produktes getäuscht werden könnten.

Darüber hinaus ist seit 2020 EU-weit auch die Herkunft der sogenannten Primärzutat eines Lebensmittels anzugeben. Hier gilt: Wer mit der Herkunft eines verarbeiteten Lebensmittels wirbt, etwa mit einer „rot-weiß-roten Fahne“, muss die Herkunft der Primärzutaten des Produktes auf dem Etikett deklarieren, wenn diese eine andere Herkunft haben. Wird also bei verarbeitetem Fleisch, etwa einer Wurst, mit einer „rot-weiß-roten Fahne“ geworben oder mit einem Hinweis wie „Hergestellt in Österreich“ ein Herkunftsbezug zu

Österreich vermittelt und stammt die Primärzutat, also das verarbeitete Fleisch, nicht aus Österreich, ist bereits heute auf dem Etikett verpflichtend anzugeben, woher es konkret stammt.

Erweiterte EU-Herkunftskennzeichnung bereits im Herbst 2022

Die nächste Erweiterung in punkto Herkunftskennzeichnung sieht die EU in ihrer „Farm to Fork“-Strategie schon vor: Bereits im Herbst 2022 wird die EU-Kommission Regelungen für eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung bei Lebensmitteln vorlegen. Die Konsultationen dazu laufen derzeit auf Hochtouren und auch Österreich ist eingebunden.

Doppelten Aufwand für heimische Lebensmittelhersteller

Koßdorff: „Daher lehnen wir das Vorhaben der Bundesregierung einer rein nationalen Herkunftskennzeichnung weiterhin ab. Als nationaler Alleingang trifft dieses ausschließlich die heimischen Hersteller. Diese müssen – im Gegensatz zu ihren ausländischen Mitbewerbern – Bürokratie und Kosten für nach Herkunft getrennten Rohstoffeinkauf, separate Lagerung, Verarbeitung und Etikettierung verkraften. Ausländische Produzenten sparen sich diesen Mehraufwand, konkurrieren aber im Supermarktregal – im In- und Ausland – unmittelbar mit den österreichischen Produkten. Nach der Umstellung auf ein rein österreichisches Kennzeichnungssystem müssten unsere Betriebe in kurzer Zeit zusätzlich die Umstellung auf ein europäisches System stemmen. Das bedeutet: Doppelter Aufwand und doppelte Kosten, ohne erkennbaren Nutzen und das in Zeiten der Corona-Pandemie!“

Aus Fehlern lernen, statt diese zu wiederholen

Frankreich hat seine national verpflichtendeHerkunftskennzeichnung bei Milch und Milchprodukten wegen Verstoßes gegen EU-Recht offiziell zurückziehen müssen. Damit reagierte Frankreich auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Oktober 2020 (Rs C-485/18 „Lactalis“), das national verpflichtenden Herkunftsvorschriften, die über EU-Recht hinausgehen, in der Praxis eine klare Abfuhr erteilte. Frankreich musste einräumen, dass es den objektiv zwingenden Nachweis einer Verbindung zwischen einer besonderen Qualität der Milch und ihrer geografischen Herkunft nicht erbringen konnte.

Koßdorff: „Auch Österreich müsste diesen Nachweis für seinen nationalen Alleingang gegenüber der EU noch erbringen. Einfach ausgedrückt bedeutet das: Lebensmittel, etwa Milch, Fleisch oder Eier aus Österreich müssen nachweislich ‚besser‘ sein, nur weil sie aus Österreich stammen. Gerade in einem gemeinsamen Binnenmarkt sind aber bloße Staatsgrenzen keine nachweislichen Qualitätsgrenzen (z.B. zwischen Tiroler und Südbayrischer Milch).

Somit wird die ‚höhere‘ Qualität allein aufgrund der Herkunft analog zum französischen Fall wohl kaum belegbar sein. Und auch der zitierte ‚Schutz der Gesundheit und Verbraucherschutz‘ rechtfertigen das Vorhaben nicht, denn Lebensmittelsicherheit gilt generell – unabhängig von der Herkunft eines Lebensmittels. Somit wäre Österreich aus unserer Sicht gut beraten, auf den geplanten nationalen Alleingang zu verzichten statt durch ein Urteil des EuGH dazu gezwungen zu werden.“

Jobmotor Lebensmittelindustrie ankurbeln und Arbeitsplätze sichern

Erfolgreiche Agrarpolitik ist nicht mit nationalen Alleingängen bei der Lebensmittelkennzeichnung zu machen. Die Lebensmittelindustrie fordert daher eine Neuorientierung der heimischen Agrarpolitik mit klugen und zu Ende gedachten Konzepten, etwa die Bündelung der Energien im Interesse des Produktions- und Exportstandortes Österreichs, und zwar entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Koßdorff: „Es braucht den Blick aufs große Ganze. Ein funktionierender Binnenmarkt mit gleichen Spielregeln für alle Marktteilnehmer, einheitliche Informations-Standards für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Nutzung aller Exportmöglichkeiten sind jetzt wichtiger denn je. Das schafft Arbeitsplätze und Wertschöpfung und das sollten wir gemeinsam angehen. Darüber hinaus unterstützen wir die bewährten freiwilligen Angaben zur Herkunft, etwa das AMA-Gütesiegel.“

Und Koßdorff abschließend: „Unsere Betriebe zu stärken, statt ihnen weitere Bürden aufzuhalsen, hilft den Menschen in Österreich. Denn nur eine starke Lebensmittelindustrie im eigenen Land gewährleistet die verlässliche Versorgung der Bevölkerung mit sicheren, guten und ausreichenden Lebensmitteln, in Normalzeiten und in der Krise. Darauf sollten alle politisch Verantwortlichen gut achten.“

Stellenwert der Lebensmittelindustrie in Österreich

Die Lebensmittelindustrie ist eine der größten Branchen Österreichs. Sie sichert im Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten tagtäglich die Versorgung mit sicheren, qualitativen und leistbaren Lebensmitteln. Die rund 200 Unternehmen mit ihren 27.000 direkt Beschäftigten erwirtschaften jährlich ein Produktionsvolumen von deutlich über 9 Mrd. Euro. Rund 7,9 Mrd. Euro davon werden in Form von Erzeugnissen der Lebensmittelindustrie im Export in über 180 Länder abgesetzt. Der Fachverband unterstützt seine Mitglieder durch Information, Beratung und internationale Vernetzung.

Aussender:Fachverband der Lebensmittelindustrie

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