Fleisch & Co: Wie schaut es mit dem Fleischer-Nachwuchs in Tirol aus?
Karl Obermoser: „Die Zahlen sind stabil. Bei den Meisterkurs-Absolventen sind es in der Regel sechs bis neun Teilnehmer. Auch die Zahlen der Berufsschul-Absolventen sind mit jährlich durchschnittlich 15 bis 20 pro Jahr gleichbleibend stabil. Heuer sind es sechszehn.”
Fleisch & Co: Wie hat sich Corona auf die Meisterprüfung ausgewirkt?
Karl Obermoser: „Eigentlich wäre der Meisterprüfungslehrgang samt Abschlussprüfung ja bereits abgeschlossen. Doch auch in diesem Fall hat uns der Corona-Lockdown einen Strich durch die Rechnung gemacht. Der Meisterprüfungskurs ist im Jänner gestartet und sollte üblicherweise nach Ostern enden. Nun ist es eben der Juni geworden. Doch dem Erfolg hat das keinen Abbruch getan: Die Prüfung ging über drei Tage, und alle haben bestanden.”
Fleisch & Co: Man hat sich also gut auf die ganze Situation eingestellt?
Karl Obermoser: „Ja, das Wichtigste für die sechs Tiroler und einen Salzburger Meisterkurs-Teilnehmer war, dass man den Kurs abschließen und zur Prüfung antreten konnte. Die letzten Jahre hat immer ein Meisterkurs in Tirol stattgefunden. Und wir bemühen uns, dass dies auch so bleibt.”
Fleisch & Co: Was ist die Motivation für den Fleischerberuf und den Antritt zur Meisterprüfung?
Karl Obermoser: „Viele unserer Fleischerlehrlinge kommen aus dem landwirtschaftlichen Bereich und haben daher Bezug zu diesem Beruf und zur Tierhaltung. Auch das Wissen über die Herkunft und Regionalität spielt eine immer wichtigere Rolle. Die Hälfte der Absolventen der Meisterprüfung hat die Selbstständigkeit als Ziel.”
Fleisch & Co: Wie ist Ihr Werdegang?
Karl Obermoser: „Meine Lehre absolvierte ich bei der Metzgerei Krimbacher in Jochberg. Ich war dort ein Jahr Geselle, anschließend vierzehn Jahre in der Metzgerei Huber in Kitzbühel und seither als Berufschullehrer an der TFBS für Ernährung, Schönheit, Chemie und Medien in Innsbruck tätig. Zudem bin ich Lehrgangsleiter am WIFI Tirol für den Fleischer Meisterkurs (Vorbereitungskurs Meisterprüfung). Daheim in Jochberg führe ich einen kleinen Metzgereibetrieb und verarbeite vorwiegend Wild und regionale Spezialitäten.”
Fleisch & Co: Wie kam es zur Spezialisierung auf Wild?
Karl Obermoser: „Ich bin selbst passionierter Jäger. In der Region Kitzbüheler Alpen haben die Jagd und das Wildbret eine große Tradition. Ich habe hier also eine Marktlücke geschlossen. Meine Kunden sind die Gastronomie und Privatkunden in Kitzbühel und Umgebung.”
Fleisch & Co: Wie hoch ist die Nachfrage nach Wildbret?
Karl Obermoser: „Die Nachfrage ist sehr zufriedenstellend. Ich denke, das liegt auch daran, dass Wildbret die höchste Wertschöpfung unserer Natur ist. Mehr Bio gibt es nicht.”
Fleisch & Co: Was schätzen die Kunden?
Karl Obermoser: „Hinter meinem Betrieb steht die Idee, das regionale Wild bestmöglich an die Kundschaft zu bringen und bestmöglich zu verarbeiten. Und jeder Jäger ist froh, wenn er eine Anlaufstelle hat und alles perfekt vakuumverpackt, etikettiert und einwandfrei für die Küche zubereitet bekommt.”
Fleisch & Co: Fragen die Kunden eigentlich nach dem Preis?
Karl Obermoser: „Ja natürlich. Aber der Preis spielt nicht die größte Rolle. Die Qualität steht immer im Vordergrund. Meine persönliche Meinung ist: Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass Fleisch im Supermarkt günstiger ist. Diese Zeiten sind vorbei. Es ist aber noch immer in aller Munde und allen Köpfen drinnen. Der Handel hat über Jahrzehnte das Produkt Fleisch mit dem Billiglabel beworben. Schaut man aber genauer hin, wird man sehen, dass mancher Metzger günstiger ist als der Handel.”
Fleisch & Co: Wie sehen Sie die Auswirkungen der Corona-Krise?
Karl Obermoser: „Die, die auf Gastronomie und Großabnehmer spezialisiert sind, hat es schwer erwischt. Auch Cateringaufträge sind weggebrochen. Kleine Betriebe haben hingegen zum Teil wesentlich mehr Umsatz gemacht. Das Zurück zur Regionalität hat hier eine große Rolle gespielt. Das habe ich auch selbst bemerkt: kein Gastronomieumsatz mehr, dafür mehr Umsatz bei Privatkunden. Es haben sich bei mir auch viele neue Kunden gemeldet. Den verlorenen Gastronomie-Umsatz kann man nicht mehr aufholen, das Geschäft mit den Privatkunden hat aber gut gepasst.”
Fleisch & Co: Was kann man daraus lernen?
Karl Obermoser: „Aus jeder Krise muss man etwas lernen. Ich sehe das nicht negativ. Der Stellenwert der Regionalität hat wesentlich, ja deutlich spürbar zugenommen. Auch das Fleischerhandwerk konnte bis zu einem gewissen Grad von der Corona-Krise profitieren.
Gerade diejenigen Metzgereien, die mehr Kunden und Umsatz hatten, wünschen sich jetzt natürlich sehr, dass die gewonnenen Kunden bleiben. Und ich betone nochmals, es geht beim Fleischeinkauf nicht um den Preis. Das ist reine Kopfsache. Der Metzger ist nicht unbedingt teurer als der Supermarkt.”
Fleisch & Co: Wie wichtig sind Gütesiegel in der Fleischvermarktung?
Karl Obermoser: „Trotz Gütesiegel und Qualitätsprogrammen finde ich, Fleischeinkauf ist Vertrauenssache! Es kommt auf das Handwerkliche an. Wird das Fleisch gebracht, muss ich es so verarbeiten, dass ein Top-Produkt dabei herauskommt. Wenn man nur die schönste Ware bekommt, ist das ja keine Kunst. Das ist aber nicht die Wirklichkeit. Also ich muss erkennen, was ist es für eine Fleischqualität, und was produziere ich aus dieser Qualität, die vor mir liegt.”
Fleisch & Co: Wie sehen Sie die Situation insgesamt?
Karl Obermoser: „Insgesamt sehe ich die Entwicklung der Fleischer positiv. Im Zuge der Corona-Krise kommt es jetzt natürlich darauf an, wie es weitergeht, etwa im Tourismus und im Konsumverhalten. Wenn ich den Vergleich zu den Bäckern ziehe, dreht sich – so meine Beobachtungen – die Spirale immer noch nach unten. Die Backboxen setzten den regionalen Bäckern sehr zu.”
Fleisch & Co: Das Fleischerhandwerk hat also gute Chancen?
Karl Obermoser: „So wie ich es beobachte, ist die große Talsohle bei den Fleischern erreicht. Es verdient auch jeder Geld. Natürlich ist es ein Job, wo man sehr fleißig sein muss. Und viel Energie und Zeit opfern muss. Aber grundsätzlich ist es mittlerweile wieder ein Beruf, bei dem es aufwärts geht.”
Fleisch & Co: Drückt sich das auch in Zahlen aus?
Karl Obermoser: „Es ist eine langsame Entwicklung. Aber eine stabile. Man merkt es auch bei den Lehrlingszahlen. Die sind zumindest gleichbleibend. Bis vor fünf, sechs Jahren ging es noch bergab. Wir sehen auch, dass sich wieder jüngere Fleischer an die Selbstständigkeit heranwagen. Natürlich sperren auch Fleischer zu. Aber es gibt auch Betriebsneugründungen.”
Autorin: Barbara Egger