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Rind statt Rad: Kobe boomt wie nie

Als Gerhard Zadrobilek vor 15 Jahren mit der Zucht reinrassiger Wagyu-Rindern aus Japan begonnen hat, war das ein gewaltiges Wagnis. Heute übersteigt die Nachfrage nach dem „Kaviar des Rindes“ das Angebot, berichtet der Pionier „Fleisch & Co“.

Die Geschichte beginnt ziemlich „österreichisch“: Denn die ersten Anfeindungen, als der Radrenn-Profi a. D. 2006 mit japanischen Rindern startete,  kamen von anderen Landwirten. Die ihn zuvor kaum beachtet hatten, als er noch mit schottischen Hochlandrindern seine Züchterkarriere verfolgte.

„Passt doch nicht hierher“ war zu hören, aber auch „warum keine heimische Rasse?“. Und natürlich schwang unterschwellig mit, ob der nach wie vor jüngste Sieger der Österreich-Radrundfahrt – Zadrobilek holte den Pokal 1981 mit gerade 19 Jahren – es denn überhaupt ernst meine mit dem Bauerndasein. „Wenn du eines lernst im Radsport, dann bei Hindernissen durchzuhalten”, kann der Niederösterreicher heute noch schmunzelnd von den einstigen Ressentiments von manchen Bauernfunktionären erzählen.

Von seiner Terrasse in Laab am Walde schweift der Blick dabei über sattgrüne Wiesen, nur wenige Kilometer von der Wiener Stadtgrenze entfernt. Mitten in diesem Idyll steht dann auch eine Herde der dunklen Japan-Rinder, über die zwar viel Unsinn erzählt wird, deren Filets aber dennoch auch um 200 Euro pro Kilo gehandelt werden.

Von Japan nach Laab am Walde

Gerhard Zadrobilek, einst jüngster Sieger der Österreich-Rad- rundfahrt, ist heute mit seiner Wagyu-Zucht erfolgreich.
© Maximilian Lottmann

Zadrobilek hatte rückblickend großes Glück, als er sich um die erste Wagyus bemühte. Damals gelangten ganz offiziell per Embryonen-Transfer noch wirklich original japanische Tiere nach Europa. Heute wäre das undenkbar, der Schmuggel von befruchteten Eizellen wird mittlerweile streng geahndet und Lebendvieh wird generell nicht exportiert. Davon unbehelligt, kann der heuer 60 Jahre alt gewordene Gründer von „Kobe Beef Austria“ garantieren, seinen Kunden ausschließlich reinrassige Wagyus anzubieten. 45 Tiere sind es aktuell, die zunächst in Mutterkuhhaltung im Wienerwald aufwachsen, ehe sie zu einem Weidepartner zur Aufzucht kommen.

Diese Aufzucht erfolgt dann überdurchschnittlich lange, „32 Monate sind die Ochsen in der Regel alt“. Der Preis dieser Rindfleisch-Rarität berechnet sich daher auch nicht nur aufgrund ihrer Seltenheit, sondern auch aufgrund der langen Fütterung. „Das Filet verkaufe ich nur im Ganzen und das macht für drei Kilo Fleisch dann schon 700 Euro aus“, rechnet Zadrobilek vor.

Kobe: der Trend 2021

Wobei 2021 geschäftlich ein wahres Ausnahmejahr für ihn darstellte: „Noch nie konnte ich die Tiere ,nose to tail‘ so gut vermarkten wie heuer.“ Vom Gulaschfleisch bis zum Filet gingen alle Stücke zu Kunden, „während früher oft Schnitzelfleisch oder Ähnliches übrig geblieben ist“.

Für den Rinderzüchter liegt dies zum Teil auch an den lange dauernden „Lockdowns“: „Die Leute wollten sich offenbar daheim etwas Gutes gönnen“, kann er mit den vier pro Jahr geschlachteten Wagyus die Nachfrage aktuell nicht bedienen. Zumal auch der Schlachtkörper der Japan-Rinder mit 450 bis 480 Kilogramm recht gering ausfällt. Allerdings genügen von dem reich mit intramuskulärem Fett ausgestatteten Fleisch beim Essen auch weitaus geringere Mengen als von herkömmlichen Steaks.

Qualität auf dem Griller

Für seine Gäste schneidet Gerhard Zadrobilek gerne Cuts wie Beiried oder Kruspelspitz dünn auf und serviert sie Minuten später direkt vom Grill. „Selbst Spitzenköche machen hier oft Fehler“, plaudert er aus der Schule. Denn idealerweise werden die Teile unter einem Zentimeter dick geschnitten und „in der japanischen Tradition auch eher durch (leicht rosa) als zu roh serviert“. Auch Würzungen sind praktisch unnötig, wer Ketchup oder Grillsaucen zu seinem Austro-Kobe ordert, hat den Test des Ex-Radprofis nicht bestanden. Denn schließlich basiert der ganze Mythos dieses Fleischs auf seiner herausragenden Qualität: „Das wäre, wie wenn man Cola in einen großartigen Rotwein leert.“

Das japanische Bewertungssystem

Die Güte des Fleischs wird sogar objektiv gemessen; das japanische Bewertungssystem für Rinder entscheidet darüber, welches Fleisch sich überhaupt „Kobe“ nennen darf. Die „Japan Meat Grading Association“ bewertet dazu in einem komplexen System den Fleischanteil am Schlachtkörper, die Farbe des Fleisches und seines Fetts sowie die Festigkeit. Gewertet wird dabei die Stelle zwischen sechster und siebenter Rippe, die den traditionellen Teilungspunkt von Rindern in Japan darstellt.

Der niedrigste Wert gemäß dieser fünfteiligen Skala bestimmt die Gesamtqualität. Als Spezialwertung davon ist für alle Eigentümer von Wagyu-Rindern der Provinz Hyogo die zwölfteilige Marmorierungsskala („Beef Marbling Standard“) entscheidend: Erreicht Fleisch Werte zwischen acht und zwölf, dann kann die Note „exzellent“ vergeben werden. Und nur in diesem Fall darf dann von „Kobe Beef“ gesprochen werden.

Denn Wagyu, wörtlich „Japan-Rind“, bezeichnet als Sammelbezeichnung gleich vier Rinder-Rassen. Die wichtigste davon und als einzige für die Kobe-Klassifizierung infrage kommende heißt in ihrem Heimatland auch „Tajima-Ushi“ (japanisches Schwarzvieh).

Partner Wiesbauer

Es sind auch jene Rinder, die Gerhard Zadrobilek zwischen seinen Weiden hin- und hertreibt. Und deren Fleischqualität bei neun gemäß „Beef Marbling Standard“ rangieren. „Zwölf wäre für unseren Geschmack kaum angenehm, das wäre praktisch weiß vor intramuskulärem Fett.“ Schließlich soll man auch das Fleisch schmecken, in das Jahre lang so viel Herzblut investiert wurde. Entsprechend innovativ ist man in Laab auch, wenn es darum geht, abseits der Edelteile Produkte anbieten zu können. Mit Wiesbauer-Gourmet als Partner tüftelte Zadrobilek lange an seinen eigenen Burger-Patties. „Wie dick soll der ideal sein und wie fein faschiert – da haben wir uns alle schon lange darüber Gedanken gemacht.“

Delikatessen vom Kobe

Mittlerweile folgten den Burgern, die unter anderem die Bäckerei Szihn („Er macht die besten Buns für Burger“) vertreibt, auch weitere Innovationen. „Gemeinsam mit Hink machen wir Rillettes und eine Creme vom Wagyu.“ Damit kommen auch „Private“ recht einfach in den Genuss des Mythen-umrankten Rinds. Denn die Kunden ließen sich klar in zwei Gruppen einteilen, erklärt der Züchter: „Wir haben viele Neugierige, die das einmal probieren wollen und von denen du dann nichts mehr hörst. Aber auch viele, die dabei bleiben, weil ihnen die Qualität so schmeckt.“

Für die kommenden Verkaufstage, bei dem man Fleisch ab Hof bestellen kann, ist Gerhard Zadrobilek dementsprechend bereits ausgebucht. Selbst der Burger-Vorrat in seiner eigenen Gefriertruhe geht langsam, aber sicher bedenklich zur Neige. „Mir ist es als Landwirt wichtig, dass es den Tieren zeitlebens gutgeht“, denkt der Wagyu-Pionier zwar aufgrund der Nachfrage aktuell ans Expandieren. Das Fleisch seiner schwarzen Ochsen wird aber auch weiterhin eine äußerst limitierte Delikatesse bleiben.

Autor: Roland Graf


Wagyu: Was ist was?

Das ABC zum japanischen Beef

A 5

Höchste mögliche Fleischqualität im japanischen System. A steht dabei für ein Fleisch-Karkassen-Verhältnis von 72 % oder mehr, 5 für einen BMS (siehe Stichwort) zwischen 8 und 12.

BMS

Die Abkürzung für „Beef Marbling Standard“, die maßgebli- che Skala der Fettmarmorierung in Japan – sie reicht von null bis zwölf.

Kobe Beef

Es gibt kein Kobe-Rind, sondern nur Fleisch, das dieses Prädikat tragen darf. Es muss aus der Präfektur Hyogo stammendes Schwarzvieh sein, einen BMS von zumindest sechs erreichen und stammt meist aus kleinen Herden (traditionell unter zehn Tieren).

Tajima-Ushi

Ein japanisches Synonym für die wichtigste Wagyu-Rasse „Kuroge Wagyu“ beziehungsweise japanisches Schwarzvieh. Nur von dieser Blutlinie stammendes Rindfleisch kommt für den höchsten Standard der Präfektur Hyogo infrage – das berühmte Kobe Beef.

Wagyu

Eigentlich selbsterklärend, bedeutet „Wa“ Japan und „gyu“ Rind.
Vier Rassen werden unter diesem Begriff zusammengefasst:
Japanese Black (Kuroge Wagyu, ca .90 % des Bestands)
Japanese Shorthorn (Tankaku Wagyu)
Japanese Polled (Mukaku Wagyu) und
Japanese Brown (Akage Wagyu).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fleischbeschau im Wienerwald: „Rot-sehr viel Weiß-Rot“ ist das Ideal für die Cuts vom reinrassigen Wagyu. „Noch auf den letzten Metern kannst du die Qualität aber verhauen“, ist Gerhard Zadrobilek ein gebranntes Kind. Denn je höher der Marmorierungsgrad, desto schneller sind die dünn geschnittenen Stücke durch, erklärte der Züchter dem Fleisch & Co-Autor Roland Graf am Grill.

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