Wie man als Fleischer zu einer legendären Prater-Institution werden kann, zeigt ein Blick in die Geschichte.
Ein 19-jähriger Fleischermeister namens Karl Kolarik übernimmt im Jahr 1920 das Schweizerhaus und beginnt fünf Jahre später mit dem Ausschank von Budweiser Bier – und wird damit zu einem der beliebtesten Bierlokale der Hauptstadt. Heute führen Karl und Lydia Kolarik, zwei Kinder des Seniorchefs, das berühmte Lokal.
Nur die jüngste Tochter Elisabeth ist einen anderen Weg gegangen und zur „Burg-Besitzerin“ geworden. Diese Luftburgen oder wie’s bei den begeisterten Kids heißt, Hüpfburgen, hat die innovative Wienerin bereits 1977 erfunden und hat damit den Grundstock für ein erfolgreiches Konzept gelegt.
Das Café-Restaurant Luftburg wurde direkt angrenzend an die heutige Luftburg-Erlebniswelt im Jahr 1992 eröffnet. Heute ist daraus ein erfolgreicher Familienbetrieb mit vielen weiteren Standbeinen geworden. Denn zum Café-Restaurant Luftburg gehören auch die Praterfee, eine Luftburgvermietung, die Urban Lodge, eine gemütliche Herberge mit Apartments im 2. Bezirk – und seit Sommer 2021 auch die Praterbühne, die unter der Leitung von Viktor Gernot und dem CasaNova Vienna erfolgreich bespielt wird.
Das Café-Restaurant ist aber nicht nur wegen der aufblasbaren Kinderparadiese ein Erfolg, sondern auch wegen des kulinarischen Konzepts: Prater-Klassiker gemischt mit böhmischer und gutbürgerlicher Küche – und mit der Wiedereröffnung nach dem ersten Lockdown isst und trinkt man in der Luftburg zu 100 Prozent Produkte biologischer Herkunft. Mit den etwa 1.200 Sitzplätzen ist es das größte voll biozertifizierte Restaurant der Welt und Partnerbetrieb von Bio-Austria und Green Chefs.
Wir trafen Elisabeth und ihren Sohn und Geschäftsführer Paul Kolarik zum Interview.
Fleisch & Co: Waren biologische Lebensmittel von Anfang ein Thema?
Elisabeth Kolarik: Wir haben schon von Anfang immer drauf geschaut, dass wir möglichst natürlich bleiben und sind ganz langsam auf Bio umgestiegen, wo man es nicht gleich wahrnimmt, Butter, Milch, Eier, … Ich habe immer nach guter Qualität gesucht, für mich ist das selbstverständlich.
Fleisch & Co: Kein Budweiser mehr – das sorgte in Wien schon für einen Aufschrei …
Paul Kolarik: Wir haben versucht unsere Partner davon zu überzeugen, ein Biobier zu brauen –, aber keine offenen Ohren gefunden. Daher setzen wir nun auf das Schladminger und die Vorarlberger Brauerei Fohrenburger, die übrigens in den nächsten vier Jahren eine komplett grüne Brauerei werden will.
Elisabeth Kolarik: Wir haben alle unsere Lieferanten gefragt, ob Sie mitmachen wollen. Und es haben wirklich fast alle ihren Beitrag geleistet, wir haben sogar einen Bauern dazu animiert, Rettich für uns in Bioqualität anzubauen, das hat zwar drei Jahre gedauert, aber es funktioniert.
Fleisch & Co: Eine bessere Zusammenarbeit von Lebensmittelproduzenten und der Gastronomie – ein guter Weg?
Paul Kolarik: Bei den Mengen, die wir benötigen, können wir natürlich nicht bei jedem einzelnen Bauern anklopfen. Aber es wäre schon wünschenswert, wenn Produzenten wissen würden, was Gastronomen wirklich benötigen.
Elisabeth Kolarik: Ich würde jedem Gastronomen empfehlen, sich (noch) mehr mit den einzelnen Lebensmittelproduzenten auseinanderzusetzen – und umgekehrt. Nur mit einer guten Zusammenarbeit auf Augenhöhe bekommt man das Gefühl für die Arbeit und die Anforderungen des jeweiligen anderen. So wie zum Beispiel bei unserem Kartoffelbauern, der jedes Monat, zu jeder Saison weiß, was wir brauchen und welche Sorte wir verarbeiten und uns bis ins Frühjahr – eben dann, wenn wir den meisten Umsatz machen – die benötigten Mengen liefern kann, weil er für uns einlagert …
Fleisch & Co: Auch bei Fleisch- und Wurstwaren setzen Sie auf gute Kooperationen …
Elisabeth Kolarik: Wir haben einige gute Bio-Betriebe, mit denen wir zusammenarbeiten. Sonnberg, Hermann Fleischlos, Biogast, Adamah, … Aber auch direkt mit Produzenten funktioniert es sehr gut, wie etwa beim Rindfleisch. Da bekommen wir vom Gabriel Fegerl aus dem Waldviertel unser Gulaschfleisch, den Wadschunken, und das Faschierte …
Paul Kolarik: … und im Advent liefert er uns auch die Christbäume, die wir dann im Garten verkaufen. Unsere Bio-Bratwürste kommen von der Wiener Fleischerei Gissinger – die schmecken vorzüglich und waren im Sommer auch der Renner bei der Praterbühne.
Aber im Prinzip arbeiten wir auch gerne mit Distributoren, das ist bei uns der Metro Großmarkt, der uns in fast allen Bereichen beliefert. Denn es ist ein bedeutender Unterschied, ob ich pro Jahr 750 kg Stelzenfleisch brauche oder so wie wir eben 75 Tonnen! Da muss es verbindliche Zusagen geben, die diese Mengen auch garantiert. Wir können natürlich nicht an einem Tag Bio-Fleisch anbieten und am nächsten nicht.
Elisabeth Kolarik: Langfristige Planung ist natürlich auch ein wichtiger Punkt in der Zusammenarbeit: Wir bestellen zum Beispiel unsere Gänse bereits im Frühjahr, wenn die Eier gelegt werden. Dann bleiben die Tiere bis zum Herbst auf der Weide – so haben nicht nur die Tiere etwas davon, sondern auch der Bauer die Garantie, da er seine Gänse ja bereits verkauft hat.
Fleisch & Co: Bio hat den Ruf teuer zu sein. Wie geht sich das für die Gastro aus?
Paul Kolarik: Wir haben oft gehört, dass man aufgrund der Größe unsere Lokals nicht auf Bio umstellen kann, aber es funktioniert. Da wir aus der Vergangenheit wissen, welche Produkte wir in welcher Menge benötigen. Wir haben damit etwas bewegen können – und die Preise sind angemessen, nicht überteuert, dafür dass es Bio ist.
Elisabeth Kolarik: Fleisch um Euro 2,99 gibt es bei uns nicht! Wenn das Schwein kein ordentliches Futter zum Fressen bekommt, dann muss man sich grundsätzlich überlegen, ob man diese Fleisch überhaupt essen will. Die Produkte, die wir servieren und zu 100 % aus Österreich kommen, sind ihren Preis wert. Denn schließlich muss auch der Bauer davon leben können.
Fleisch & Co: Was ist zum 30. Jubiläum geplant?
Elisabeth Kolarik: Wir werden unser Bio-Angebot noch mehr nach außen transportieren, da sich immer mehr Gäste so ein Angebot wünschen. Und unsere Mitarbeiter werden auch Fairtrade eingekleidet.
Paul Kolarik: Wir planen einen kleinen Shop, in dem wir die Bio-Produkte anbieten. Zudem wollen wir auch einen mittleren Raum für etwa 60 bis 80 Personen gestalten, der für Hochzeiten oder Firmenfeiern geeignet ist. Ich denke, das ist eine wirtschaftlich sinnvolle Ergänzung. Und am 20. Mai starten wir dann in die nächste Saison der Praterbühne (200 Sitzplätze), die ja ursprünglich nur für einen Sommer gedacht war.
Und natürlich werden wir an unserer Produktqualität schrauben und unseren ökologischen Fußabdruck weiterhin verkleinern.
Autorin: Andrea Pascher