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Forum nur fürs Fleisch

Das AMA-Fleischforum brachte auch heuer wieder Humoristisches und Wissenswertes rund um das wichtige Thema Fleisch auf eine große Veranstaltungsbühne

Von PIA MOIK



Hat Fleisch Zukunft?”, lautete der Titel des 15. AMA-Fleischforums, das im November im Salzburger Congress stattfand. Eine Suggestivfrage sei dieser Titel, wie Dr. Michael Blass, Geschäftsführer der AMA-Marketing, gleich zu Beginn feststellte: „Natürlich hat Fleisch Zukunft. Und ich setze noch ein Ausrufezeichen dahinter”, setzte Blass nach. Und während abends die Lukullus-Preisträger aus der täglichen Praxis des Fleischgeschäftes geehrt wurden (die ÖFZ berichtete), stand tagsüber der intellektuelle Zugang zum Thema Fleisch im Vordergrund. Fünf Vortragende gaben hier ihr Wissen zum Besten und sorgten auch für die eine oder andere rege Diskussion im Publikum. Dr. WernerGruber, Physiker und Kabarettist, sorgte unter dem Motto „Braten, nicht raten – die Physik des Schweinebratens” für humorvoll aufbereitetes Wissen.

Ernährungsberaterin und Food-trend-Forscherin Mag. Hanni Rützler, entführte die Zuhörer in die Zukunft der Ernährung, und Marketingexperte Prof. Dr. Werner Beutelmeyer referierte über den Zusammenhang von Gütesiegeln und Konsumentenvertrauen. Schirnhofer-Geschäftsführer Christian Laschet betrachtete Fleisch nicht nur als Lebensmittel, sondern als „Mittel zum Leben” und ging der Frage nach, wie die Wertschätzung hierfür weiter gehoben werden kann. KR Dr. Erich Schönleiter, Geschäftsführer der C+C Peiffer Holding, brachte Ansätze zu einer Mehrwert-Strategie im Fleischbereich aufs Tablett. Dass das EU-Parlament sich dafür ausspricht, 2014 europaweit zum Jahr gegen Lebensmittelverschwendung auszurufen, unterbreitete Erich Schönleitner. Ziel der EU sei es, langfristig den Anteil an weggeworfenen Lebensmitteln zu halbieren. Denn zurzeit landen jährlich 179 kg Lebensmittel je EU-Bürger im Müll.

Die Pfeiffer-Handelsgruppe versucht daher Wege zu finden, wie sie einen Beitrag leisten kann, dass keine essbaren Waren im Handel im Abfall landen. So ist die Gruppe ein expliziter Gegner von Multipacks, wie sie gerne von der Industrie angeboten werden. Speziell Produkte mit kurzer Haltbarkeit sind in derartigen Großpackungen nicht sinnvoll. Dies schaffe Vertrauen, so Schönleiter. Und er betonte, dass Pfeiffer aufgrund dieser Strategie auch schon mehrfach von der AK positiv hervorgehoben wurde.


Küchen ohne Kochtopf

Mit einer unangenehmen Wahrheit hingegen begann Werner Beutelmeyer seinen Vortrag: „Es gibt Haushalte, in denen Sie keine Kochtöpfe mehr finden”, so der Marketingexperte – was auch als Erklärung dafür dient, warum Kochsendungen im TV so beliebt sind. „Man hat fast den Eindruck, dass Rudelkochen im Fernsehen den Gruppensex abgelöst hat”, kommentiert Beutelmeyer den mitunter nicht ganz nachvollziehbaren Anklang mehr oder minder guter TV-Köche beim Publikum. Nun, ob Rudelkochen oder Gruppensex in der österreichischen Bevölkerung auf größeren Anklang stößt, liegt außerhalb der Kenntnisse der ÖFZ. Eines trifft jedoch sicher zu: „Wir stehen in Zukunft vor gewaltigen Ernährungsherausforderungen”, so Beutelmeyer: „Da tut sich was, da sind Dinge in Bewegung.”

Denn Konsumenten wurden in den letzten Jahrzehnten zunehmend unberechenbarer. Das zeige sich etwa im Lebensmitteleinkauf: „Die Menschen werden immer beweglicher”, erörtert Beutelmeyer. Was heute noch en vogue ist, ist morgen für den Konsumenten vielleicht schon gar nicht mehr interessant. Welche Mechanismen spielen daher beim Lebensmitteleinkauf eine Rolle? Ein Kriterium, warum jemand zu bestimmten Lebensmitteln greift, ist, so Beutelmeyer, eine neue Art von Risikobewusstsein. „Wir wissen, dass wir möglicherweise 100 Jahre alt werden. Damit wird die psychosoziale Gesundheit wichtig”, erörtert Beutelmeyer. Diese Art des Gesunderhaltens, der jahrzehntelangen Vorsorge, um im Alter möglichst beschwerdefrei zu sein, geht mit einem Wertewandel einher. Auch der Genuss erhält in der Gesellschaft eine neue Bedeutung. Schließlich gilt Nahrungsaufnahme schon länger nicht mehr als knappes Gut, das rein der Erhaltung der eigenen Existenz dient. Eine Kultur des Genusses ist entstanden, die etwas Gutes am Teller zu schätzen weiß. Und das beinhaltet auch Fleisch: Der Großteil der Bevölkerung will Fleisch essen, aber er möchte es ohne schlechtes Gewissen tun. Und hier helfen Gütesiegel, die Vertrauen schaffen. Schließlich will der Mensch genießen. „Müsli hält niemand lange durch”, gibt Beutelmeyer zu bedenken. Auch was Vegetarier betrifft, rät Beutelmeyer die Kirche im Dorf zu lassen. „Fünf Prozent der Bevölkerung leben vegetarisch oder vegan. Das heißt, 95 Prozent verhalten sich ziemlich normal”, weist Beutelmeyer augenzwinkernd hin.


Phänomene und Trends

Dass man die Zukunft nur verstehen kann, wenn man die Vergangenheit betrachtet, legte Hanni Rützler klar. Dabei ist vieles schon so weit von unserer heutigen Mehrheitsbevölkerung entfernt, dass „die Geschichte schon wieder spannend wird”, so Rützler. Zum Beispiel wollen die Konsumenten wieder vermehrt verstehen, wo ihre Nahrung herkommt und wo sie entsteht. So ist auch das Phänomen des „Urban Gardenings” zu erklären. Hier werden in Städten wie Wien oder auch New York auf freien Flächen Obst und Gemüse angepflanzt. Mitunter dienen gerade in Mega-Städten Dächer von Wolkenkratzern dazu.

Was Fleisch betrifft, verortet Rützler aktuell zwei Arten von Konsumenten. Die einen, „die nicht daran denken wollen, dass hier Blut dran war. Und eben die anderen, denen das sehr wohl bewusst ist und die auch mehr darüber wissen wollen”, so Rützler. Daher ist es entscheidend, dafür zu sorgen, dass diese Konsumenten auch zu den Informationen kommen, die sie haben wollen. Der ersteren Gruppe diese aufzudrängen sei nicht sinnvoll. Denn eines ist und bleibt im Fleischbereich konsequent bestehen: „Dieser Markt bleibt ein emotionaler”, so Rützler.

Die Trendforscherin begrüßt auch das Entstehen von Genusssprachen, zu der auch die Wurstansprache zählt. Denn die geeignete Kommunikation auszuwählen ist gerade im Fleischbereich keine leichte Aufgabe. Gerade im deutschsprachigen Raum ist die Gesellschaft in Sachen Lebensmittelbeschreibung eher sprachlos. Das sehe man auch an der Werbung, erörtert Rützler. Da höre man hier einmal ein „hmm” oder ein „Das ist gut”, aber selten konkrete Beschreibungen.


Curated Food

Ein wichtiger Trend, der um sich greift, läuft unter dem Schlagwort „Curated Food”. Hierbei handelt es sich um bereits aufbereitete Warenkörbe – zum Beispiel ein vollständiges Menü, das mitsamt Rezept und Kochzutaten in der entsprechenden Portionierung nur mehr fertig im Geschäft gekauft werden muss. Eine Auswahl zu treffen in all dem Überfluss ist den Konsumenten oft zu nerven- oder zeitaufwändig. Dann fällt die Auswahl im Zweifelsfall eben auf ein Sonderangebot oder eine bestimmte Marke. Vorauswahl statt Überfluss lautet hier also das Motto, das sich im Nahrungsmittelbereich schon so mancher zu eigen gemacht hat. Als Beispiel hierfür gilt auch das Unternehmenskonzept der Düsseldorfer Firma Emmas Enkel. Unterwww.emmas-enkel.de können Lebensmittel nicht nur nach Produktgruppen, sondern ebenso thematisch ausgewählt werden. Unter der Kategorie „Frühstück” finden sich dementsprechend andere Produkte als unter „Sofaabend” oder „Feier”. Die Online-Kunden brauchen nur noch die Produkte anzuklicken und bekommen sie dann entweder zugestellt oder können sie am (einzigen realen) Geschäftsstandort in Düsseldorf selbst abholen.


Science Buster in Aktion

Für Abwechslung und Auflockerung sorgte der Vortrag des vielseitigen Werner Gruber. Seines Zeichens Kabarettist und Physiker, bewies er den Zuhörern, dass seine Kabarettgruppe „Science Busters” nicht umsonst den Sonderpreis im Rahmen des Österreichischen Kabarettpreises 2013 gewann. Gleich zu Beginn stellte er seinen Zugang zum Thema Essen fest: Er sei ein „Power-User”, so Gruber. Allerdings wolle er auch als Physiker mit ein paar Ernährungsmythen aufräumen. Zum Beispiel stellte er infrage, ob erstens Vitamin C bei Grippe die erhoffte Wirkung bringt und ob zweitens Zitrone das geeignete Allheilmittel sei. „Ein Paar Frankfurter hat zehnmal so viel Vitamin C wie eine Zitrone”, so Gruber.

Mit dem „Gemüse-Bashing” wolle er zwar gar nicht erst beginnen, bezweifelte mitunter jedoch dessen Genussfaktor: „Spargel ist nur was für Leute, die sich nicht trauen, die Sauce hollandaise gleich direkt zu essen.” Der gesunden Küche räumte Gruber im Gastro- oder Cateringbereich übrigens wenig Argumente ein. „Die Leute wollen keine gesunde Küche, die wollen eine gute Küche”, ist Gruber überzeugt. Wer das bezweifle, solle sich einfach einmal ansehen, was bei so einem Buffet das Schlusslicht bildet. „Es sind nicht die Fleischlaberln und auch nicht die Backhendln, die übrigbleiben. Es ist der Spinatstrudel”, erklärt Gruber die Leidenschaften der Konsumenten, die sich wohl auch mit seinen decken dürften. Auch wenn er humoristisch die eine oder andere Garmethode zum Besten gab und auch das physikalische Verständnis für Produktionsweisen schärfte, hielt er jedoch eines fest: „Einen guten Koch zeichnet dasselbe aus wie einen guten Arzt: Er muss nicht wissen, warum etwas wirkt, nur dass es dies tut.”


Ökologisches Gleichgewicht

Christian Laschet schließlich stellte den Wunsch nach mehr Wertschätzung für Fleisch ins Zentrum. Anschließend folgten Informationen zum Thema Klimawandel und zum fortschreitenden Raubbau an unserer Umwelt. Lösungsansätze für die verschiedensten Teilaspekte dieser Problematiken verortete Laschet zum einen in einem Schulterschluss zwischen Schlachthöfen, Fleischwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel. Zum anderen in Bewusstseinsbildung direkt beim Konsumenten. Aufhorchen ließ er mittels eines Kurzfilms, der die Bedeutung eines gesunden, humushaltigen Bodens für das ökologische Gleichgewicht darstellte. Denn dieses könne eine bisher unterschätzte Menge an CO2 binden und damit den Klimawandel verhindern. Hier setzte er massive Kritik an der Landwirtschaft an. So findet in diesem Kurzfilm etwa Prof. DI Dr. August Raggam (TU Graz) klare Worte, der „die gesamten europäischen Ackerböden” als „Wüsten” bezeichnete. „Das wird versucht zu vertuschen”, so Raggam weiter. Hier sei konsequenter, nachhaltiger Aufbau gesunder Böden gefordert, schlussfolgerte der Film. Postwendend folgte Kritik aus dem Publikum, u. a. von Dr. Johann Schlederer von der Schweinebörse. Denn die Landwirtschaft setze sehr wohl auf Kreislaufwirtschaft, so Schlederer.

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