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EU-Handelsabkommen mit Mercosur: Landwirtschaft in Österreich vor großen Herausforderungen

Österreichs Bauern warnen vor den Folgen eines EU-Handelsabkommens mit Mercosur. Der Agrarsektor könnte durch ungleiche Produktionsstandards und Umweltprobleme in Gefahr geraten.

EU-Mercosur-Abkommen: Bedenken der österreichischen Landwirtschaft

Ein geplantes Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur sorgt in Österreich für Alarm. Der Europäische Bauern- und Genossenschaftsverband (COPA/COGECA) hat in einem dringenden Brief an die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, sowie an den Präsidenten des Europäischen Rates, Viktor Orbán, vor den möglichen negativen Auswirkungen dieses Abkommens auf die europäische Landwirtschaft gewarnt. Mehr als 50 europäische Bauern- und Genossenschaftsverbände, darunter auch die Landwirtschaftskammer Österreich (LKÖ), haben diesen Appell unterzeichnet.

 

Landwirtschaft als “Faustpfand”?

Niki Berlakovich, Präsident der Landwirtschaftskammer Burgenland und 1. Vizepräsident von COPA, betonte, dass die Landwirtschaft nicht als “Faustpfand” für politische oder wirtschaftliche Interessen missbraucht werden dürfe. Im Rahmen des EU-Agrarministerrats in Brüssel übergab er den Brief persönlich an István Nagy, den ungarischen Landwirtschaftsminister, da Ungarn derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat.
Der Kern des Appells: Ein Handelsabkommen mit Mercosur dürfe nicht auf Kosten der europäischen Landwirtschaft und ihrer hohen Standards gehen. Insbesondere die Unterschiede in den Produktionsmethoden und Umweltstandards zwischen der EU und den Mercosur-Staaten – zu denen Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay gehören – könnten den heimischen Agrarsektor in eine schwierige Lage bringen.

Bedrohung für Wettbewerbsfähigkeit und Umweltstandards

Der COPA/COGECA-Brief verweist auf die Wettbewerbsnachteile, die ein solches Abkommen für europäische Landwirte mit sich bringen würde. Insbesondere die unterschiedlichen Standards in Bereichen wie Tierwohl, der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und der Umweltschutz könnten zu einer massiven Verzerrung des Wettbewerbs führen. So befürchten viele österreichische Bauern, dass die Mercosur-Staaten aufgrund geringerer Produktionskosten und lockereren Umweltvorschriften ihre Produkte deutlich günstiger auf den europäischen Markt bringen könnten. Ohne verbindliche Verpflichtungen der Mercosur-Länder in Bezug auf ökologische Standards, Nachhaltigkeit und Tierschutz würden die Wettbewerbsbedingungen für die europäische Landwirtschaft erheblich verschärft. Berlakovich und seine Kollegen betonen, dass dies die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Betriebe gefährden könnte. Im schlimmsten Fall, so die Warnung, könnte es zu erneuten Bauernprotesten kommen, ähnlich denen, die in der Vergangenheit bereits europaweit stattgefunden haben.

Nachhaltigkeit als Schlüsselthema

Ein weiterer wichtiger Punkt des Appells betrifft die Umwelt und das Klima. Die EU hat sich verpflichtet, ihre Landwirtschaft zunehmend nachhaltiger zu gestalten. Ein Abkommen mit Mercosur, das keine klaren Nachhaltigkeitsvorgaben von den südamerikanischen Staaten einfordert, könnte dieses Ziel gefährden. In Österreich, wo ökologische Landwirtschaft und der Klimaschutz bereits tief verankert sind, wird diese Gefahr besonders kritisch gesehen. Die Bedenken aus Österreich spiegeln sich auch in den Protesten wider, die derzeit in verschiedenen EU-Ländern stattfinden. In Frankreich organisieren die Bauernverbände unter anderem landesweite Demonstrationen, um auf die Gefahren eines solchen Abkommens hinzuweisen.

Ein ausgewogenes Abkommen ist notwendig

Die österreichische Landwirtschaft steht an einem entscheidenden Punkt: Ein Handelsabkommen mit Mercosur könnte wirtschaftliche Chancen bieten, aber nur unter der Voraussetzung, dass faire Wettbewerbsbedingungen und nachhaltige Produktionsstandards berücksichtigt werden. Ein Abkommen, das diese Kriterien nicht erfüllt, könnte die europäische Landwirtschaft nachhaltig schädigen und das Vertrauen der Landwirte in die EU-Handelspolitik erschüttern. Für Österreich, dessen landwirtschaftlicher Sektor stark auf Nachhaltigkeit und hohe Umweltstandards setzt, ist es entscheidend, dass die europäische Politik die richtigen Weichen stellt. Nur ein ausgewogenes und fairer Handel, das sowohl die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Landwirtschaft sichert als auch globale Umwelt- und Klimaziele berücksichtigt, wird langfristig tragfähig sein.

Wichtige Bedenken der österreichischen Landwirtschaft zum Mercosur-Abkommen tabellarisch

Thema Bedenken
Produktionsstandards Unterschiedliche Standards zwischen EU und Mercosur-Staaten führen zu ungleicher Wettbewerbsfähigkeit.
Tierwohl und Tierschutz Mangelnde Verpflichtungen der Mercosur-Staaten zu hohen Tierschutz- und Tierwohlstandards gefährden die europäischen Normen.
Umwelt- und Klimaschutz Das Abkommen könnte die EU-Ziele für nachhaltige Landwirtschaft und Klimaschutz gefährden.
Wettbewerbsfähigkeit Mercosur-Produkte könnten aufgrund geringerer Produktionskosten den europäischen Markt überschwemmen und die heimische Landwirtschaft benachteiligen.
Nachhaltigkeit Ein mangelndes Nachhaltigkeitsinstrument könnte langfristig zu einer Umweltbelastung führen, die gegen die EU-Klimaziele läuft.

Die Diskussion um das Mercosur-Abkommen ist also nicht nur eine wirtschaftliche Frage, sondern auch eine der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes. Die österreichische Landwirtschaft steht fest hinter den Forderungen nach einem fairen und nachhaltigen Handel.

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